0962 - Allianz gegen den Wahnsinn
den Kopf in Richtung Sinje-Li, doch die war nicht mehr da. Hatte sie ihre Ankündigung wahr gemacht? Jedenfalls war sie nicht mehr im Raum und Starless fragte sich, ob er ihrem Beispiel nicht folgen sollte.
Doch irgendetwas hinderte ihn daran, diesem Possenspiel nicht einfach den Rücken zu kehren. Den Grund dafür kannte er nicht, doch es war ganz sicher keine Loyalität zu Morano. Der ERHABENE hatte Starless die größten Versprechungen gemacht, damit dieser das enorme Risiko eingegangen war, den Machtkristall von Ted Ewigk nicht Nazarena Nerukkar zu übergeben, sondern ihm, dem machthungrigen Vampir. Morano hatte damals noch nicht im Entferntesten geplant, die Spitze der DYNASTIE zu übernehmen. Er wollte Herr über das Nachtvolk werden, was ihm mit dem Kristall problemlos gelungen war. Und danach? Danach hatte er Starless ein Leben voller Macht und Glanz versprochen, denn als rechte Hand des Vampirherrschers würde er ganz sicher endlich zur Ruhe kommen.
Doch dann hatte Morano all diese Versprechen ganz einfach mit einer Handbewegung beiseite gewischt. Er brauchte Starless als Söldner, als Spion und Intrigant. Damit sollte er sich zufriedengeben. Doch Starless Bibleblack war schon viel zu lange Diener vieler Herren gewesen, hatte viel zu lange für die ERHABENE Nazarena Nerukkar die Kastanien aus dem Feuer geholt, das sich für andere als viel zu heiß erwiesen hatte. Sein ganzes langes Leben lang hatte er keine Ruhe gefunden, und nur die Erinnerung an die Zeit seiner Kindheit und Jugend hielt ihn nach wie vor aufrecht.
Loyalität zu Morano?
Nein, die gab es schon lange nicht mehr.
Es musste einen anderen Grund geben, der ihn auch jetzt noch hier fest hielt. Starless konzentrierte sich wieder auf Morano. Und dann fiel die Erkenntnis wie ein Felsbrocken auf ihn herab: Er war es gewesen, der Tan Morano die Steigbügel gehalten hatte, nur durch ihn war es dem alten Vampir möglich gewesen, sich all diese Macht anzueignen. Und nun wurde Starless klar, dass dieser Wahnsinnige auf dem besten Weg dazu war, dem schlimmsten Feind Tor und Tür zu öffnen, den man sich überhaupt denken konnte.
Starless hätte das selbst nie für möglich gehalten, aber es war ganz eindeutig: Sein Gewissen hinderte ihn daran, diesem Geschehen ganz einfach den Rücken zu kehren.
Er hatte Morano groß gemacht, nun musste er auch dafür sorgen, dass man dem ERHABENEN seine Grenzen aufzeigte.
Gewissen? Bibleblack konnte es nicht fassen. Der junge Bursche, der mit seinen Eltern und Geschwistern vor mehr als 650 Jahren in Cornwall gelebt hatte, der hatte so etwas besessen - bis zu dem Tag, als man ihm alles genommen hatte. Wirklich alles! Moranos Stimme riss ihn aus seinen Gedanken heraus.
»Ich erwarte, dass die Schlachtschiffe und der begleitende Tross innerhalb von fünf Tagen einsatzbereit sind. An Bord jeden Schiffes werden sich zusätzlich zur Mannschaft einige von mir ausgewählte Vertreter des Vampirvolkes einfinden.« Morano ging langsam in Richtung der Tür, durch die er den Raum betreten hatte. Bevor er sie öffnete, wandte er sich noch einmal um. Er fixierte die Ewigen, die noch immer wie erstarrt waren. »Wir werden siegen und dann gibt es nichts und niemandem mehr, der die DYNASTIE DER EWIGEN aufhalten kann. Nie mehr!«
Dann war er verschwunden. Starless lauschte der Stille um ihn herum. Auch jetzt noch, wagte sich keiner der Ewigen aufzubegehren. Nach und nach verließen sie den Raum und schließlich auch den Palast. Starless bewegte sich möglichst unauffällig unter ihnen. Endlich, als sie sich sicher genug wähnten, begannen die Kommandanten erregt und hitzig zu diskutieren.
»Das ist Wahnsinn! Warum sollen wir etwas angreifen, das uns nicht einmal direkt bedroht?«
»Solange wir die Grenzen der Galaxie nicht überschreiten, wird garantiert niemals etwas geschehen.«
»Das ist ein Schwachsinn, wie ihn noch keiner der ERHABENEN je befohlen hat.«
Einer der Kommandanten, ein überdurchschnittlich großer Ewiger, packte Starless plötzlich bei den Schultern. »Verdammter Vampir - spionierst du uns hier etwa aus?«
Starless reagierte kühl und überlegen. Mit Leichtigkeit wischte er die Hände des Ewigen von seinen Schultern und fasste den Alpha vorne an seinem Overall. Als wäre der nur ein Kind, hob er den vollkommen verblüfften Mann einige Zentimeter in die Luft.
»Genau das hatte ich nicht vor, Dummkopf, doch ich wollte wissen, wie ihr auf den Befehl Moranos reagiert. Aber bisher habe ich nur Geschwätz gehört
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