1.000 Euro für jeden
hat
sich in den letzten Jahren viel verändert. Die Zahl der Selbständigen steigt,
nicht immer ganz freiwillig, sondern weil es nicht mehr ausreichend viele
Erwerbsarbeitsplätze gibt. Meist reicht das Geld, das diese brauchen, um sich
mit nötigen Investitionen eine Existenz aufzubauen, nicht aus, um auch noch in
private Rentenversicherungen einzubezahlen, so dass die verbreitete Angst vor
Altersarmut zunehmend berechtigt ist.
Sie
treibt besonders viele Frauen um, die sich durch lange erwerbslose Zeiten, in
denen sie etwa Kinder aufgezogen oder ihre bedürftigen Eltern gepflegt haben,
um jeden Anspruch auf wirkliche Altersversorgung gebracht haben. Diesem Umstand
wird zwar inzwischen gesetzlich stärker Rechnung getragen – immerhin
werden Kindererziehungszeiten heutzutage so bewertet, als hätte der betroffene
Elternteil ebenso viel verdient wie der Durchschnitt aller Beschäftigten. Doch
als Erziehungszeit werden nur die ersten drei Lebensjahre des Kindes anerkannt,
und das auch nur für Kinder, die nach 1992 geboren wurden. Die heutige Renten-Generation,
deren Kinder allesamt vor 1992 geboren sind, kann sich maximal ein Jahr Erziehungszeit
anrechnen lassen, was Tausenden von Frauen, die ihr Leben überwiegend
entsprechend konservativer Familienkonventionen als Hausfrau und Mutter
verbracht haben, wie ein Hohn vorkommen muss. Sie bleiben abhängig von
Zahlungswillen und -fähigkeit des Ehemanns, der oft schon gar keiner mehr ist.
Bei einer Scheidungsquote von fünfzig Prozent gleicht es somit beinahe einem
Lottogewinn, wenn eine heute 70-Jährige auf einen finanzstarken Mann an ihrer
Seite vertrauen kann.
Was Menschen tun, die
finanziell
abgesichert sind
Wie die
Rentnerinnen und Pensionäre beziehen auch einige andere Personengruppen eine
Art von Grundeinkommen – unabhängig von Erwerbstätigkeit: Erben,
Mietshausbesitzer oder Börsenspekulanten etwa, die über so viel Vermögen
verfügen, dass sie von den Zinsen leben können. Und was tun Menschen, die
finanziell abgesichert sind? Sie arbeiten.
Die
meisten Menschen reden nicht über ihre Finanzquellen, erst recht nicht wenn
diese sprudeln, ohne dass sie auch nur einen Finger rühren müssen. Nur die
wenigsten haben sich vom Tellerwäscher zum Millionär hochgearbeitet, meist
entstehen große Vermögen auf Basis von bereits vorhandenem Vermögen. Ein Teil
der Gelder von Vermögenden fließt, auch um sie dem Fiskus zu entziehen, in
Stiftungen und ermöglicht in der Folge den geförderten Menschen ein bedingtes
und befristetes Auskommen.
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rechtsfähige Stiftungen gibt es derzeit in Deutschland, weitaus mehr als die
Hälfte ist in den letzten zehn Jahren entstanden. Offenbar ist es ein Trend,
erarbeitetes oder ererbtes Vermögen sinnstiftend einzusetzen und teilweise der
Gesellschaft zurückzugeben.
Einer
der Trendsetter ist Jens Mittelsten Scheid aus der Unternehmer-Dynastie
Vorwerk. Er gibt einen Teil seines Erbes weiter, unterstützt damit
gesellschaftlich relevante Projekte und Bewegungen. Mittelsten Scheid ist
Gründer der Stiftungsgemeinschaft anstiftung & ertomis und der
Stiftung Interkultur und wurde für all das 2010 mit dem Deutschen Stifterpreis
ausgezeichnet. Die Stiftungsaktivitäten ermutigen durch Projektgelder und
Anschubsfinanzierungen eine Form der Selbstverwirklichung: »Etwas Eigenes zu
machen – ob im handwerklichen, im sozialen oder künstlerischen
Bereich – ist genuiner Teil eines ›In-der-Welt-Seins‹ und der
Selbstwahrnehmung von Menschen als schöpferisch.« So lautet das Credo von
anstiftung & ertomis.
Konkret
fördern Mittelsten Scheids Stiftungen beispielsweise das Projekt
»Interkulturelle Gärten« – dem Vernehmen nach angestoßen durch in
Göttingen aufgenommene bosnische Flüchtlingsfrauen. Was sie von der Heimat am
schmerzlichsten vermissten, wurden sie gefragt, und die in der Fremde zur
Untätigkeit gezwungenen Frauen antworteten: »Meinen Garten.« Für Menschen, die
oft Jahre der Flucht und Migration hinter sich haben, sind Gärten mehr als
Orte, an dem Nutzpflanzen gedeihen, wo man sich die Zeit vertreibt oder an
denen man seinen Gestaltungswillen auslebt. Die Gärten werden zu einer Metapher
für die Möglichkeit, sich in der neuen Heimat – im wahrsten Sinne des
Wortes – verwurzeln zu können.
Inzwischen
gibt es achtzig solcher Gärten in Deutschland, weitere sechzig befinden sich im
Aufbau. Die Stiftung Interkultur berät und koordiniert die Gartenprojekte
bundesweit und gibt in
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