1030 - Das Ende einer Hexe
der Zuckungen hatte sie angestrengt und sie auch entsprechend Schweiß gekostet.
Das Tuch unter ihr hatte sich mit dieser Feuchtigkeit vollgesaugt. Gio konnte auch das Gefühl haben, in einem leicht ausgetrockneten Flußbett zu liegen.
Allmählich geriet sie wieder in eine normale Lage. Sie dachte darüber nach, was noch folgen würde.
Sie lag allein in der schwülen Wärme. Das Fenster erinnerte sie an eine verschwommene Sonne, die unterging, ohne ihre Farbe zu verändern. Der alte Holzschrank, das Waschbecken, der Tisch mit dem Stuhl davor gehörten ebenfalls zur Einrichtung. All diese Dinge waren vorhanden, doch sie schienen zu zerfließen. Ein in der Luft schwebender Säuredampf löste sie auf.
Irgendwo im Haus hörte sie ein Geräusch. Es klang dumpf, als hätte jemand eine Tür zugeschlagen.
Giovanna, die sich bisher mehrmals von einer Seite auf die andere gedreht hatte, lag plötzlich still.
Das Geräusch war wie ein Nadelstich gewesen, der sie tief getroffen hatte. Ihr Körper zog sich zusammen, die Haut auf dem Rücken spannte sich, und ihr war klar, daß es mit der Ruhe vorbei war.
An Flucht dachte Gio nicht. Sie blieb ruhig und angespannt liegen, so achtete sie auf jedes fremde Geräusch. Eine dicke Fliege hatte sich in das Zimmer verirrt. Gio hörte das Summen, das schon zuvor dagewesen war, nur störte es sie diesmal.
Wie ein Motor, der das Böse anheizte und auch für ihr Schicksal zuständig war.
Noch lag sie unbeweglich. Nur flaches Atmen. Nichts sollte die Konzentration stören. So wie sie mußte sich auch jemand in der Todeszelle vorkommen, der auf seine Hinrichtung wartete. Der Vergleich stimmte auch, denn sie wartete ebenfalls darauf, daß jemand zu ihr kam. Einer oder mehrere - Gio wußte es nicht.
Noch hörte sie keine Schritte auf der Holztreppe und auf dem Flur. Das konnte sich sehr schnell ändern, wenn das stimmen sollte, was sie sich vorgestellt hatte.
Tief atmete sie ein.
Das war keine normale Luft mehr, die da in ihre Lunge pumpte. Sie schmeckte nach feuchter Angst, nach Schweiß und all dem, was sich hier im Zimmer verteilte. Gio glaubte daran, daß die Luft mit kleinen Tropfen vollgesaugt war, und wie Wasser in ihre Kehle hineinglitt.
Ihr Körper zitterte. Gio konnte es nicht vermeiden. Auch sie litt unter der Angst. Alles vibrierte. Der Bauch, die Oberschenkel, die so prall und fraulich waren, wie auch ihre Brüste mit den sehr dunklen Spitzen. Man hätte ihre Erscheinung als üppig bezeichnen können. Sie war eine richtige Frau, aber zugleich jemand, der sich in den Tiefen anderer Sphären auskannte.
Zu sehr auskannte. Ihr war der Blick hinein in Welten gelungen, die sie besser nicht gesehen hätte.
Und wenn, dann hätte sie es für sich behalten sollen. Aber sie hatte den Fehler begangen und darüber gesprochen. Die Quittung würde sie bekommen.
Es war draußen nichts zu hören. Aber gerade die Stille empfand sie als so belastend. Sie traute ihr nicht. Das Geräusch vorhin war so etwas wie ein Anfang gewesen.
Ein Zucken durchrann ihren Körper, als sie das nächste Geräusch vernahm. Nahe, verdammt nahe sogar. An ihrer Zimmertür. Und sie wußte nicht, ob es ein Kratzen oder Klopfen gewesen war. Sie drehte nur den Kopf, um hinschauen zu können.
Gio sah, wie sich die Klinke nach unten bewegte. Ein völlige normaler Vorgang, wie er einfach dazugehörte. Nicht in ihrem Fall. Da sah sie ihn anders. Die Bewegung der Klinke war für sie der Anfang vom Ende. Wer immer sie besuchen würde, positiv stand er ihr nicht gegenüber. Hier hatte sie keine Freunde mehr.
Der Besucher stieß die Tür noch nicht sofort auf. Er wartete ab, als wollte er die Frau quälen. Dann stieß er sie langsam nach innen, und das Geräusch der leicht quietschenden Angel kam der Frau vor wie Wehgeschrei.
Die Tür bewegte sich in das Zimmer hinein. Sie nahm der nackten Frau auf dem Bett für kurze Zeit die Sicht. Erst als sie weit genug nach hinten geschwungen war und die Klinke beinahe die andere Wand berührte, sah Gio mehr.
Jemand stand auf der Schwelle.
Sie wußte nicht, wer es war. Die Gestalt trug einen dunklen Umhang aus einem leicht schimmernden Fließstoff und hatte zudem noch eine Kapuze über den Kopf gestreift, um das Gesicht unkenntlich zu machen. Wie ein Mitglied des Klans kam er ihr vor, das seine Kleidung geschwärzt hatte.
Der Besucher stand da und schaute nur.
Gio Sarti blickte ihn ebenfalls an. Auch wenn sie es gewollt hätte, es wäre ihr nicht möglich gewesen, zur Seite
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