1023 - Die Quarantäneflotte
geahnt haben, und selbst wenn nicht, dann hatte er keinesfalls das Recht, einen zweiten Versuch anzusetzen, nachdem der erste bereits so eindeutig gewesen war.
Orofon betrachtete die Bilder auf den Schirmen.
Deutlich konnte er die beiden Blutproben unterscheiden. Da war seine eigene, erstarrt in tödlicher Kälte. Orofon zwinkerte - er hatte etwas gesehen.
Offenbar war er selbst schon so weit von Eiling beeinflußt worden - denn in Orofons Blutbild war etwas zu sehen, was in Eilings Bild dutzendfach zu finden war.
Orofon konnte sehen, daß eines der Kleinlebewesen in dem Versuch getötet worden war, ein anderes Kleinlebewesen in sich aufzusaugen, zu fressen. Wahrscheinlich war das auf Eilings Manipulation zurückzuführen.
Denn in seinem Blutbild waren solche Vorgänge zuhauf zu erkennen. Es gab zwar den Unterschied, daß es so aussah, als würde die Art Kleinlebewesen, die bei Orofons Blut das Opfer darstellte, in Eilings Blut den Part des Täters übernehmen, aber das war sicherlich eine Täuschung. Es war in jedem Fall klar zu erkennen, daß in Eilings Blut etwas stattfand zwischen den Blutlebewesen, was Fremdvölker als Krieg bezeichneten.
Es war ein gräßliches Bild, doppelt bedrückend durch die Tatsache, daß Eilings Giftmischerei Täter und Opfer durch Giftwirkung gleichermaßen dahingemetzelt hatte.
Durfte man dieses Bild des Grauens den anderen zeigen?
Orofon traf die Entscheidung sehr rasch. Er verlagerte sie auf die Ebene der Kommandanten.
Orofon stellte über Eilings Leitung eine Verbindung zur Kommandantenkonferenz her.
„Eiling!" konnte er Beneder rufen hören. „Es ist ein Verbrechen, was du tun willst."
Orofon griff nach dem Mikrophon.
„Es gibt noch Schlimmeres, Kommandant", sagte er. „Eiling ist auch an Bord seines Schiffes zum Verbrecher geworden."
Er zögerte bei dem Wort, eigentlich hatte er etwas anderes sagen wollen, aber das Fremdwort Mörder wollte ihm nicht über die Membran kommen.
Beneder sah unwillig auf.
„Was machst du in Eilings Labor?" fragte er ärgerlich. „Er mag das gar nicht."
„Das glaube ich", sagte Orofon. „Sieh selbst hin!"
Er steuerte die Kamera, die normalerweise Eilings Bild in die Zentrale übertrug, so, daß sie die Versuchsanordnung erfaßte.
Beneder machte ein Gesicht der Ratlosigkeit.
„Was soll das?" fragte er. „Ich verstehe davon nichts."
„Es ist ganz einfach", stieß Orofon hervor. „Sieh dir dieses Bild an. Das ist Blut, riesenhaft vergrößert."
„Und?"
„Normalerweise bewegen sich Kleinlebewesen in unserem Blut, und außerdem ist es, wie du weißt, üblicherweise grün."
Beneder kniff die Augen zusammen.
„Was willst du damit sagen? Daß Eiling...?"
„Er hat von sich selbst eine Probe entnommen und eine von mir."
„Du hast bei dieser Schandtat mitgewirkt?"
„Ich war außer mir", sagte Orofon und machte eine Demutsgeste. „Ich konnte mich gegen ihn nicht zur Wehr setzen. Und nun sieh selbst den Unterschied. Siehst du diese rundlichen Gebilde mit den dünnen Schwänzen daran, die über die anderen Blutlebewesen herfallen?"
Die Übertragung war hervorragend. Orofon konnte sehen, wie Beneder und seine Leute in der Zentrale gelb wurden vor Ekel.
„Ich glaube, und ich weiß, was ich sage", erklang Orofons Stimme, „daß diese seltsamen geschwänzten Lebewesen in Eilings Körper leben. Wie sie dort hineingekommen sind, weiß ich nicht - aber sie leben dort. Und ich bin fest davon überzeugt, daß diese Lebewesen dafür verantwortlich sind, daß Eiling vorsätzlich Leben vernichtet hat."
„Grauenvoll", ächzte Beneder. „Ich kann es einfach nicht glauben."
„Du wirst es glauben müssen", sagte Orofon. „Ich habe sogar einen weit schlimmeren Verdacht."
„Noch schlimmer?"
Orofon machte eine Geste der Zustimmung.
„Ich weiß nicht, wie ich mich ausdrücken soll", sagte er. „Ich erinnere mich an Eilings Erregung, als er mir diese Blutprobe entnommen hat. Er war außer sich. Er scheint, so seltsam das klingt, eine ungeheure Leidenschaft für solche grauenvollen Dinge zu entwickeln - und nun befürchte ich, daß er nicht etwa als Heiler hinübergegangen ist zu den Fremden, sondern..."
„Nein!"
Beneders Schrei gellte aus den Lautsprechern.
„Ich fürchte, daß ich recht habe", sagte Orofon. „Er will die Sonnenwindpest vorsätzlich über diese Welten tragen."
Die Seolis standen starr.
Sich etwas so Grauenvolles auch nur auszudenken ging fast über ihre Kräfte - einen solchen Plan in die Tat
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