100 Bauernregeln
Netze eindeutige Hinweise auf den Fortbestand freundlichen Wetters oder auf kommendes schönes Wetter. Fertigt die Spinne dagegen nur kleine Netze oder gar keine, steht ein Wetterumschwung mit Regen und stärkerem Wind bevor.
Mit dem Nahen eines Tiefs oder dessen Ausläufern wird die herantransportierte Luft zunehmend feuchter. Nun vermag der in den Fangnetzen der Spinne verwobene Faden, auch als Spinnenseide bekannt, sehr effizient Wasser zu »sammeln«. Er kann der Luft hervorragend Feuchtigkeit entziehen. Die hydrophile Eigenschaft der Spinnenseide, die, bezogen auf ihr Gewicht, um das Vierfache belastbarer als Stahl ist, beruht auf deren Mikrostruktur. So wechseln sich am Spinnenfaden zur Kondensation bestimmte Abschnitte mit Wasser sammelnden Abschnitten ab.
Die Spinnenseide, die sich um das Dreifache ihrer Länge dehnen lässt, gilt trotz ihres Wasseraufnahmevermögens, das mit dem von Wolle zu vergleichen ist, als wasserfest. Offenbar vermag die Spinne, die ja in der Lage ist, ihre eigenen Spinnfäden zu fressen, festzustellen, wie wasserhaltig diese sind. Nimmt die Spinnenseide, die das Tier über ihre Spinndrüsen produziert, sehr schnell Feuchtigkeit auf, so unterbricht sie sofort den geplanten Netzbau. Bleibt die Spinnenseide aber trocken, dann hat die Spinne keine Bedenken, den Netzbau fortzusetzen. Möglicherweise spürt die Spinne auch ohne diesen »Spinnenseidentest« eine Wetterverschlechterung oder Wetterbesserung anhand der zunehmenden oder abnehmenden Luftfeuchtigkeit.
Regel-Variationen
»Wenn die Spinne morgens spinnt, am Tag gewiss kein Regen rinnt.«
»Ist die Spinne träg zum Fangen, Gewitter bald vom Himmel hangen.«
»Reißt die Spinne ihr Netz entzwei, kommt der Regen bald herbei.«
»Wenn die Spinnen im Regen spinnen, wird es nicht lange vom Dache rinnen.«
Nun heißt es in einem Sprichwort: »Wenn die Spinne ihr Netz zerreißt, kommt schlechtes Wetter allermeist.« Ob nun die Spinne bei bevorstehender Wetterverschlechterung wie in dem Sprichwort ihr Gespinst tatsächlich selbst zerstört oder der zunehmende Wind ihr zuvorkommt, sei dahingestellt. Trotz kleiner Ungereimtheiten, welche die Wissenschaft noch klären möge, steht fest, dass aus dem Verhalten der Spinne sich häufig zutreffende Rückschlüsse auf die weitere Entwicklung des Wetters ziehen lassen. Das belegen Beobachtungen vieler Naturfreunde, welche die hierzulande am häufigsten vorkommenden Spinnenarten wie die Hausspinne und die Garten-Kreuzspinne unter die Lupe genommen haben.
Unter dem Gesichtspunkt, dass das Leben der Spinnen sehr klima- und wetterexponiert abläuft und aus diesem Grund ein rechtzeitiges Wahrnehmen meteorologischer Entwicklungen für sie eine wirkliche Existenzfrage darstellt, lässt sich der Wert dieser überlieferten Wetterregel gar nicht hoch genug einschätzen.
»Kräht der Hahn auf dem Mist, bleibt’s Wetter wechselhaft, wie’s ist; doch kräht er auf dem Hühnerhaus, hält’s schöne Wetter noch ein Weilchen aus.«
Keine Scherzregel! Auf dem Speiseplan von Hahn und Hühnern stehen unter anderem Würmer und Insekten. Bei unbeständigem Schauer- und Regenwetter halten sich diese Futtertierchen in der relativ feuchten Oberschicht des Misthaufens auf. Bahnt sich Hochdruckwetter an, dreht der Wind über Nord auf Ost. Wind aus östlicher Richtung führt jedoch Luft heran, die einen nur geringen Wasserdampfgehalt aufweist, woraus ein größerer »Verdunstungshunger« der Atmosphäre resultiert, sprich: sie entzieht ihrer Umgebung Feuchtigkeit. Trocknet die Oberschicht bei reichlich Sonnenschein und Ostwind aus, ziehen sich die Kleinlebewesen in tiefere Schichten des Misthaufens zurück, sodass das scharrende Federvieh sie nicht erreichen kann. Hahn und Hühner verlieren bei schönem Wetter nach und nach ihr Interesse am Misthaufen und suchen sich andere Verweilstätten aus. Da schönes Wetter häufig eine gewisse Stabilität aufweist, lässt sich aus dem Aufenthalt des Hahnes auf dem Dach des Hühnerhauses eine oft stimmende Schönwetterprognose ableiten. Die Regel weist einen recht hohen Verlässlichkeitsgrad auf. Der Hahn gilt übrigens als Symbol der Wachsamkeit und des Sonnenaufgangs. Und noch ein meteorologischer Bezug lässt sich herstellen: als Wetterfahne zeigt er auf Kirchturmspitzen die Windrichtung an.
Regel-Variation
»Wenn der Gockel auf dem Mist spaziert, der Himmel weiteren Regen gebiert; doch verlässt gelangweilt der Hahn seinen Mist, auch morgen bei Sonnenschein dort er
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