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0928 - Der Fliegenmann

0928 - Der Fliegenmann

Titel: 0928 - Der Fliegenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Widerstand.
    In dem Fliegenschwarm war er plötzlich entstanden. Oder war er schon immer hier gewesen, und sie hatte ihn erst jetzt entdeckt? Mit geschlossenen Augen griff sie zu, und dabei fühlte sie die Haut an den Händen.
    Haut?
    Menschenhaut!
    Ja, für einen winzigen Augenblick nur strichen die Kuppen über die Haut hinweg. Sie drückten sie sogar ein, und selbst die Muskeln konnte die Frau nachzeichnen.
    Die Stimme bildete sie sich nicht ein. »Ich bin die Angst! Ich bin die Angst…«
    Mehrmals wurde dieser eine Satz wiederholt Er durchdrang auch das Gebrumm der Fliegen. Jovanka hielt die Augen geschlossen. Sie wollte nicht, daß die kleinen Viecher hineinkrochen, und sie hatte ihre Arme auch wieder sinken gelassen. Sie war jetzt eine Gefangene des schwirrenden Schwarms, dessen Musik sich allerdings abschwächte und kurzerhand hinwegflog, immer leiser dabei wurde und schließlich verschwand.
    Jovanka öffnete die Augen.
    Weg! Keine Fliegen mehr. Sie waren verschwunden und hatten sich in alle Himmelsrichtungen hin verstreut.
    Die Frau wußte nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Jedenfalls leuchteten ihre Augen auf, und sie war froh, noch am Leben zu sein, auch wenn sie auf dem Friedhof stand und zitterte. Sie schaute an sich hinab. Es war keine Fliege mehr zu sehen, alle hatten sich verzogen, und auch an ihrer Kleidung lief keine entlang. Dafür sah Jovanka das Grab ihres Sohnes. Das helle Kreuz schien jetzt zu leuchten. Jovanka wußte nicht, was sie noch denken sollte. Sie strich durch ihr Gesicht. Keine Fliegen mehr, auch der Nacken lag frei.
    Jovanka kam mit der neuen Lage nicht mehr zurecht. Passiert war ihr nichts, aber einen Traum oder Alptraum hatte sie auch nicht erlebt. Die Fliegen waren echt gewesen!
    Und dann war da noch etwas gewesen. Jovanka erinnerte sich. Inmitten des Fliegenwirbels hatte sie ihre Hände ausgestreckt und etwas gefühlt.
    Einen Körper. Haut. Darunter Muskeln. Die Frau konnte sich an jedes Detail erinnern, und ihr Gesicht bekam eine leichenartige Blässe. Das war nicht mit rechten Dingen zugegangen. Überhaupt konnte sie sich das Auftauchen der Fliegen nicht erklären. Alles lief gegen die normalen Gesetze. Nichts stimmte mehr. Diese Fliegen, die sich formiert hatten, dann die Haut, der nackte Körper, das alles fuhr ihr durch den Kopf, ohne daß sie etwas davon begreifen konnte.
    Es war nicht einfach für sie, es zu verarbeiten. Scheu schaute sich die einsame Frau um. Sie war und blieb die einzige lebende Person auf diesem alten Totenacker.
    Aber sie merkte genau, daß es nicht alles gewesen war. Da hatte es noch etwas gegeben. Eine Männerstimme. Sie war praktisch aus dem Innern der Fliegenwolke gedrungen, und Jovanka mußte plötzlich an den brennenden Dornbusch denken, vor dem einst Moses gestanden und die Stimme seines Herrn gehört hatte.
    So ähnlich war es auch hier gewesen, nur ärgerte sich Jovanka über diesen Vergleich. Schließlich war sie eine gläubige Christin.
    Aber irgendwo stimmte es schon.
    Die Stimme.
    Sie erinnerte sich genau, und auch die Worte kamen ihr wieder in den Sinn. Was hatte sie noch gesagt?
    ICH BIN DIE ANGST!
    Jovanka hatte diesen Satz nicht vergessen. Eine Warnung und eine Drohung zugleich. Ein Geist hatte zu ihre gesprochen. Der Geist der Fliegen oder der eines Menschen?
    Die Frau wußte nichts mehr. Sie ahnte aber, daß es zu hoch für sie war, viel zu hoch, und plötzlich erfaßte sie ein Gefühl der Panik. Sie konnte nichts dagegen tun, es schüttelte sie regelrecht durch. Fieber und Kälte wechselten sich ab. Die Umgebung drehte sich vor ihren Augen. Dennoch ging sie weiter, wobei sie nur wenige Schritte schaffte. Da konnte sie nicht mehr. Zum Glück konnte sie sich an einem Grabstein festhalten. Ihn benutzte sie als Stütze, als sie sich auf den Hintern setzte.
    So blieb sie hocken. Auf dem Grab, und sie erinnerte sich dabei an eine Leiche, die man vergessen hatte zu begraben…
    ***
    Natürlich verging auch die Zeit, aber darum kümmerte sich Jovanka nicht. Sie dachte nach und schüttelte hin und wieder den Kopf. Die Erinnerung wollte einfach nicht weichen. Auch die Stimme hörte sie nach wie vor, und sie sprach eben von der Angst.
    ICH BIN DIE ANGST!
    Wer war dieses Ich? War er eine Person? War er nur ein Geist?
    War er vielleicht eine Erscheinung, die unsichtbar war und sich den Menschen nicht zeigte? Ein Luftgeist, ein Fliegengespenst? Aber sie hatte doch die Haut gespürt, und in der Erinnerung daran schaute sie wieder auf den

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