0950 - Ein Gruß aus der Hölle
nichts. Aber sie schaute Marion sehr ernst in die Augen. Das blonde Mädchen wich einen Schritt zurück. Es kannte den Blick, da brauchte Caro nichts mehr zu sagen. »Du bist tatsächlich eine Tote?«
»Im Prinzip schon«, flüsterte Caroline. »Ich bin wieder zurückgekehrt. Die andere Welt hat mich geprägt. Die andere Welt hätte mich behalten sollen. Der Teufel, meine ich.«
»Dann solltest du zu ihm?«
»Klar.«
»Wollte das unser Vater?«
»Du fängst an, die Dinge zu begreifen. Er wollte es, aber ich bin nicht beim Teufel gelandet. Ich habe Helfer gehabt, die mich von ihm fernhielten. Vielleicht waren es Engel oder die Geister der Heiligen, ich weiß es nicht. Es ist nur nicht so gelaufen, wie es sich unser Vater vorgestellt hat, Marion.«
»Unser Vater«, wiederholte sie, »unser Vater. Du bist tot gewesen. Das hast du selbst gesagt. Jemand muß dich getötet haben, Caroline, das stimmt doch.«
»Du hast recht. Mich hat jemand getötet.« Sie sprach weiter, obwohl Marion es gar nicht wollte, weil sie schon etwas ahnte, aber ihre Halbschwester ließ sich nicht aufhalten. »Ich bin gestorben, jemand hat mich nicht nur getötet, sondern dem Teufel als Opfer überlassen. Als Gegenleistung für den Spiegel. Muß ich dir noch sagen, wer dieser Jemand gewesen ist, Marion?«
»V… Vater - nicht?«
Caroline nickte nur.
***
Es war schrecklich für Marion Bates gewesen. Sie wußte nicht mehr, wie sie noch zurechtkommen sollte. Und sie wußte auch nicht, wie sie an die andere Seite des Ganges gelangt war. In ihrem Kopf war eine Leere entstanden, doch zugleich rasten unzählige Gedanken durch ihr Hirn. Sie kam mit dieser neuen Lage nicht zurecht. Nur stand über allem eine schreckliche Erkenntnis.
Da hatte ein Vater seine Tochter dem Satan geschenkt, um die große Macht zu erringen.
Das wollte Marion nicht in den Kopf. Sie sperrte sich dagegen, aber die Folgerung dessen, was sie gehört hatte, drängte automatisch in ihr Bewußtsein.
Wenn ihr Vater sein Kind getötet hatte, dann lag der erste Schritt schon hinter ihm. Es war überhaupt kein Problem mehr für ihn, diese Tat zu wiederholen, und Marion kam in den Sinn, daß er sie als nächstes Opfer ausgesucht hatte.
Deshalb waren die Männer in das Haus gekommen, Deshalb hatte ihre Mutter sterben müssen, deshalb…
Sie bekam weiche Knie. Die kleine Welt hier im Keller drehte sich vor ihren Augen, und zum Glück sah Caroline, was mit ihr los war, ging hin und stützte sie ab.
»Das ist doch alles nicht wahr!« flüsterte Marion, wobei sie weinte. »Das hast du dir ausgedacht.«
»Nein. Ich wollte, ich hätte es.«
»Und jetzt?«
»Wirst du begreifen, Marion, daß wir eigentlich nicht hoch können, denn dort oben lebt dein Vater. Er lauert auf uns, ich spüre und weiß es genau.«
»Was sollen wir tun? Wieder zurückgehen?«
»Nein.«
»Was dann?«
»Ich muß es beenden. Du kannst gehen, Marion, aber laß mich bitte hier zurück.«
»Was wird denn passieren?«
»Ich möchte ein Ende haben. Alles soll anders werden, kannst du das begreifen?«
»Ja, aber nicht genau.«
»Du kannst gehen und…«
»Nein, ich bleibe!« Sie wollte noch etwas hinzufügen, aber die beiden Mädchen wurden durch eine Äußerlichkeit abgelenkt. Sie hatte nichts mit dem Wesen zu tun, das in ihrer Nähe lauerte, das war sehr ruhig geworden. Die eigentlichen Vorgänge spielten sich außerhalb ihrer Sichtweite, aber nicht ihrer Hörweite ab.
Am Ende der Treppe befand sich eine Tür. Sie war der direkte Zugang zu den normalen Räumen des Hauses. Und von dort, also hinter der Tür, hatten die Mädchen die Geräusche gehört.
Dumpfe Laute, auch Schreie?
So genau wußten sie es nicht. Sie blieben nur stehen und schauten sich an.
Im Keller aber bewegte sich das hautlose Monstrum…
***
Es war die letzte Chance gewesen, und das hatte Suko gewußt. Zwar war ihm nicht bekannt, welche Emotionen bei seinem Freund John Sinclair hochgekocht waren, aber auch Suko hatte gelitten. Allein deshalb war es ihm nicht möglich gewesen, einzugreifen.
Und er war von dieser verdammten Maschinenpistole bedroht worden.
Ausgerechnet ein Mann wie Suko, der sonst immer in Action war, hatte sich ducken müssen.
Er sah das Zustoßen der Nadel. Zwar spürte John den Schmerz, doch Suko litt mit, und er bewunderte die Haltung seines Freundes, der nicht zusammenbrach.
Sein Wächter stand in der Nähe. Er atmete nicht, er hechelte. Diese Szene in seiner Nähe schien ihn wahnsinnig anzutörnen. Er
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