1011 - Angriff der Brutzellen
muß eine Warnung an das Institut absetzen. Ich glaube zwar nicht, daß sich noch weitere Brutzellen aus meinem Körper entfernt haben, aber Vorsicht ist geboten. Das Labor muß total ausgeräuchert werden."
Adelaie schaltete die Funkanlage des Gleiters ein und ließ sich mit dem öffentlichen Netz verbinden. Dann wählte sie den Anschluß des DELTACOM-Instituts.
„Laß dir eine vernünftige Erklärung einfallen", sagte Boulmeester.
„Natürlich." Sie nickte ihm zu. „Ich weiß, was ich zu tun habe."
Der Bildschirm erhellte sich.
„Ich möchte jemand sprechen", sagte Adelaie, „der sich in der Nähe des Hauptlabors von Marcel Boulmeester befindet."
Der junge Mann blickte Adelaie aus dem Bildschirm heraus erstaunt an. „Du? Skand ist der Ansicht, daß du und der Chef im Labor eingeschlossen sind."
Adelaie ging nicht darauf ein. „Verbinde mich mit Skand", verlangte sie.
Sekunden später erschien der Kopf ihres Freundes auf dem Bildschirm. Mortimer Skand war sichtlich verwirrt. Er erblickte Adelaie und wollte etwas sagen, aber sie schnitt ihm das Wort ab.
„Hör genau zu, Mortimer", sagte sie energisch. „Der Chef und ich haben einen Versuch mit den Computerbrutzellen in seinem Hauptlabor durchgeführt. Dabei ist ein Mißgeschick passiert. Möglicherweise sind jetzt freie Zellen in dem Labor. Ihr müßt vorsichtig sein und das Labor vollkommen von eventuellen Brutzellen befreien. Der Chef und ich sind für einige Zeit unterwegs. Es liegt kein Grund zur Besorgnis vor. Ich setze mich wieder mit dir in Verbindung."
„Ich verstehe kein Wort." Mortimer Skand war ungehalten. „Wo bist du? Wo ist Boulmeester?"
„Halte dich an das, was ich dir gesagt habe. Ich melde mich wieder."
Bevor Skand noch etwas sagen konnte, unterbrach sie die Verbindung.
„Gut gemacht, Mädchen", sagte Boulmeester zufrieden.
Sie zuckte mit den Mundwinkeln. „Ich habe es nicht freiwillig getan. Was wir im Augenblick tun, ist falsch."
Innerlich gab Boulmeester ihr recht. Die jüngsten Vorkommnisse hatten ihn völlig aus dem normalen Leben gerissen. Und Adelaie hatte er mit in die Sache hineingezogen.
Er besaß keine genaue Kenntnis darüber, inwieweit sich die Brutzellen in seinem Körper schon ausgebreitet hatten und seine Überlegungen beeinflußten. Er war von einem einzigen Gedanken beseelt. Er mußte zum Mond, zu NATHAN. Immer wieder redete er sich ein, daß dies sein eigener Wille war. Er erhoffte bei NATHAN die entscheidende Hilfe. Die Parasiten in seinem Körper mußten entfernt werden.
Dann machten sich wieder andere Gedanken in ihm breit. Sie waren dumpf und wirr.
Er schrieb sie dem Einfluß der Brutzellen zu.
Der wahre Grund, sich zu NATHAN zu begehen, war ein ganz anderer. Er hatte dort einen Auftrag zu erfüllen. Die Computerbrutzellen mußten zu der Mondpositronik, nicht er. Er war nur der Träger. Eine Hülle, in der sich inzwischen Millionen oder Milliarden der winzigen Körperchen verbargen.
Der Begriff Trojanisches Pferd drängte sich in sein Bewußtsein, aber er wußte nicht, was es bedeutete. Er murmelte die Worte mehrmals leise vor sich hin, bis er Adelaies sorgenvollen Blick sah.
Nein, er würde sein wahres Ziel verfolgen und sich von NATHAN heilen lassen. Die Hyperinpotronik würde einen Weg wissen.
Er würde es nicht soweit kommen lassen, daß sich die Computerbrutzellen auf das wichtigste und gewaltigste Computersystem stürzen konnten, das die Menschheit besaß. NATHAN war für die Menschen, die LFT und die Kosmische Hanse unersetzlich.
Seine Vernichtung oder sein Umfunktionieren im Sinn der Computerbrutzellen wäre das Ende der Zivilisation.
Plötzlich erkannte Marcel Boulmeester ganz klar, was sich abspielte. Für einen Moment verschwand jeglicher Einfluß der Zellcomputer.
Er steuerte den Gleiter von der Straße herunter in ein Parkgelände und hielt dort an.
Adelaie merkte die Veränderung an ihm, denn seine Gesichtszüge strafften sich und sein Kinn begann nervös zu zucken.
Es waren nicht seine Gedanken gewesen, sagte er sich. Die Idee, von NATHAN Hilfe zu bekommen, war nichts als eine Gaukelei der Brutzellen. In Wirklichkeit verfolgte er nur das Ziel dieser Parasiten.
Das Ziel war NATHAN. Das Ziel war die Manipulation NATHANS.
Marcel Boulmeester stöhnte auf, als er die wahren Zusammenhänge in ihrer vollen Tragweite erkannte. Er, die Hülle, der Träger, würde zum Mond gehen und dort das größte Unheil anrichten, das die gesamte Menschheit treffen konnte.
„Adelaie", sagte
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