1000 - Das Schwert des Salomo
schwebender Blutstropfen.
Armand schaute mich durch den Rauch kalt an. Bisher war nichts geschehen, aber ich brauchte nicht lange zu raten, um zu wissen, was dieser Mensch mit mir vorhatte. Er ließ sogar seine Waffe verschwinden, als er sich niederhockte.
»Nun?« fragte er.
Beide Köpfe befanden sich in einer Höhe. Wir konnten uns in die Augen schauen.
»Nun, Sinclair, bleibst du noch immer bei deiner Version?« Während er sprach, drehte er den Zigarillo zwischen Daumen und Zeigefinger. Sehr intensiv betrachtete er die Glut. Schielte dabei auch zur Seite, um mich ansehen zu können.
Ich schwitzte stark. Der Rauch stieg mir in die Nase, ich hatte mich deshalb etwas zurückgelehnt, und der Hundesohn vor mir nickte mir locker zu.
»Ich warte auf Antwort, Sinclair.«
»Ja.«
»Wie – ja?«
»Ich habe mit dem Mönch gesprochen. Ich mußte es tun, es ist einfach über mich gekommen und…«
Sein scharfes Lachen unterbrach mich. »Beichten kannst du auch bei uns«, erklärte er dann. »Aber wir wollen immer die Wahrheit wissen. Oft schreien die Leute, aber letztendlich sind wir die Sieger. Nur schade, daß man sie immer erst darauf stoßen muß. Bei dir ist es auch nicht anders.«
Er hatte genug geredet und handelte.
Die Hand mit dem Zigarillo zuckte nicht vor, sie war überhaupt nicht schnell. Die glühende Spitze näherte sich langsam meiner linken Schulter.
Ich spürte die Wärme.
Ich krampfte mich innerlich zusammen, biß die Zähne aufeinander, wollte nicht schreien, aber ich wußte, daß diese Folter weh tat.
»Nun?« Er zögerte dicht vor der Berührung. Wollte mir eine letzte Chance geben. Die Glut an der Spitze war wie ein böses Auge.
»Nein«, würgte ich hervor. »Es ist…«
»Dein Pech«, sagte er.
Nur um drei, vier Zentimeter brauchte er die Glut nach vorn zu drücken. Dann erwischte sie mich.
Die Glut biß in meine Haut, und ich hielt den Atem an. Kein Laut drang aus meiner Kehle, doch der Schmerz hatte es in sich. Qualen, die ich niemandem wünschte.
Die Schmerzen durchrasten meinen Arm, auch dann noch, als Armand seinen Zigarillo wieder zurückgezogen hatte.
Er hockte noch immer vor mir und gab sich locker. Auf den Ballen wippte er leicht hin und her, nahm einen Lungenzug und ließ den Rauch durch die Nase strömen. »Ich kann die Glut noch mehr anheizen«, erklärte er mir, bevor er nickte. »Es war nur ein Vorspiel. Trotzdem, Sinclair, Kompliment, du bist zäh. Du hast nicht geschrien. Ich kenne andere, die ihre Not und Qual herausbrüllen.«
Mich hatte ein sagenhafter Zorn gepackt, der mich den Schmerz einfach vergessen ließ. Dieser Zorn mußte einfach raus, und deshalb sagte ich keuchend: »Sie können es mal an sich selbst ausprobieren.«
Armand lachte. »Sieh dir mal mein Gesicht an, Sinclair. Woher stammen wohl die Narben? Ich habe diese Hölle schon durchgemacht. Ist noch nicht lange her. War auf dem Balkan, aber ich habe es überstanden. Bei dir aber sehe ich schwarz.« Er nahm wieder einen Zug und ließ den Rauch genüßlich ausströmen. »Stell dir mal vor, Ducru, er war noch immer beichten.«
»Ja, ich hörte es.«
»Schlecht für ihn, wie?«
Ducru amüsierte sich. »Wieso schlecht? Dann geht er eben sündenlos ein in die Hölle.«
»Da hast du recht. Aber einen Vorgeschmack auf die Hölle werden wir ihm schon hier geben.«
»Wie schön. Stufe zwei?«
»Genau, Ducru, Stufe zwei.«
»Was heißt das?« flüsterte ich, froh darüber, daß der Schmerz in meinem Arm etwas abgeebbt war. Auf der linken Schulter war ein rotbrauner Fleck zurückgeblieben.
Armand nickte mir zu. »Ich will es dir erklären. Die Schulter anzubrennen, ist ja noch harmlos. In der Stufe zwei kümmern wir uns um deine Lippen.« Er demonstrierte es, indem er lächelte. »Es gibt dann die Stufe drei. Willst du mehr wissen?«
»Nicht nötig«, sagte ich krächzend.
»Doch, Sinclair, doch. Ich bin nicht so. Ich werde dir auch die Stufe drei erklären. Nach dem Mund sind vor allen Dingen die Augen wichtig. In der Stufe drei werde ich sie dir nacheinander ausbrennen. Du kannst sogar wählen, ob du zuerst das linke verlieren willst oder das rechte. Die Wahl lasse ich dir, Sinclair.«
»Danke.«
Er wiegte den Kopf. »Bis zur Stufe zwei sind wir schon gekommen, Sinclair. Auch wenn du jetzt sprechen willst, du hast uns schon so lange hingehalten, daß es auf die paar Minuten auch nicht mehr ankommt. Ich werde mir deine Lippen vornehmen.«
Ich zuckte zurück.
»Nicht bewegen!« zischte
Weitere Kostenlose Bücher