1000 - Das Schwert des Salomo
nicht leisten, mich allein zu lassen. Die Glut des Zigarillos hatte zwar geschmerzt, mich aber nicht kampfunfähig gemacht.
Wir hörten wieder etwas.
Diesmal mußten es Schritte sein, deren Echos sich ungehindert ausbreiten konnten. Zwar wurden die Füße nicht zu hart aufgesetzt, aber zu hören waren die Geräusche trotzdem.
Dann brachen sie ab.
Schluß.
Stühle!
Armand fing an zu schwitzen. Mit der freien Hand wischte er über sein Gesicht. Er glotzte mich an. Diesmal tat ich nichts, um ihn zu reizen, denn er sollte auf keinen Fall übernervös reagieren und abdrücken.
»Jetzt hast du es gehört, wie?«
Ich nickte.
Armand überlegte einen Moment. »Bist du wirklich allein, Sinclair?«
»Ja. Oder haben Sie jemanden gesehen.«
»Nicht hier, aber dort vielleicht, wo Ducru hingelaufen ist.« Seine Augen bekamen einen kalten Glanz. Es war zu spüren, daß sich die Lage wieder verschärfte.
Der Mann kam auf mich zu. Er hatte die Waffe etwas gekippt. Jetzt zielte er auf meinen Kopf. »Sag die Wahrheit!« forderte er mich auf.
»Sag in den nächsten Sekunden die ganze, verdammte Wahrheit. Sonst ist es mir egal, was ich tue!«
»Hätte ein Freund denn die Folter zugelassen, wenn er hier gewesen wäre?«
»Er hatte ja keine Chance!«
Das stimmte irgendwo auch. Darauf ging ich nicht ein. Etwas hatte mich abgelenkt. Ich befand mich in einer besseren Position als der Killer, denn ich konnte schräg an ihm vorbeischauen.
Und dort kam jemand.
Ich erlebte einen Moment, in dem ich mich wahnsinnig beherrschen mußte. Auf keinen Fall durfte ich etwas Falsches tun, denn was sich meinen Augen präsentierte, das war schaurig, schrecklich, aber auch hoffnungsvoll zugleich.
Donata kam.
Bisher hatte sie bei unseren Begegnungen immer beide Hände freigehabt. Nun nicht mehr, denn sie umklammerte mit der linken Hand den Kopf des Killers Ducru, und sie hatte ihn mit dem Schwert abgeschlagen, das sie in der rechten trug. An der hellen, etwas golden schimmernden Klinge klebte noch frisches Blut, und es tropfte auch aus dem Halsstumpf zu Boden. Sie also hatte mich gerettet, und sie hatte es eben auf ihre Art und Weise getan.
Mein Erstaunen mußte bei mir einen Schock und eine damit verbundene Veränderung am Körper und im Gesicht ausgelöst haben, denn Armand wurde aufmerksam.
»Was ist los mit dir?«
»Sieh nach links!« flüsterte ich nur.
Erst wollte er nicht, dann aber schien er überzeugt zu sein, daß ich ihn nicht reinlegen würde, und er drehte den Kopf.
Auch er sah Donata.
Er stand still.
Ich hörte ihn ächzen.
Dann fing er an zu zittern.
Mich hatte er vergessen, so daß ich endlich meine schmerzenden Arme wieder senken konnte.
Donata aber kam näher. Sie lächelte wissend und grausam. Ja, das mußte man sagen.
Auf einmal schrie Armand auf.
Und dann schoß er!
***
So schnell wie möglich jagte er die Kugeln aus der Mündung. Normale Schußgeräusche waren nicht zu hören, nur dieses in der Kirche lauter schallende Plopp!
Die Kugeln trafen.
Trotzdem trafen sie nicht.
Sie jagten durch die Gestalt hindurch. Sie hieben gegen den Boden, als Querschläger turnten sie durch die Kathedrale, und eine Kugel erwischte auch den Kopf seines Partners. Sie fuhr schräg in die Wange hinein und durchstieß das rechte Auge. Jetzt hatte er es verloren.
Donata kümmerte sich nicht darum. Sie setzte ihren Weg fort, und Armand wußte auch, daß er damit gemeint war. Er wich aus, als ihm klargeworden war, daß er mit Kugeln nichts ausrichtete. Mich hatte er vergessen. Er dachte nur an sich, an seine Flucht, denn er wollte das Schicksal seines Partners nicht erleiden.
Hinter uns befand sich der Beichtstuhl. Ein gongartiger Laut erklang, als Armand gegen das Gehäuse stieß, das für Pater Angares zu einem Sarg geworden war.
Der Killer stieß sich wieder ab. Sein Gesicht war nur noch eine Fratze der Angst, er wollte endlich weg, stieß sich ab und wurde plötzlich schnell. Seitlich versuchte er, an Donata vorbeizulaufen, die damit gerechnet hatte.
Sie hob das Schwert an.
Nicht mal sehr hoch, und dann wuchtete sie die Klinge aus dem Handgelenk heraus nach vorn. Sie jagte wie ein breiter Metallstreifen auf den Killer zu, der versuchte, ihr mit einem verzweifelten Sprung zur Seite zu entwischen.
Das schaffte er nicht mehr.
Die Schwertklinge traf ihn mitten im Lauf. Sie bohrte sich durch seinen Körper. Für mich sah es aus, als wollte sie ihn aufspießen.
Ich drückte meinen Kopf nach unten. Das Sterben des Mannes zu
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