09 - Old Surehand III
Und wenn der Häuptling der Apachen nicht mitmacht, so springe ich allein mitten unter die roten Kerls hinein. Diese Geschichte muß ein Ende nehmen. Ich habe das ewige Anschleichen satt!“
„Uff! Winnetou wird natürlich sehr gern mit dabeisein!“
„So werden wir die Pferde in ein Versteck führen und dann kommen. Bleib du einstweilen hier!“
Ich eilte zurück, denn es war keine Zeit zu verlieren. Was wir tun wollten, mußte geschehen, so lange es noch hell war.
Ein Versteck für die Pferde war hier, wo das Terrain aus lauter Verstecken bestand, rasch gefunden; wir ließen Treskow als Wächter dort und gingen dann zu Winnetou, welcher indessen seinen taktischen Gedanken nachgehangen hatte. Die andern wurden, weit auseinandergezogen, in einem Halbkreis rund um die Roten aufgestellt, und nachdem sie ihre Weisungen erhalten hatten, konnten wir den Streich, der freilich beinahe ein Schwabenstreich war, beginnen. Ich hatte keine Geduld mehr. Mein Zorn wollte und mußte sich betätigen, und Winnetou, der gute, war so nachsichtig gewesen, mich nicht durch Widerspruch noch mehr aufzubringen.
Der Häuptling saß natürlich, um ihn unter den eigenen Augen zu haben, ganz in der Nähe des Gefangenen. Die Roten waren still; keiner sprach ein Wort. Da waren wir beide plötzlich unter ihnen. Winnetou schnitt in einem Nu die Fesseln Old Surehands durch, und ich faßte den Häuptling mit einer Hand beim Hals und gab ihm die andere Faust auf den Schädel, daß er zusammensank. Die Indsmen sprangen auf, griffen zu den Waffen und erhoben ihr Kriegsgeheul. Ich richtete aber schon den Lauf des Stutzens auf den Kopf des Häuptlings und überbrüllte sie:
„Seid sofort still, sonst schieße ich Tusahga Saritsch in den Kopf!“
Sie schwiegen.
„Rührt euch nicht!“ fuhr ich fort. „Wenn ein Einziger die Waffe auf uns richtet, ist es des Häuptlings Tod. Es wird ihm und euch nichts geschehen, wenn ihr Frieden haltet. Ihr seid von uns eingeschlossen, und wir könnten euch niederschießen; daß wir es dennoch nicht tun wollen, wird euch gleich Kolma Putschi sagen!“
Die Genannte trat unter den Männern hervor. Bei ihrem Anblick nahmen die Utahs eine beruhigendere Haltung an. Sie sprach zu ihnen so, wie es den Umständen angemessen war, und brachte es zu unserer Freude so weit, daß die Roten uns vorläufig ihre Waffen ablieferten. Ihr Einfluß war wirklich größer, als ich gedacht hatte. Den Häuptling banden wir.
Das erste war natürlich, daß wir nach dem ‚General‘ fragten. Er war nach dem Devils-Head geritten und wollte morgen am Vormittag wiederkommen. Dennoch schickte ich sofort den Osagen ein Stück den Felsenpfad hinan, um denselben zu bewachen und dafür zu sorgen, daß wir nicht von Douglas-Etters überrascht würden. Dieser mußte durch diesen Engpaß kommen, weil es keinen andern Weg gab, wie Kolma Putschi sagte.
Man kann sich denken, was der Häuptling für Augen machte, als er wieder zu sich kam und Old Surehand frei, sich aber gebunden sah! Ich hatte dafür gesorgt, daß er für unser Interesse gewonnen wurde. Kolma Putschi saß bei ihm und klärte ihn auf. Sie erzählte ihm, was der ‚General‘ alles an ihr verbrochen hatte, denn ich war nun gezwungen gewesen, ihr zu versichern, daß dieser kein anderer als Dan Etters sei. Sie sagte ihm auch, daß sein jetziger Verbündeter damals ihren Bruder erschossen und sie auf dessen Grab festgebunden habe. Damit gewann sie ihn schon mehr als halb für sich und uns; als sie ihm aber in meinem Auftrag mitteilte, daß wir eigentlich gekommen seien, den schauderhaften Tod Old Wabbles und der Tramps an den Utahs zu rächen, von dieser Rache aber absehen würden, falls sie sich von dem ‚General‘ ab- und uns zuwendeten, da erklärte er so laut, daß wir es alle hörten:
„Wenn ihr uns das versprecht, werden wir ihn nicht länger beschützen; aber wir haben ihm versprochen, seine Brüder zu sein, und darauf habe ich das Kalumet mit ihm geraucht; darum ist es uns verboten, seine Feinde zu sein. Es ist uns also nur möglich, das zu tun, was ich euch sagen werde: Wir entfernen uns jetzt gleich von hier und ziehen durch den Wald zurück bis in den Park hinaus; am Morgen reiten wir dann weiter. Ihr seid also Herren dieses Weges, auf welchem er kommen muß, und könnt ihn ergreifen und mit ihm machen, was euch beliebt. Tusahga Saritsch hat gesprochen. Howgh!“
Weder Winnetou noch ich glaubte, ihm ganz trauen zu dürfen, aber Kolma Putschi stand für ihn ein, und so
Weitere Kostenlose Bücher