0980 - Die Rächerin
durch den Schweißausbruch. Ich sah, dass ihr Körper sich zusammenzog, aber ich glaubte auch, den Schatten erkennen zu können, der sich plötzlich über ihr Augen legte und das Ende ankündigte.
Rosafarbener Schaum trat vor ihre Lippen.
»Eva, bitte…«
Ihre rechte Hand bewegte sich ebenso wie der Arm. Sie krallte sich an mir fest, als wollte sie die Kraft finden, sich noch einmal an mir in die Höhe zu ziehen. »Finden, du – musst sie finden…«
»Wo soll ich suchen?«
Als sie atmete, rasselte es. Ihr Mund war auf einmal mit Blut gefüllt. Die Stiche mussten die Lunge erwischt haben.
»Markt«, flüsterte sie wie aus einem Zusammenhang gerissen.
»Du musst hingehen. His… oh, nein, es tut so weh!« Die Gestalt der so zerbrechlich wirkenden jungen Frau bäumte sich auf, zugleich aber lockerte sich der Griff und die Hand rutschte ab.
Eva Karman sackte zusammen.
Ich hatte mich zuletzt auf ihre Augen konzentriert und wusste Bescheid als ich den leblosen und starren Blick sah. Nein, das war kein Blick mehr, das war das große Nichts, denn Eva war in diesen Sekunden gestorben.
Ich fühlte mich als Gefangener meiner eigenen Gefühle. Die Gänsehaut auf meinem Körper war dick wie selten, und ich spürte sie überall. Vom Kopf bis zu den Füßen. Dass ich Eva die Augen zudrückte, bekam ich kaum mit. Die Zeit war stehen geblieben. Ich hockte einfach nur neben ihr, starrte ins Leere und merkte trotzdem, dass mir das Augenwasser an den Wangen entlang rann.
Es war vorbei. Für Yakup als auch für Eva. Es gab die beiden nicht mehr. Sie waren aus meinem Leben getreten und würden nie mehr zurückkehren. Gewaltsam hatte man sie vom Leben in den Tod befördert. Brutale Killer, denen nichts heilig war.
Killer oder Dämonen? Shimadas Rache? Diese Gedanken waren nicht mehr als Fragmente, die durch meinen Kopf huschten. Ich wollte daran jetzt nicht denken, auch nicht an ihre letzten Worte oder den Hinweis, den sie mir gegeben hatte. Er verschwand einfach aus meinem Kopf. Wie eine Information, die gelöscht worden war.
Dann stand ich auf. Dabei bewegte ich mich wie ein Greis. Vom langen, unbequemen Sitzen war ich steif geworden. In meinem Kopf tuckerte es. Die leichten Schläge taten mir weh. Die Haut an meiner Stirn zuckte, die Lippen ebenfalls.
Ich ging wieder zurück in den Wohnraum. Obwohl ich den Anblick schon kannte, schockte er mich doch. Yakup, der mit dem eigenen Schwert getötet worden war.
Auch ihm drückte ich die Augen zu. »Mach’s gut, alter Junge«, sagte ich ihm zum Abschied, obwohl er mich nicht mehr hören konnte. Es war einfach das Bedürfnis, es zu tun. Wir hatten uns gut verstanden, wir waren Freunde gewesen, auch wenn wir uns manchmal über Monate und sogar über Jahre hinweg nicht gesehen hatten.
Plötzlich war alles zusammengekommen. Da hatten sich die Vorgänge verdichtet, und das gesamte schreckliche Paket war nun geplatzt.
Ich ging ins Bad und machte mir noch immer Vorwürfe.
Im Bad war alles normal. Ich ließ Wasser laufen. Erst als es sehr kalt war, klatschte ich es in mein Gesicht. Dann trocknete ich mich ab, besah mich im Spiegel, schüttelte den Kopf über mein Aussehen, das nichts mit dem eines Rächers oder Kämpfers aus irgendeinem Action-Film zu tun hatte.
Ich sah einfach nur bitter, deprimiert und traurig aus. Ich hatte verloren. Die oder der Killer war in meine Wohnung eingedrungen und hatte die beiden überrascht. Ja, so musste es abgelaufen sein.
Das brachte mich nicht weiter. Auch die nächsten Stunden würden mich nicht voranbringen. Ich war nicht mehr derjenige wie gestern.
Von diesem Tiefschlag musste ich mich erst noch erholen, und ich hätte auch nie gedacht, dass sich Shimada nach seiner Vernichtung noch so rächen konnte.
Ich trocknete Hände und Gesicht ab. Dann verließ ich das Bad. Im Flur stand ich gegen die Wand gelehnt, eine Hand vor die Stirn gepresst. Meine Augen brannten, die Lider waren schwer wie Blei geworden, und ich hatte Mühe, sie offen zu halten.
Als Polizist wusste ich natürlich, wie ich mich jetzt verhalten musste. Es war immer so leicht, aber es kehrte sich leider um, wenn man persönlich davon betroffen ist. Da sahen die Dinge dann anders aus. Da überlegte man und tastete sich vor wie ein Berufsanfänger.
Die Mordkommission würde kommen. Spurensuche, die Fragen, die Vermutungen, die Gespräche.
Das alles konnte ich nicht verhindern, aber zuvor wollte ich nach nebenan, um meinen Freunden Bescheid zu geben. Shao hatte die beiden in
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