09 - Old Surehand III
Gras gelegt wurde. Da waren uns freilich die Riemen sehr willkommen, welche Kolma Putschi mitgebracht hatte.
Erst als der letzte niedergelegt wurde, ließen wir die Gewehre sinken. Unser Retter ging mit Schahko Matto fort, um auch den Posten bei den Pferden zu holen. Nachdem dieser gebracht worden war, nahmen wir Old Wabble und auch dem Wächter am Feuer den Knebel aus dem Mund, denn dem letzteren hatten wir aus Vorsicht auch einen geben müssen.
Jetzt waren nun nicht mehr sie, sondern wir die Herren der Situation. Sie fühlten sich so deprimiert, daß keiner von ihnen ein Wort hören ließ. Bloß Old Wabble stieß zuweilen einen Fluch aus; das war aber auch alles, was er tat. Um Platz zu bekommen, schoben wir sie so eng wie möglich aneinander, wodurch wir einen für uns genügenden Raum am Feuer gewannen. Es waren noch zwei ganze Turkeys da, welche wir für uns zurichteten. Während dies geschah, konnte Dick Hammerdull es nicht über sich gewinnen, ruhig zu bleiben. Er hatte in berechnender Weise die Gebrüder Holbers nebeneinandergelegt und suchte sie jetzt auf.
„Good evenings, ihr Onkels und Cousins!“ grüßte er sie in seiner gravitätisch drolligen Weise. „Ich gebe mir die Ehre, euch zu fragen, ob ihr noch wißt, was ich euch unterwegs gefragt habe?“
Er bekam keine Antwort.
„Richtig! Es stimmt!“ nickte er. „Ich sagte, entweder flögen wir euch davon, und dann ständet ihr mit aufgesperrten Mäulern da; oder wir drehten den Spieß grad um und nähmen euch gefangen, und dann klappten euch die Mäuler wieder zu. Ist es nicht so, Pitt Holbers, altes Coon? Habe ich das gesagt oder nicht?“
Holbers saß, einen Puter rupfend, am Feuer und antwortete trocken:
„Ja, das hast du gesagt, lieber Dick.“
„Also richtig! Wir haben sie gefangen, und nun liegen sie mit zugeklappten Mäulern da und haben nicht den Mut, sie wieder aufzumachen. Die armen Teufel haben die Sprache verloren!“
„Fällt uns nicht ein!“ fuhr ihn da Hosea an. „Wegen euch verlieren wir die Sprache noch lange nicht; aber laßt uns in Ruhe!“
„Ruhe? Pshaw! Ihr habt ja bis jetzt geschlafen! Das plötzliche Erwachen war freilich etwas sonderbar, nicht? Was wolltet ihr doch nur mit euern Händen so hoch droben in der Luft? Es sah aus, als ob ihr Sternschnuppen fangen wolltet. Ganz eigenartige Pose!“
„Die Eurige war nicht besser, als wir Euch gestern festgenommen hatten! Ihr konntet da nicht einmal die Hände heben!“
„Das tue ich auch sonst niemals, weil ich kein Schnuppenfänger bin. Übrigens, wie habt ihr doch gelacht, als ich euch heut sagte, wir ritten nur zu unserm Vergnügen mit euch und würden auf keinen Fall länger als einen Tag eure Gefangenen sein! Hoffentlich kommt euch die Sache jetzt auch noch so lustig vor! Oder nicht?“
„Ich sagte Euch noch einmal, daß Ihr uns in Ruhe lassen sollt!“
„Verehrtester Hosea, nicht so hitzig! Du siehst ja, wie gefaßt und still dein lieber Joel ist! Wenn ich ihn richtig beurteile, so denkt er über die Erbschaft meines alten Pitt Holbers nach.“
Da brach Joel sein Schweigen auch:
„Er mag behalten, was er hat! Wir brauchen nichts von ihm, dem Prügeljungen, denn wir werden reich sein; wir werden noch – – –“
Da er innehielt, fuhr Dick Hammerdull, fröhlich lachend, fort:
„– – noch nach dem Squirrel-Creek reiten und die Bonanza holen? Nicht wahr, das wolltet Ihr sagen, Sir Joel, der Prophet?“
„Ja, das werden wir!“ schrie der Geärgerte. „Es wird uns nichts auf Erden abhalten können, dies zu tun! Verstanden?“
„Ich denke, wir werden euch ein wenig davon abhalten!“
„Möchte wissen, auf welche Weise?“
„Indem wir euch erschießen.“
„Dann wäret Ihr Mörder!“
„Tut nichts! Ihr sagtet mir ja auch, daß ihr uns auslöschen würdet. Ich war da freilich der Ansicht, daß wir uns wieder anzünden würden. Meinst du nicht auch, Pitt Holbers, altes Coon?“
„Ich meine nur, daß du den Schnabel halten sollst!“ belehrte ihn der Gefragte vom Feuer her. „Diese Kerls sind es ja gar nicht wert, daß du mit ihnen sprichst. Komm lieber her, und rupfe mit!“
„Ob ich mit rupfe oder nicht, das ist ja ganz egal; aber ungerupft schmeckt mir der Puter nicht, und darum komme ich!“
Er setzte sich zu seinem Pitt ans Feuer und half ihm bei der Arbeit.
Kolma Putschi hatte sich inzwischen entfernt. Er war zu seinem irgendwo versteckten Pferd gegangen und brachte das Fleisch, welches er heut geschossen hatte, um es uns zu
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