095 - Der leuchtende Schlüssel
waren blutunterlaufen. Bildete es sich Surefoot nur ein, oder wurde der Mann tatsächlich bleich, als er ihn ansah?
»Hallo!« stammelte Mike. »Ach - ist es nicht sonderbar, daß wir uns hier treffen?«
»Was ist denn mit Ihnen los, Mike?« wiederholte Surefoot.
Der Chefinspektor hatte sich angewöhnt, auch in den unschuldigsten Menschen verbrecherische Absichten zu wittern, und seine Frage klang deshalb vorwurfsvoll und mißtrauisch.
»Nichts - ich laufe heute herum wie im Traum, Das Stück ist vom Spielplan abgesetzt, und ich weiß nicht, was ich machen soll.«
»Ich habe den ganzen Morgen versucht, Sie anzutelefonieren. Wo haben Sie denn gesteckt?«
Mike fuhr zusammen.
»Sie haben.. Warum denn, Surefoot, alter Knabe? Ich war nicht in der Stadt. Was wollten Sie von mir?«
»Sie waren nicht in Ihrer Wohnung und Sie waren auch nicht im Theater. Warum sind Sie mir aus dem Weg gegangen?«
Mike versuchte zu sprechen, schluckte und sagte dann heiser:
»Wir wollen irgendwo ein Glas zusammen trinken. Ich habe schwere Sorgen.«
In einer Seitenstraße lag eine Kneipe, wo man Bier eigentlich erst von sechs Uhr abends an bekommen konnte. Trotzdem gingen die beiden dahin, und der Oberkellner empfing sie mit einem Lächeln.
»Wollen Sie sich mit dem Herrn ein wenig privat unterhalten, Mr. Smith? Sicher wollen Sie nicht hier draußen im großen Lokal sitzen, das ist nicht angenehm. Kommen Sie in das Zimmer des Geschäftsführers.«
Er führte die beiden in einen kleinen Privatraum, der durchaus nicht das Büro des Geschäftsführers war, höflicherweise aber so genannt wurde.
»Ich werde Ihnen eine Portion Tee bringen, Mr. Smith. Mr. Hennessey, Sie nehmen doch Kaffee?«
Mike hatte die Augen geschlossen und nickte.
»Nun, was für Sorgen haben Sie?« fragte Smith geradezu. »Handelt es sich um Washington Wirth?«
Mike öffnete sofort die Augen und starrte ihn an.
»Ja«, erwiderte er und blinzelte den Chefinspektor an. »Ich meine... ja... er wird sich wohl nicht mehr ums Theater kümmern, und das macht mir große Sorge. Er war ein guter Freund von mir.«
Es fiel Mike nicht nur schwer zu reden, sondern auch zu atmen. Er keuchte förmlich.
»Wollten Sie seinetwegen mit mir sprechen?« fragte er nervös.
»Ja. Er war also ein Freund von Ihnen?«
»Freund kann man eigentlich nicht sagen. Er war der Mäzen meines Theaters«, verbesserte Hennessey schnell. »Ich sorgte für ihn, wenn er in der Stadt war. Viel wußte ich nicht von ihm, aber er war sehr reich.«
»Haben Sie ihn nie gefragt, woher er das Geld hatte?«
»Nein, das habe ich natürlich nicht getan.« Hennessey konnte dem Chefinspektor nicht in die Augen sehen.
Der Oberkellner kam mit einem Tablett zurück, auf dem zwei große Bierflaschen, eine Flasche Whisky, zerstoßenes Eis und ein Siphon mit Sodawasser standen.
»Hier ist Ihr Tee«, sagte er in aller Form, stellte die Getränke nieder und ging wieder hinaus.
Surefoot Smith nahm an dieser Übertretung des Gesetzes keinen Anstoß.
»Also, Mike, nun sagen Sie doch schon, was Sie wissen«, begann er freundlich. »Ich möchte von Ihnen erfahren, wer dieser Wirth eigentlich ist.«
Hennessey feuchtete die trockenen Lippen an. »Zuerst würde ich gern hören, was eigentlich los ist«, erwiderte er verbissen. »Nicht, daß ich Ihnen etwas Bestimmtes sagen könnte, aber nehmen wir einmal an, ich wüßte etwas - wo bleibe ich? Stellen Sie sich einmal vor, ich hielte ihn für einen anderen und würde zu ihm sagen :›Entweder helfen Sie mir, oder ich fange an zu erzählen.‹«
»Ja, angenommen, Sie wollten ihn erpressen«, unterbrach ihn Smith brutal.
Mike stöhnte.
»Nein, ich habe ihn nicht erpreßt. Ich war ja meiner Sache gar nicht sicher, ich habe doch nur einen Bluff versucht, um zu sehen, wie weit er gehen würde...« Plötzlich brach Mike zusammen, bedeckte das Gesicht mit den Händen und begann zu schluchzen. »Ach, es ist schrecklich!« stöhnte er.
Andere Leute wären in Verwirrung geraten, Surefoot Smith war nur interessiert. Er legte die Hand auf Mikes Arm.
»Sind Sie auch an dem Mord beteiligt? Darum handelt es sich jetzt.«
Mikes Hände fielen plötzlich auf den Marmortisch. Sein tränenbedecktes Gesicht zeigte einen bestürzten Ausdruck, aber er weinte nicht mehr.
»Mord...? Sie meinen, ich soll in einen Mord verwickelt sein?« fragte er mit schriller, erregter Stimme.
»Ja, an dem Mord an Hervey Lyne. Wußten Sie nicht, daß er erschossen worden ist?«
Mike sah ihn starr vor
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