090 - Der Verlorene der Todeswelt
mit der richtigen Nahrung dazu bringen, daß er einem buchstäblich ›aus der Hand frißt‹«, behauptete Efrem Murdock. »Er wird sich eines Tages von uns dressieren lassen.«
Der Kontrollmann wiegte zweifelnd den Kopf.
»Holen Sie ihn näher ran«, verlangte Murdock.
Der Mann drückte auf ein paar Knöpfe, und einen Moment später erschien Sono in seiner ganzen Scheußlichkeit auf den Bildschirmen. Unter der braungoldenen Haut des Kraken war ein unruhiges Pulsieren zu erkennen.
»Er ist nervös«, bemerkte Murdock. »Irgend etwas erregt ihn. Wenn ich bloß wüßte, was es ist. Unsere Nähe kann es nicht sein. An uns ist er gewöhnt.«
»Vielleicht nimmt er die Nähe von Menschen wahr, die ihm fremd sind. Sie wissen, wie hypersensibel er ist. Seine Wahrnehmungen reichen über die Station hinaus.«
»Das würde bedeuten, daß sich jemand in der Nähe unserer Station befindet«, sagte Murdock. »Jemand, der hier nichts zu suchen hat.«
Vier der Monitore waren ständig auf die Außenkameras geschaltet. Murdock verlangte, daß noch ein paar Bildschirme dazugeschaltet wurden. Die Videokameras übertrugen Bilder von einer einsamen, trostlosen Wüste, die entfernt an eine Mondlandschaft erinnerte. Hitze flimmerte über feinkörnigem Sand. Die Vegetation war mehr als spärlich. Die meisten Pflanzen waren im heißen Sonnenglast verdorrt.
Auf keinem der Monitore war jemand zu sehen. Sonos Nervosität mußte eine andere Ursache haben.
Murdock verließ mit seinen Assistenten den Kontrollraum und begab sich direkt zu Sono. Das Aquarium befand sich in einem großen unterirdischen, hallenähnlichen Raum, der von Neonlampen taghell ausgeleuchtet wurde. Atomaggregate versorgten die gesamte Station mit Strom.
Murdock trat an das Aquarium. Aus nächster Nähe, nur durch das dicke Glas getrennt, blickte er dem Dämon in die finsteren Augen.
Murdocks faltiges Gesicht verzog sich zu einem breiten Grinsen. »Na, Kleiner. Wenn Professor Kull eintrifft, führen wir ihm ein paar verblüffende Kunststücke vor, nicht wahr?«
»Geh weg!« verlangte Sono auf telepathischer Ebene.
Das war eine der Sensationen, die Efrem Murdock entdeckt hatte. Man konnte sich mit Sono unterhalten. Er verstand die menschliche Sprache, vermochte darauf zu reagieren und konnte mit Hilfe von Gedankenimpulsen antworten. Eine so hohe Intelligenz hätte Efrem Murdock diesem Kopffüßler ursprünglich nicht zugetraut. Er freute sich schon darauf, Mortimer Kull dieses Talent des Kraken vorzuführen.
»Wie fühlst du dich?« wollte Murdock wissen.
»Weg! Laß mich allein!«
»Du wirst dich etwas mehr anstrengen!« sagte Murdock scharf. »Sonst werden die Futterrationen gekürzt.«
»Mich kann man zu nichts zwingen!«
»Oh, da befindest du dich aber gewaltig im Irrtum. Du scheinst noch nicht erfahren zu haben, wie weh Hunger tun kann.«
»Ich finde immer Nahrung« , behauptete Sono.
»Und wenn ich anordne, alles Genießbare wegzuschließen?«
»Dann fresse ich dich!« gab der Dämon zurück.
Efrem Murdock trat unwillkürlich einen Schritt zurück. In der smaragdgrünen Gesichtszeichnung war ein Ausdruck entstanden, der den Wissenschaftler erschreckte und ängstigte. Er schluckte trocken. In letzter Zeit drohte Sono immer wieder.
Mortimer Kull hatte gesagt, Sono würde einige Zeit brauchen, um sich an seinen neuen Lebensbereich zu gewöhnen. Hatte der außergewöhnliche Krake sich bereits so weit akklimatisiert, daß er sich für unbesiegbar hielt?
Murdock warf ihm einen wütenden, mißbilligenden, aber auch unsicheren Blick zu. Dann gab er seinen Assistenten ein knappes Zeichen und sagte mürrisch: »Wir gehen.«
Er blickte auf seine Uhr.
Kull mußte in zehn Minuten hier sein.
***
Jarxis, der Elfenmann, hatte mir ein Dimensionstor gezeigt, und ich hatte es durchschritten, um auf die Erde zurückzukehren.
Das Weltentor schien nur aus flimmernder Luft zu bestehen, aber es verbarg sich mehr dahinter. Dieses geheimnisvolle Flimmern nahm mich nicht nur in sich auf, es ging auch auf mich über.
Mir kam vor, als würde es die Molekularstruktur meines Körpers verändern. Fast so, als würde ich mich auflösen. Ich sah mich nicht mehr, nahm von meiner Umgebung nichts wahr, fühlte mich federleicht, fast schwerelos. Mit meinem Schritt durch das Tor hatte ich einen Ablauf ausgelöst, auf den ich in keiner Weise einwirken konnte.
Ich mußte geschehen lassen, was mit mir passierte, und konnte nur hoffen, daß ich die richtige Richtung eingeschlagen
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