1.000 Euro für jeden
eher vergnügt auf
diese Vorstellung.
Doch nicht nur die Geschlechterverhältnisse ändern sich.
Auch viele andere gewohnte Aspekte der Lebenswelt wären plötzlich in Frage
gestellt. Kündigungsschutz könnte eine andere Bedeutung bekommen, weil ja die
Existenz aller Menschen grundsätzlich gesichert wäre, auch wenn man den Job
verlieren würde. Überhaupt wären lebenslange Beschäftigungsverhältnisse und
daraus abgeleitete Rechte zu hinterfragen, etwa wofür genau wir noch Beamte
brauchen, denen der Staat derzeit noch eine besonders gesicherte Stellung
zugesteht. Wenn alle Menschen ein Grundeinkommen beziehen würden, müsste es
keine Privilegien für Einzelne geben. Klassische Biographien würden aufgebrochen,
weil Menschen mit der Sicherheit eines Grundeinkommens im Rücken etwa auf die
Idee kommen könnten, auch im höheren Alter noch eine Ausbildung zu machen, weil
sie ihren einmal gelernten Beruf nicht mehr befriedigend finden. Oder manche
gingen statt mit 60 vielleicht erst mit 76 in Rente, weil sie Vergnügen an
ihrer Arbeit hätten oder über mehr Geld verfügen wollten, für was auch immer.
Deshalb liegt die Frage nahe:
➠ Inwiefern werden sich die Lebens- und Arbeitswelten in unserer
Gesellschaft durch das Grundeinkommen verändern?
• Die wegfallende
Bedürftigkeitsprüfung irritiert und ärgert viele, die eine Gleichbehandlung aller Menschen
grundsätzlich mit dem Argument ablehnen, Menschen seien eben nicht alle gleich.
Sie fühlen sich durch die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens über einen
Kamm geschert. Vor allem RenterInnen hegen die Sorge, durch das
vereinheitlichende Grundeinkommen um die Früchte ihrer Lebensleistung geprellt
zu werden. Ein weiteres Problem stellen chronisch Kranke dar, die sehr viel
höhere Existenz- und Teilhabekosten zu tragen haben als gesunde; hier erscheint
es ungerecht, allen dasselbe Grundeinkommen auszuzahlen. Zu klären ist:
➠ Inwiefern wird in einer Grundeinkommensgesellschaft die Vielfalt
der Lebensansprüche und -möglichkeiten gesichert?
• Der Wegfall jeglichen
Arbeitszwangs treibt viele Menschen zu der Horrorvision, dass sich die Mehrheit der
Bevölkerung dann auf die faule Haut legt und nur noch eine Minderheit einer
Arbeit nachgeht. Aufgrund ausbleibender Arbeitsleistung bricht dann binnen
kürzester Zeit das gesamte Wirtschaftssystem in sich zusammen, so die
Vermutung. Andere Menschen hingegen fragen sich, ob das Grundeinkommen nicht
erst zur Arbeit beflügelt, die Arbeitsmotivation also wachsen wird, wenn man
nicht permanent von Existenzsorgen geplagt ist. Die Frage lautet demnach: Wird
unsere Arbeitsgesellschaft durch das Grundeinkommen zerstört? Oder anders
gefragt:
➠ Was tun Menschen, wenn sie nicht »müssen müssen«?
Warum ein Traum wahr
werden kann
Diesen vier
Fragenkomplexen werden wir uns auf den nächsten Seiten widmen. Es soll zunächst
darum gehen, was für das Grundeinkommen spricht, welche positiven Veränderungen
ein Grundeinkommen mit sich brächte und inwiefern diese erstrebenswert sind.
Wir möchten herausfiltern, was sich durch das Grundeinkommen ändern
würde – und was nicht. Denn obgleich vielen das bedingungslose
Grundeinkommen unvorstellbar ist, sind wir von der Grundeinkommensgesellschaft
in Wirklichkeit gar nicht weit entfernt. Die Frage, was Menschen tun, wenn sie
nicht müssen, wird schon oft genug in der Praxis beantwortet. Deswegen sind wir
überzeugt davon, dass das Grundeinkommen gesellschaftlich und ökonomisch nicht
nur keinen Schaden anrichten, sondern im Gegenteil unser Land beflügeln würde.
Die
Frage, inwiefern sich das Grundeinkommen auf unsere vielfältigen
Lebensansprüche und -möglichkeiten auswirkt, können wir nicht nur theoretisch,
sondern ganz praktisch beantworten. Wesentliche Elemente des Grundeinkommens
sind durchaus schon realisiert – nur unter anderem Etikett.
Die
Arbeitswelt ist eine gänzlich andere als die, die noch unsere Eltern kannten.
Zwar spricht die Politik noch unverändert von Vollbeschäftigung als Ziel ihrer
Bemühungen, doch Glauben schenkt ihr diesbezüglich niemand mehr. Längst haben
wir begriffen, dass es Vollbeschäftigung bestenfalls in den legendären
Wirtschaftswunderjahren gegeben hat, und da vor allem deshalb, weil die
Bevölkerung durch den vorausgegangen Krieg dezimiert war. Und auch in der
Blütezeit der keynesianischen Wirtschaftspolitik war die annähernde
Vollbeschäftigung keine echte, weil sie immer nur Männer meinte. Das Scheitern
des
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