095 - Der leuchtende Schlüssel
Schrecken an.
»Was, Lyne... ist erschossen?« stieß er mühsam hervor.
Es war kaum zu glauben, daß er der einzige Mann in London sein sollte, der nichts von dem geheimnisvollen Mord in Regent's Park erfahren hatte, denn die Zeitungen waren voll davon. Aber Surefoot fühlte, daß Mike ihm nichts vormachte.
»Sie wollen mich doch nicht etwa aufs Glatteis führen, Surefoot?«
»Nein. Wie kommen Sie denn auf eine solche Idee?«
Mike schwieg und sah den Beamten mit großen Augen an. Aber seine Züge waren vollkommen ausdruckslos. Als er nach einer Weile wieder sprach, hatte er sich gesammelt.
»Das ist entsetzlich! Ich habe die Zeitungen heute morgen noch nicht gelesen.«
»Es stand gestern abend drin«, erklärte Smith.
Mike schüttelte den Kopf.
»Seit Donnerstag morgen habe ich keine Zeitung mehr gesehen. Der alte Lyne ist also tot! Er war doch der Vormund von Miss Lane.« Surefoot wußte, daß Mike Zeit gewinnen wollte, um sich wieder vollständig zu fassen. »Ich habe wirklich nichts davon gelesen. Es ist merkwürdig, wie man Dinge übersehen kann, die in der Zeitung stehen. Ich war so mit dem Zusammenbruch meines Theaters beschäftigt, daß ich mich für nichts anderes interessierte.«
»Was haben Sie denn eigentlich für Washington Wirth getan?«
Surefoot sprach eisig. Er hatte sein freundliches Wesen abgelegt und interessierte sich im Augenblick nicht einmal für das Bier, das neben ihm stand.
»Haben Sie Geld für ihn von der Bank abgehoben?«
Mike nickte. »Ja. Große Summen. Ich bin zur Bank gegangen und habe mich dann später mit ihm getroffen.«
»Wo sind Sie mit ihm zusammengekommen?« fragte Smith.
»An den verschiedensten Stellen, zum Beispiel auf Bahnhöfen, meistens aber im Kellner-Hotel. Er hob gewöhnlich einen großen Betrag ab, wenn er eine Gesellschaft gab, und ich brachte ihm das Geld, bevor die Gäste kamen. Er sagte, er sei Fabrikbesitzer in Mittelengland, aber um Ihnen die Wahrheit zu sagen, Mr. Smith, ich habe immer daran gezweifelt. Den Eindruck eines Verbrechers hat er aber nicht auf mich gemacht. Man begegnet ja den merkwürdigsten Leuten, die in guten Verhältnissen leben und Geld wie Heu haben. Warum sollte er nicht dazu gehören? Er ist nicht der erste, der sein Geld in Theater steckt, und hoffentlich ist er auch nicht der letzte.«
»Von welcher Bank haben Sie Geld für ihn geholt?«
Mikes Antwort stimmte mit dem überein, was Surefoot bereits wußte.
»Das wäre in Ordnung.« Smith lehnte sich über den Tisch. »Nun möchte ich noch wissen, wer dieser... Washington Wirth war.«
Mike schüttelte den Kopf.
»Offengestanden - das weiß ich selber nicht. Wenn ich in dieser Minute sterben sollte, könnte ich es Ihnen nicht sagen. Ich kam durch meinen letzten Bankrott mit ihm in Verbindung. Er schrieb mir damals einen sehr liebenswürdigen Brief und drückte darin sein Bedauern aus, daß ein so tüchtiger Mann wie ich mit derartigen Schwierigkeiten zu kämpfen habe. Zum Schluß bot er mir seine finanzielle Hilfe an.«
»War der Brief mit der Hand geschrieben?«
»Nein, mit der Maschine. Ich habe das Schreiben noch irgendwo in meinen Akten. Dann traf ich im Kellner-Hotel mit ihm zusammen. Damals hatte er nur ein Zimmer. Ich wußte, daß er eine Perücke trug und daß er in Wirklichkeit ein anderer war, aber ich habe mir niemals die Mühe gemacht, hinter sein Geheimnis zu kommen -«
»Das ist eine ganz dicke Lüge«, sagte Surefoot ruhig. »Sie haben doch zugegeben, daß Sie ihn erpreßten.«
»Nein, das habe ich nicht getan. Ich habe nur einen Bluff versucht. Ich wußte, daß er ein anderer war, und vermutete die Wahrheit.«
»Sind Sie sich auch klar darüber, daß Sie in einer bösen Patsche sitzen, wenn dieser Washington Wirth verhaftet werden sollte? Ich kann als sicher annehmen, daß er Geld von Hervey Lyne unterschlagen hat. Jedenfalls habe ich manche Anhaltspunkte dafür, daß er den alten Finanzmann erschossen hat. Mike, Sie wollen doch nicht in einen Mord verwickelt werden?«
Hennesseys Gesicht war verzerrt, und er konnte kaum noch zusammenhängend sprechen.
»Ich würde Ihnen gern helfen, wenn ich könnte, Mr. Smith. Aber ich weiß doch gar nicht, wer er in Wirklichkeit ist - ich schwöre Ihnen, daß ich es nicht weiß.«
Der Chefinspektor sah ihn scharf an.
»Wissen Sie etwas von Moran?«
»Sie meinen doch nicht den Bankdirektor?« stammelte Mike bestürzt.
»Wissen Sie etwas von der falschen Bankbilanz, die Lyne zufällig an Miss Lane
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