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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Sie ersehen daraus, was für eine brave Frau sie ist. Sie konnte recht wohl im Vaterland bleiben und hat sich nur aus Teilnahme für diese drei, aus Freundschaft für mich und infolge ihres Dranges nach der Fremde entschlossen, mitzugehen. Besonders entzückt war sie darüber, daß in Amerika die Damen so außerordentlich geachtet und berücksichtigt werden.“
    „Ach so“, lächelte Sam vergnügt; „und Frau Rosalie Ebersbach, geborene Morgenstern, verwitwete Leiermüllerin ist eben auch eine Dame! Das erklärt mir freilich das vorher Unerklärliche. Sie haben also alle die Absicht, sich bei dem Oheim Wolf anzusiedeln?“
    „Sie wollen ihn fragen. Gibt er es nicht zu, so ziehen sie weiter.“
    „Und Sie? Was beginnen denn Sie?“
    „Ich? Ich suche natürlich Old Shatterhand, Old Firehand und Winnetou auf. Natürlich werde ich auch den Hobble finden.“
    „Sie scheinen, wie bereits gesagt, sich das als außerordentlich leicht vorzustellen, und doch können Sie jahrelang im Westen herumreiten, ohne auch nur auf einen von diesen Männern zu treffen.“
    „So muß man fragen, sich erkundigen!“
    „Denken Sie, es sei hier geradeso wie in einem deutschen Dorf oder Städtchen, in welchem man sofort berichtet wird, wenn man nach dem Herrn Müller, Meier oder Schulze fragt? Die Gesuchten können leicht zehnmal ganz nahe an Ihnen vorüberreiten oder in sehr geringer Entfernung von Ihnen lagern, ohne daß Sie es ahnen.“
    „Oho! Ich ahne es; darauf können Sie sich verlassen. Einem Tonkünstler ist nichts zu schwer. Wer von den Musen ausgezeichnet und bevorzugt wird, bei dem sammeln alle Töne sich zu Akkorden. So werden auch die gesuchten Männer sich um mich zusammenfinden, wie wohlgeschulte Musici um ihren Dirigenten.“
    „Will es Ihnen wünschen. Was ich dabei tun kann, da wir dieselbe Route haben, das wird natürlich geschehen. Jetzt aber sollten Sie sich in einen der Wagen legen, um zu schlafen.“
    „Schlafen? Warum?“
    „Weil wir morgen abend wahrscheinlich nicht schlafen können; wir müssen wachen, da die Finders uns überfallen wollen.“
    „Sie sind davon also wirklich überzeugt, Herr Hawkens?“
    „Ja. Irgend jemand, der am frühen Morgen nach der Schenke kommt oder an derselben vorübergeht, wird ihr Rufen hören und sie befreien. Dann setzen sie sich auf die Pferde, um uns nachzureiten.“
    „Nach Tucson?“
    „Fällt ihnen nicht ein. In dieser Stadt lassen sie sich ganz gewiß nicht sehen. Sie werden Tucson umreiten und dann unsern Wagengeleisen folgen, bis sie bemerken, daß wir Lager gemacht haben. Um von uns nicht bemerkt zu werden, halten sie an und warten, bis es Nacht geworden ist. Um ja nichts zu verabsäumen, habe ich ihnen die Munition genommen; doch sind sie gewiß so klug, sich in San Xavier del Bac mit neuer zu versorgen, was ihnen freilich nicht leicht werden wird, da ich nicht glaube, daß dort viel zu haben ist. Also folgen Sie meinem Rat und steigen Sie in einen Wagen!“
    „Danke! Ich schlafe nicht.“
    „Warum aber nicht?“
    „Weil während eines solchen nächtlichen Rittes die schönsten musikalischen Gedanken kommen. Ich mache da Studien für meine Oper. Vielleicht lasse ich gleich im ersten Akt einen solchen Ochsenwagenzug über die Bühne gehen, was beim Schein einer kleinen Mondessichel einen ganz besonderen Eindruck machen muß, zumal die Instrumente dabei das Knallen der Peitschen, das Brüllen der Ochsen und das Knarren der Räder nachzuahmen haben.“
    „Möchte dabei sein!“ sagte Sam im ernsthaftesten Ton. „Muß ein außerordentlicher Kunstgenuß sein! Also machen Sie Ihre Studien und bleiben Sie meinetwegen wach. Aber werfen Sie sich denn immerwährend so bald nach vorn und bald nach hinten? Das muß Sie doch ungeheuer ermüden!“
    „Allerdings; aber es ist leider nicht zu umgehen.“
    „Nicht zu umgehen? Unbegreiflich! Wieso denn? Es strengt natürlich auch das Pferd an und macht es kaputt.“
    „Kann nicht anders, bester Herr Sam. Ich komponiere immerwährend und immerfort, selbst jetzt, während ich mit Ihnen spreche. Indem mir nun die Melodien durch das Gehirn erklingen, muß ich sie nach ihrer Taktart prüfen. Dazu gehört eigentlich ein sehr empfindliches Instrument, welches Mälzels Metronom oder Taktmesser genannt wird. Da ich dasselbe aber unmöglich durch den wilden Westen mit mir führen kann, so habe ich ein weit bequemeres und praktischeres Metronom erfunden, indem ich mich in ganz regelmäßigen Intervallen im Sattel hin und her

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