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100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten

100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten

Titel: 100 Dinge, die Sie einmal im Leben gegessen haben sollten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Schoenberger , Joerg Zipprick
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Verzeihung: Schnecke, die sich wenn möglich noch bewegt: Testweise einfach ein wenig Salz daraufstreuen, dann zieht sie sich zusammen. Eine gute Abalone ist dick und schwer. Die blaugrünen Exemplare schmecken laut Aida besser als Sashimi, also roh und hauchdünn geschnitten, die roten sind gegrillt schmackhafter. Leider kann der Koch in Europa die Seeohren nur kistenweise erwerben und nicht, wie in Japan, Stück für Stück auswählen. Außerdem sind sie hier kleiner und teuerer: Gut 1,50 Euro kostet eine Winzportion den Wirt schon im Einkauf – Tendenz steigend. Koji Aida entscheidet sich bei Ansicht der Ware spontan, wie er die Abalone zubereiten wird. Im Grunde wählt er zwischen drei Methoden: Roh als Sashimi, gegrillt oder gedämpft. Für das Sashimi ruht die Abalone auf Holzkohle und wird mit Zeitungspapier abgedeckt. So bleibt sie länger frisch und behält ihren Meeresgeschmack. Anschließend wird sie einfach vor den Kunden in feine Streifen zerteilt. Beim Grillen gibt es schon mehrere Rezepte: Zuerst sollten Seeohren wie für Sashimi aufbewahrt werden. Am frühen Morgen werden sie ausgelöst, der Nerv entfernt. Anschließend reibt man sie mit Salz ein, wäscht dann das Salz wieder ab und reinigt die Muschel gründlich. Nach einer kurzen Wartezeit wird sie gegrillt. Jetzt schmeckt die Abalone nicht mehr nach Meer, hat aber einen kräftigeren Eigengeschmack.
    Schließlich die Dampfgarung: Dafür wird die Muschel gewaschen, mit Salz abgerieben und nochmals gewaschen. Anschließend wird die Abalone eingelegt, in eine Mischung aus Sake und Kombu-Algen. Dazu nutzt Koji Aida Junmai-Shu, eine Sake-Variante aus purem Reis, bei der keinesfalls Alkohol zugesetzt werden darf. Durch die Abreibung mit Salz hat die Muschel viel Feuchtigkeit verloren. Sie saugt sich dadurch regelrecht mit dem Sake voll, der sogar bis in die Leber der Schnecke einzieht. »Das ist eine Art Seeohren-Foie gras«, sagt Aida. Anschließend gart er sie sechs Stunden im Dampf. Oft legt er den japanischen Rettich Daikon dazu, das macht die Abalone zarter. Und fast immer wandelt er das Rezept im letzten Moment ab, mit Wein, Sake oder Tee. Für ihn gibt es nämlich keine beste Küche, sondern nur eine Küche, die am besten zum jeweiligen Kunden passt.

Anchovis
    Das Gourmet-Geheimnis dieser salzigen Sardellen hat sich mir bisher trotz mehrfacher Versuche noch immer nicht wirklich erschlossen. Einen kleinen Fisch zwei Jahre lang in Salzlake der natürlichen Zersetzung anheimfallen zu lassen – oder stimmt das vielleicht gar nicht? –, klingt ausgefuchst, raffiniert und von großer Erfahrung gespeist. Irgendwie ist das aber nicht so ganz nach meinem Geschmack. Ich habe schon lange den Verdacht, dass Anchovis für Männer gemacht sind – die mögen diese scharfe, völlig übersalzene Sache fast alle gern. Für Wirte ist das gewiss genial, weil die Gäste gehörig Durst entwickeln. Gibt es da bei Männern genetisch bedingte Erinnerungen an wilde, zur See fahrende Ahnen, in deren Fässern an Bord nicht das Wasser faulte, wohl aber die Anchovis vor sich hin »reiften«?
    Habe ich bisher nur die falsche Sardellenart probiert? Mittelmeerfischer sollen ein sehr besonderes Anchovis-Brotaufstrich-Rezept kreiert haben, und es muss wohl auch einen Grund geben, warum es ein sehr beliebtes, skandinavisches Anchovis-Gericht gibt. Wobei die skandinavische Sardellen sehr viel milder schmecken sollen. Was also habe ich bisher übersehen?
    Hat hier jemand das Entsalzen vergessen? Die Salzanchovis gehören mindestens eine Stunde lang ins kalte Wasser – das natürlich alle 15 Minuten gewechselt werden muss. So zumindest hat es mir ein Anchovisfabrikant erklärt. Konservierung von Lebensmitteln dank Salz ist eine alte Kulturtechnik. Die Art und Weise, wie gute Anchovis eingelegt werden, hat sich über die Jahrhunderte nicht verändert. Spätestens zwölf Stunden nach dem Fang werden die Fischchen in Salzfässern von 200 Kilo Fassungsvermögen gelagert. Nach ein paar Tagen werden Kopf und Innereien entfernt, die Anchovis nach Größe sortiert und dann in Fässern gestapelt: Eine Schicht Salz, eine Schicht Anchovis, eine Schicht Salz … und so weiter. Verschlossen werden diese Fässer mit gewichtigen Deckeln von 22 bis zu 40 Kilo. Sie sorgen dafür, dass die 15–20 cm langen Fischleiber ordentlich vom Salz durchzogen werden. Jetzt heißt es 100 Tage warten. Dann werden die Fische getrennt: »Anchovis in Salz« legen die Hersteller einfach in mit frischer Lake

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