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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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I
Die Quel­le der Skaard­ja
     
     
     
    Der Re­gen hat­te Po­ny und Rei­ter über­rascht, als sie schon fast in Sicht­wei­te der Burg wa­ren. Bin­nen we­ni­ger Au­gen­bli­cke wur­de der Wind zum Sturm und riss die herz­för­mi­gen Blät­ter der Ja­la­bäume von den Äs­ten. Der Rei­ter zog sei­nen Man­tel fes­ter um die Schul­tern und die Ka­pu­ze tief ins Ge­sicht. Dann rief er »He!« und drück­te dem Po­ny die Fer­sen in die Flan­ken. Es keuch­te und stol­per­te be­reits, als sie end­lich den Wald­rand er­reich­ten.
    Vor ih­nen er­streck­te sich ein Hü­gel, auf dem sich Gis­lans Burg er­hob. An kla­ren Ta­gen schim­mer­ten ih­re Mau­ern wie Perl­mutt, wes­halb die Wald­be­woh­ner sie »Re­gen­bo­gen­burg« nann­ten. Un­ter dem wol­ken­ver­han­ge­nen Him­mel wirk­te das Ge­mäu­er je­doch stein­grau und matt.
    Vor dem Re­gen ge­schützt stan­den zwei Wach­pos­ten un­ter dem Bo­gen des Haupt­to­res. Sie tru­gen Män­tel aus hel­lem Le­der und stütz­ten sich auf ih­re Kampfs­pee­re. Re­gungs­los be­ob­ach­te­ten sie den Rei­ter, der in kur­z­em Trab auf sie zu­hielt.
    »Sieht nicht aus, als käme er aus Ta­na«, sag­te der Äl­te­re.
    »Wahr­schein­lich ist es wie­der ei­ner der Wald­leu­te aus den La­gern. Ver­gan­ge­ne Nacht ha­ben hier be­reits meh­re­re vor­ge­spro­chen.«
    Schlit­ternd kam das Po­ny vor ih­nen zu ste­hen. Der Rei­ter sprang von sei­nem Rücken und knick­te in den Kni­en ein, als sei­en sei­ne Bei­ne vom lan­gen Ritt zu schwach. Er war zier­lich und ging den Wa­chen ge­ra­de bis zur Schul­ter. Als er die Ka­pu­ze in den Nacken schob, sa­hen die Wa­chen ein fei­nes, scharf­ge­schnit­te­nes Ge­sicht, in dem die grü­nen Au­gen vor Über­mü­dung groß und glü­hend wirk­ten. Das brau­ne Haar kleb­te nass an der Stirn. Der jün­ge­re Wäch­ter be­trach­te­te den Le­der­sat­tel. Die ein­ge­ritz­ten Zeich­nun­gen stell­ten mäch­ti­ge Ran­jögs mit schwar­zen Hör­nern dar. Das deu­te­te dar­auf hin, dass tat­säch­lich ein Wald­mensch vor ih­nen stand, viel­leicht ein Ran­jög­jä­ger, ob­wohl der Jun­ge für ei­ne so ge­fähr­li­che Auf­ga­be ei­gent­lich noch zu jung war.
    »Ich muss zur Kö­ni­gin!«, sag­te der Rei­ter oh­ne Um­schwei­fe. Der äl­te­re Wach­pos­ten lach­te.
    »Das wol­len vie­le. Du kommst zu ei­ner un­güns­ti­gen Zeit.«
    »Ich war ein­ein­halb Ta­ge un­ter­wegs und muss so­fort zur Kö­ni­gin.«
    »Wo kommst du her?«
    »Aus dem Tjärg­wald nord­öst­lich der al­ten Stein­burg. Ich ha­be ei­ne Bot­schaft.«
    »Du bist sehr weit ge­rit­ten. Was ist das für ei­ne Bot­schaft?«
    »Das kann ich nur der Kö­ni­gin selbst sa­gen«, er­wi­der­te der Rei­ter. Sei­ne Au­gen fun­kel­ten. »Sie kennt mich.«
    Er streck­te sei­ne Hand vor und zeig­te den Wäch­tern einen Sil­ber­ring mit Gis­lans Sie­gel, dem Kopf ei­nes Pfer­des. Der äl­te­re Wäch­ter hör­te auf zu lä­cheln und nahm Hal­tung an.
    »Seid will­kom­men auf Gis­lans Burg, Herr. Geht in den Bur­g­hof und hal­tet Euch links – da kommt Ihr zu den Stal­lun­gen. Fragt dort den Stall­jun­gen nach ei­nem Nacht­quar­tier. Aber er­war­tet nicht, dass Ihr ei­ne schnel­le Au­di­enz er­hal­tet. Vie­le Wald­leu­te war­ten be­reits auf ein Ge­spräch mit der Kö­ni­gin und dem Rat.«
    Der jün­ge­re Wach­pos­ten öff­ne­te das Tor.
    Der Bo­te nahm sein Po­ny am Zü­gel, klopf­te ihm be­ru­hi­gend den Hals, als es scheu­te, und be­trat den Bur­g­hof. Er war leer. Re­gen sam­mel­te sich in un­zäh­li­gen Hu­f­ab­drücken.
    Flüch­tig sah der Bo­te sie sich an. Es wa­ren kei­ne Pfer­de aus dem Tjärg­wald, stell­te er fest. Die­se hier tru­gen Huf­ei­sen, al­so muss­ten sie aus der ber­gi­gen Re­gi­on mit har­tem Bo­den ge­kom­men sein, viel­leicht aus Lom bei den Süd­ber­gen.
    Ein Stall­jun­ge kam ihm ent­ge­gen­ge­rannt.
    »Will­kom­men auf Gis­lans Burg!«, rief er und mach­te ei­ne atem­lo­se Ver­beu­gung. »Steht nicht im Re­gen her­um, kommt in den Stall! Ich wer­de einen Die­ner ru­fen.«
    Ein Blitz zuck­te über den Him­mel, das Po­ny schrak zu­sam­men, doch es ließ sich in den Stall füh­ren. Wär­me und der Duft von Stroh schlu­gen ih­nen

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