1.000 Euro für jeden
Menschenbild
Über
tausend Menschen haben auf der genannten Webseite bereits Auskunft gegeben, was
sie tun würden. Und der Trend ist eindeutig: 89 Prozent wollen weiter
arbeiten, nur 11 Prozent wollen das nicht.
In
»Verflüssigungen« hat Adrienne Goehler dazu die Behauptung aufgestellt:
»Wirklich sozial wird eine veränderte und sich verändernde Gesellschaft erst,
wenn die Menschen nicht bedarfsbemessen werden, sondern sie selbst die
Bedingungen herstellen können, ihren je möglichen, eigenen, aktiven Beitrag
darin leisten zu können. Das könnten wir dann Kulturgesellschaft nennen.«
Natürlich
handelt es sich bei den Einträgen auf dieser Webseite um keine repräsentative
Auswahl. Denn diejenigen, die sich auf der Webseite www.waswuerdensietun.de zu
Wort melden, haben sich schon mit dem Gedanken eines bedingungslosen
Grundeinkommens befasst und eine Vorstellung davon, wie sie gern leben und
arbeiten würden. Und natürlich treffen wir auch bei unseren Vorträgen eher auf
ein vorgebildetes und interessiertes Publikum.
Trotzdem
scheint die weitverbreitete Annahme, dass niemand mehr arbeiten gehen würde, wenn
es ein bedingungsloses Grundeinkommen gäbe, haltlos. Amüsanter- und
interessanterweise wiederholt sich dieser Einwand dennoch in all unseren
Gesprächen und Veranstaltungen. Wenigstens einmal trägt jemand die klare
Überzeugung vor, das sei zwar alles ganz nett, aber völlig unrealisitisch und würde
unsere Solidargemeinschaft, unsere Ökonomie und unser Land zerstören, weil sich
bei einem bedingungslosen Grundeinkommen alle auf die faule Haut legen würden.
Wenn wir darauf die Frage stellen, ob sie oder er denn zu arbeiten aufhören
würde, kommt die Erwiderung im gleichen Brustton der Überzeugung: Sie
persönlich würden selbstverständlich weiterarbeiten, sogar dann endlich noch
sinnhafter arbeiten können, aber die anderen doch nicht!! Götz Werner pflegt daraufhin zu
resümieren: »Wir Menschen haben eben oftmals zwei Menschenbilder, ein gutes für
uns selbst und ein schlechtes für die anderen.«
Die
Zeitschrift brand eins belegte diese Spaltung per Umfrage: »Anteil der Menschen, der
versichert, auch mit einem bedingungslosen Grundeinkommen arbeiten zu gehen:
Neunzig Prozent. Anteil der Menschen, der glaubt, andere würden durch ein
bedingungsloses Grundeinkommen aufhören zu arbeiten: Achtzig Prozent.«
Es
scheint sich dabei um dasselbe Missverhältnis zwischen Selbstbild und Fremdbild
zu handeln wie im Straßenverkehr: Die meisten Autofahrer glauben, dass die
anderen Verkehrsteilnehmer schlecht Auto fahren, halten sich selbst aber für
gut. Und Männer finden natürlich noch zusätzlich, dass sie besser als die
Frauen fahren, auch wenn alle Statistiken dagegen sprechen.
Wenn
das Grundeinkommen genauso gut oder schlecht funktionieren würde wie der
Straßenverkehr, dann wären wir – bis auf einige Unfälle und gelegentliche
Staus – auf der sicheren Seite. Anders gesagt: Das Grundeinkommen mag die
Angst vor der »sozialen Hängematte«, in der die anderen liegen wollen, schüren,
aber nicht nur Millionäre machen die Erfahrung, dass nach einer gewissen Zeit
selbst noch so luxuriöses Faulenzen öde wird. Der Mensch ist auf Resonanzen
angelegt, er will nützlich sein, geliebt und gebraucht werden und gestalten.
Das alles schafft man durch bloßes Nichtstun nicht.
Unser
beider Menschenbild ist zweifellos ein optimistisches, und wir behaupten: Die
meisten Menschen, die heute arbeiten und sich für die Gesellschaft engagieren,
würden das auch nach dem Jahr null des neuen Grundeinkommen-Zeitalters tun.
Wenn am Ende doch die pessimistische Sicht auf die Menschen recht hätte und die
Mehrheit aufhören würde zu arbeiten, hätte sich das mit dem Grundeinkommen
ohnehin absehbar schnell erledigt. Dann können wir ja immer noch zum heutigen
Modell zurückkehren!
Menschen mit
Grundeinkommen –
Utopie? Nein, Realität!
Für die
positive, optimistische Sichtweise auf Menschen als Wesen, die nicht die
Mischung aus Belohnung und Bestrafung brauchen, um sich zu motivieren, sondern
auch dann für sich und eine Gemeinschaft arbeiten, wenn sie nicht müssen,
spricht die Tatsache, dass bereits heute zahlreiche Menschen ein Grundeinkommen
beziehen und trotzdem arbeiten. So im Fall des Lottogewinns, der existenz- und teilhabesichernd
ist: Er wird individuell ausgezahlt, er ist – bis auf die Tatsache, dass
man einen Lottoschein ausgefüllt haben muss – bedingungslos, und der
Lottogewinn
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