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105 - Das indische Tuch

105 - Das indische Tuch

Titel: 105 - Das indische Tuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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nach der Hüfttasche.
    »Ich habe meine Waffe verloren – hast du sie nicht gesehen?«
    Gilder schaute ihn düster an.
    »Wozu trägst du eine Pistole bei dir? Das ist doch der größte Unsinn! Wo hast du sie denn gelassen?«
    »Noch vor einer Stunde hatte ich sie in der Tasche.«
    »Das ist allerdings unangenehm. Geh in dein Zimmer und sieh nach, ob du sie finden kannst. Wozu brauchst ausgerechnet du eine Schußwaffe? Man sollte annehmen, daß du schon ganz kindisch geworden bist.«
    Brooks kam bald zurück und berichtete, daß er sie nicht entdeckt hätte.
    »Dann vergiß das Ding«, erwiderte Gilder ungeduldig. »Morgen bei Tageslicht wirst du schon darauf kommen, wo du es gelassen hast. Bring jetzt schnell den Morgenrock und die Pantoffeln.«
    Die Tür zu dem Zimmer des alten Lords stand offen, obwohl Brooks darauf hätte schwören mögen, daß er sie kurz vorher geschlossen hatte. Er wußte auch genau, daß er das Licht hatte brennen lassen – und jetzt lag der Raum im Dunkeln. Lady Lebanon mußte inzwischen hiergewesen sein. Er ging hinein, schloß die Tür und hob gerade die Hand, um nach dem Lichtschalter zu tasten, als sich plötzlich etwas um seinen Hals legte – ein weiches, elastisches Tuch. Blitzschnell brachte er die Hand zwischen das Tuch und seine Kehle und versuchte, sich zu befreien. Aber ein Mann packte ihn mit festem Griff von hinten. Brooks zog die Hände vom Hals zurück und tastete hinter sich, konnte aber niemand fassen. Kurz darauf stürzte er zu Boden und verlor die Besinnung.

25
    Nachdem Tanner in der Halle seine Patience zu Ende gelegt hatte, stand er auf und trat zu Totty.
    »Ein Mann, der sich selbst bei der Patience bemogelt, ist zu allen Schandtaten fähig«, sagte er, nachdem er dem Sergeanten eine Weile zugesehen hatte.
    »Aber ein Mann, der nicht sein eigenes Glück im Auge hat, ist ein Narr.«
    Totty mischte die Karten, legte sie auf den Tisch und gähnte.
    »Ferraby sagte vorhin, daß er nächstens anfinge, sich zu fürchten. Übrigens hat dieser Brooks eine Pistole bei sich. Als er sich bewegte, sah ich die Umrisse der Waffe in seiner Hüfttasche. Der Kerl wird uns noch zu schaffen machen.«
    »Das wird ihm aber schlechter bekommen als uns«, meinte der Chefinspektor.
    Im nächsten Augenblick hörten sie einen dumpfen Fall.
    »Gehen Sie schnell und sehen Sie nach, was da los ist.«
    Totty erhob sich langsam.
    »Wo war das? Soll ich die Treppe hinaufgehen?«
    »Ja! Fürchten Sie sich etwa?«
    »Allerdings«, erwiderte Totty, ohne sich im mindesten zu schämen. »Sie hatten wohl nicht erwartet, daß ich das zugebe?«
    Trotzdem eilte er die Treppe hinauf. Tanner blieb unten, er hörte kein Geräusch, bis sein Name gerufen wurde.
    »Kommen Sie rasch her!« rief Totty aufgeregt. Tanner und Gilder, der eben in die Halle gekommen war, liefen zum Zimmer des alten Lords hinauf. Brooks lag auf dem Rücken, und Totty gab sich die größte Mühe, ein Seidentuch aufzuknoten, das um die Kehle des Mannes geschlungen war.
    »Mit dem ist es wohl vorbei«, stöhnte der Sergeant.
    »Lassen Sie mich das aufknoten«, sagte Gilder und kniete neben seinem Kameraden nieder. Ein paar Sekunden später hatte er das Tuch entfernt und Kragen und Hemd des Halberstickten aufgerissen. Er massierte den Hals, und vor Anstrengung und Aufregung trat Schweiß auf seine Stirn. Zum erstenmal sah Tanner, daß der Amerikaner seine Ruhe verloren hatte.
    »Er ist nicht tot.« Gilder wandte sich um. »Holen Sie mir doch schnell einen Kognak.«
    Totty eilte nach unten und brachte eine volle Flasche. Vorsichtig flößten sie Brooks etwas von dem Stärkungsmittel ein, und nach und nach gab er Lebenszeichen von sich. Die Augenlider hoben sich, und die Hände zuckten krampfhaft.
    »Er kommt bald wieder zu sich«, sagte Gilder, immer noch atemlos. »Helfen Sie mir, wir wollen ihn in sein Zimmer tragen. Beinahe wäre es um ihn geschehen gewesen. Selbst seine Pistole hätte ihm nichts helfen können, wenn er sie bei sich gehabt hätte.«
    Gilder war um das Leben seines Freundes sehr besorgt; im übrigen hatte er seine Ruhe zurückgewonnen.
    Sie trugen Brooks in sein Schlafzimmer und legten ihn aufs Bett. Plötzlich fiel Tanner ein, daß der Raum, in dem sie den Mann halbtot aufgefunden hatten, doch eigentlich Islas Schlafzimmer war.
    »Wo ist Miss Crane?« fragte er schnell.
    Gilder sah auf, senkte den Blick aber sofort wieder.
    »Ich weiß es nicht«, entgegnete er etwas gezwungen. »Sie muß irgendwo im Hause sein.« Es war

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