Demonica 4.5 – Umarmung der Ewigkeit
1
Andrea Cole jagte Dämonen und Vampire schon, seit sie achtzehn war, also beinahe seit dem Tag, an dem sie das College geschmissen hatte und nach Hause zurückgekehrt war. Dort hatte sie mit eigenen Augen mit ansehen müssen, wie ihre Eltern von Dämonen in Stücke gerissen wurden. Das lag jetzt neun Jahre, einhundert Tötungen und zwei Dutzend gebrochene Knochen zurück. Es hatte ihr nie etwas ausgemacht, böse Kreaturen zu töten, nicht ein Mal. Aber heute Nacht war das anders.
Heute Nacht würde sie womöglich die Liebe ihres Lebens umbringen müssen.
Sie packte ihren Holzpflock mit solcher Kraft, dass sie überrascht war, ihn nicht brechen zu spüren. Völlig lautlos stieg sie die enge, feuchte Treppe hinunter, die zu einer unterirdischen Kammer unter der Villa des Milliardärs aus Oregon führte. Dieser menschliche Drecksack war mit Dämonen verbündet, die die Aegis, eine Vereinigung menschlicher Krieger, die die Welt vor dem Bösen beschützte, nun schon seit zwei Jahren beobachtete. Andreas Division, eine Spezialeinheit, die sich auf die Untersuchung von Vampiren konzentrierte, hatte all ihre Bemühungen darauf ausgerichtet, dem Treiben dieses Typen endlich ein Ende zu setzen, angefangen mit den Vampiren, denen er auf seinem Besitz eine Zuflucht bot.
Beziehungsweise darunter.
Vor Kurzem war ein Aegis-Wächter in den Eingeweiden der Villa verschwunden. Unter dem Vorwand, eine Lieferung der örtlichen Bäckerei vorbeizubringen, hatte Kaden ein wenig herumgeschnüffelt und tatsächlich Glück gehabt, als er den Butler dabei beobachtete, wie er in der Speisekammer ein geheimes Paneel öffnete. Er war dem Butler eine Treppe hinabgefolgt, während er mit leiser Stimme in ein verborgenes Mikrofon sprach und alles beschrieb, was er sah. Am Fuß der Treppe angekommen, befand er sich in einer riesigen Kammer, die mit Folterwerkzeugen, diversen vor Schmutz starrenden Zellen, Dutzenden Tunneln und – bedauerlicherweise – mehr Vampiren angefüllt war, als er zu bekämpfen imstande war.
Andrea hatte entsetzt mit angehört, wie Kaden überwältigt wurde. Als der Ton schließlich abgebrochen war, war etwas in ihr gestorben – und seitdem lebte und atmete sie nur noch für die Rache. Jetzt endlich schien die Gelegenheit dazu zum Greifen nah, denn in ebendiesem Moment schwärmten zwanzig bis an die Zähne bewaffnete Wächter aus, die drei verschiedene Missionen verfolgten.
Nummer eins: diesen Milliardärsabschaum Blake Alden zu finden. Nummer zwei: so viele Vampire wie möglich zu töten. Nummer drei: Kaden zu finden.
Kaden zu finden, damit Andrea ihn töten konnte.
Bei diesem Gedanken überkam sie eine Welle der Übelkeit. Vielleicht ging es ihm ja gut. Vielleicht hatten die Vampire ihn nicht gewandelt. Aber vielleicht machte sie sich auch einfach nur etwas vor, weil sie verdammt gut wusste, dass sie es getan hatten. Es machte Vampire an, Wächter zu foltern – oder, schlimmer noch, sie zu wandeln. Nichts amüsierte diese Blutsauger mehr, als einen Feind kopfüber in seinen schlimmsten Albtraum zu stürzen.
Vorsichtig stieg sie von der letzten Treppenstufe in einen gewaltigen, höhlenartigen Keller hinab. An den Steinwänden hingen widerwärtig aussehende Folterwerkzeuge. Der Boden bestand aus festgestampfter Erde, also handelte es sich nicht so sehr um einen Keller als vielmehr um eine Höhle, in deren Wände einige Zellen gegraben waren. Die Türen waren aus massivem Metall gefertigt und hatten als einzige Öffnung ein schmales Fenster auf Augenhöhe. Es war mit Stahlstäben gesichert.
Vor ihr lagen diverse Tunnel. Sie wäre jede Wette eingegangen, dass sie zu Dutzenden von Schlupfwinkeln und Ausgängen in ganz Portland führten. Hinter ihr verließen jetzt sechs weitere Wächter die Treppe.
»Komisch«, flüsterte Zach, einer der neueren Rekruten. »Hier ist ja gar keiner.«
»Vielleicht haben sie einen Tipp bekommen.« Andrea näherte sich den Zellen. »Oder es ist eine Falle, und sie haben sich versteckt. Seid bloß vorsichtig.«
Zack und die anderen verschwanden in den Tunneln, während Andrea zurückblieb, um ihre unmittelbare Umgebung zu sichern. Die erste Zelle war leer, bis auf ein Paar Handschellen, das einsam und traurig an einer Kette baumelte. Die zweite war von einem spindeldürren Dämon in Mannsgröße belegt, der zitternd in einer Ecke kauerte. Ein Kollege würde sich später um diese jämmerliche Kreatur kümmern.
Sie ging weiter. Plötzlich verlangsamte sie ihre Schritte, und ihre
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