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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und zwar sehr oft sein Leben für sein Pferd gewagt! Und mit welcher Liebe hing er an seinem Gewehr, jenem toten, seelenlosen Gegenstand, dem seine dankbare Phantasie dennoch eine Seele beilegte. Er hungerte und dürstete, um vor allen Dingen sein Pferd fressen und saufen zu lassen, und sah erst auf sein Gewehr, ehe er an sich selber dachte. Er gab beiden Namen wie menschlichen Personen und sprach mit ihnen wie mit Menschen, wenn er einsam, nur mit ihnen allein sich in das Gras der Prärie oder in das Moos des Urwaldes gelagert hatte. Zu dieser Art von Westmännern gehörte Sam Hawkens. Die Rauheit seines wilden Lebens hatte sein Herz nicht verdorben, er war trotz derselben ein gemütvolles, aber dabei außerordentlich schlaues Kind geblieben.
    Was er erwartet hatte, das geschah: Buttler war aufgestanden, kam herbei, pflanzte sich gebieterisch vor dem Tisch, an welchem die drei saßen, auf und sagte, ohne sie zu grüßen, in höhnischem Ton: „Wie prächtig ihr euch ausnehmt, Leute! Ihr scheint höchst sonderbar, höchst lächerliche Drillinge zu sein!“
    „Yes“, nickte Sam sehr ernsthaft und sehr bescheiden.
    Dieses Eingeständnis klang so komisch, daß Buttler laut auflachte und, während seine Gefährten in das Gelächter einstimmten, fortfuhr: „Wer seid ihr denn eigentlich?“
    „Ich bin der erste“, antwortete Sam.
    „Ich der zweite“, fügte Dick Stone hinzu.
    „Und ich der dritte“, stimmte Will Parker ein.
    „Der erste, der zweite, der dritte? Was denn?“ fragte Buttler, nicht gleich wissend, was sie meinten.
    „Na, Drillinge natürlich!“ antwortete Sam mit außerordentlicher Treuherzigkeit.
    Ein zweites, allgemeines Gelächter folgte diesen seinen Worten. Buttler war geschlagen; darum fuhr er den Kleinen unwillig an: „Macht keine dummen Witze! Ich bin gewohnt, ernsthaft mit mir verkehren zu lassen. Daß ihr nicht Drillinge sein könnt, sieht man ja. Ich wollte eure Namen wissen. Heraus damit also!“
    „Ich heiße Grinell“, antwortete Sam kleinlaut.
    „Und ich Berry“, gestand Dick furchtsam.
    „Und ich White“, stieß Will sehr ängstlich hervor.
    „Grinell, Berry und White“, meinte Buttler, „eure Namen kenne ich jetzt. Nun sagt mir auch, was ihr seid!“
    „Fallensteller“, erklärte Sam Hawkens.
    „Fallensteller?“ lachte der Examinator. „Ihr seht mir ganz und gar nicht so aus, als ob ihr jemals einen Biber oder ein Racoon gefangen hättet!“
    „Haben auch noch nicht“, gab der kleine Sam bescheiden zu.
    „Ah, habt noch nicht! Wollt also wohl erst?“
    „Yes.“
    „Gut, sehr gut! Wo kommt ihr denn her?“
    „Von Castroville unten herauf.“
    „Was habt ihr dort getrieben.“
    „Einen Kleiderladen, Kompagniegeschäft zu dreien.“
    „Soso! Ist wohl schlecht gegangen?“
    „Yes. Haben ein wenig Bankrott gemacht; hatten zu viel ausgeborgt, Kredit gegeben, aber keinen bekommen.“
    „Richtig, richtig! Haben es euch gleich angesehen, daß ihr pleite gehen müßt. Also Kleiderhändler, vielleicht gar Schneider. Drei Schneider, die aus Ungeschick in die Pleite gefallen sind und nun den außerordentlich klugen Gedanken gefaßt haben, sich als Trapper wieder aufzuhelfen! Hört ihr es?“
    Diese Frage war an seine Genossen gerichtet, welche dem Gespräch mit ironischem Behagen zuhörten. Sie ließen ein drittes, schallendes Gelächter hören. Sam Hawkens aber rief scheinbar zornig: „Ungeschick? Da irrt Ihr Euch gewaltig, Sir. Wir wußten wohl, woran wir waren. Aus der Pleite mußte natürlich für uns etwas abfallen, sonst hätten wir sie nicht gemacht.“
    Er zog seinen bockledernen Jagdrock vorn auf, klopfte auf seinen breiten Gürtel, daß es metallisch klang, und fügte stolz hinzu: „Hier sitzen die Moneten, Sir!“
    Das Gesicht Buttlers nahm den Ausdruck eines Raubvogels an, der nach Beute ausspäht, und in möglichst unbefangenem Ton fragte er: „Ihr habt Moneten? Dann seid ihr freilich klüger gewesen, als ihr ausseht. Wieviel hat euch denn der Bankrott eingebracht?“
    „Über zweitausend Dollar.“
    „Die tragt ihr bei euch?“
    „Yes.“
    „Die ganze Summe?“
    „Yes.“
    „Auf der Reise, in dieser unsicheren Gegend!“
    „Pshaw! Wir haben Waffen.“
    „Die würden euch verteufelt wenig nützen. Wenn zum Beispiel die Finders kämen, die würden euch drei Schneider ausbeuteln, ehe ihr nur Zeit fändet, die Augen aufzumachen. Warum habt ihr das viele Geld nicht lieber einer Bank anvertraut?“
    „Werden es noch tun.“
    „Wo?“
    „Droben in

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