107 - Tanz der Furie
Dämon aufnehmen können. Manchmal glaube ich, daß die Dämonen in grauer Vorzeit aus solchen Menschen entstanden sind."
„Wir müssen die Untoten verfolgen und ihnen die Memory-Barren abnehmen", sagte der praktisch denkende Unga. „Sie haben schon einen gewaltigen Vorsprung. Man sollte es nicht für möglich halten, daß sie so schnell vorankommen."
„Eine magische Kraft beschleunigt ihre Schritte", sagte Dorian. „Los jetzt! Wir müssen sie einholen. "
Er sah sich ein letztes Mal auf dem Friedhof der Namenlosen um. Judith Askalons Leichnam lag vor einem Grab, dessen Erde zerwühlt war. Das Feuer brannte nieder. Uri Sha'anis Unterarme und Schenkel ragten fast unversehrt aus der Asche; der Rest seines Körpers war völlig verkohlt. Trinkbecher und Musikinstrumente lagen zwischen den Gräbern mit den verschnörkelten Steinen verstreut. Das grüne Fanal leuchtete nun hoch in der Luft über dem Toten Meer.
Dorian Hunter, Coco und Unga eilten los, um die Untoten einzuholen.
Coco war noch zu erschöpft, um ihren Zeitraffereffekt anwenden zu können. So mußten sie sich auf ihre Beine verlassen. Unga lief wie eine Maschine. Richard Steiner konnte besser laufen, als sich prügeln und kämpfen. Coco hatte Schwierigkeiten, hielt aber verbissen mit. Die Landschaft war wasserlos. Nur dürre, staubige Dornbüsche und Kakteengewächse konnten vereinzelt in dieser Wüste existieren. Zum Toten Meer hin senkte sich der Boden.
Vor Dorian, Coco und Unga leuchtete das Fanal am Himmel, das die Sterne verblassen ließ. Dorian hielt den Kommandostab in der Hand, weil er hoffte, ein Magnetfeld zu finden, mittels dessen er den Sprung zu den Untoten vollziehen konnte. Aber am Weg war keines; und das andere, in dem sie bei dem Sprung zum Friedhof der Namenlosen herausgekommen waren, lag in der anderen Richtung.
Eine Felsgruppe entzog die Untoten den Blicken der drei Läufer. Man sah den Widerschein der grünlichen Aura, die sie umgab. Die unheimliche Gruppe mußte jetzt fast das Ufer des Toten Meeres erreicht haben.
„Dort!" sagte Unga plötzlich. „Jemand wartet auf uns."
Auf einem Felsen, an dem sie vorüberkommen mußten, stand eine hagere Erscheinung. Der Mann trug ein schwarzes Gewand mit einer Kapuze, wie es auch der Schwarze Yezdigerd getragen hatte. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Bleich leuchtete sein Gesicht unter der spitzen Kapuze. Als Dorian, Coco und Unga näher kamen, sprang er von dem Felsen herab. Er schwebte wie eine Feder zu Boden. Vor den dreien setzte er die Kapuze ab. Sein Gesicht war so hager und fleischlos, daß es wie ein Totenschädel wirkte. Über der Nasenwurzel hatte das Gesicht ein knöchernes V- Zeichen, wie der Teufel auf alten Gemälden. „Olivaro!" riefen Dorian und Coco. „Du hast also die Hand mit im Spiel?"
Das Knochengesicht sah dem zweiten Gesicht des janusköpfigen Olivaro zum Verwechseln ähnlich. Olivaro hatte als Kokuo no Tokoyo Dorian Hunter in seinem fünften Leben als Tomotada zu einer dämonischen Existenz versklavt. Er hatte immer eine zwielichtige Rolle gespielt und suchte nun ein Bündnis mit Hermes Trismegistos; ein Bündnis, das gegen eine Macht außerhalb dieser Erde gerichtet sein sollte.
Der Kopf des Kuttenträgers drehte sich um hundertachtzig Grad. Statt des Knochengesichts sah man jetzt ein anderes mit grünlichem Teint, langen Vampirzähnen, die von unten nach oben ragten, und lodernden Augen. Der Haaransatz reichte spitz bis fast zur Nasenwurzel, und die Ohren wuchsen spitz nach oben. Fauchend griff der Januskopf an.
Dorian, Coco und auch Unga spürten den Anprall ungeheurer dämonischer Energien. Strahlen, deren Farben wechselten, gingen von dem Unheimlichen aus. Die Farben schimmerten - blau, knallgelb, dumpf rot, giftgrün oder käseweiß.
Coco und Unga erlitten körperliche Schmerzen. Dorian spürte nicht so viel, weil ihn seine magischen Werkzeuge schützten.
Es war ein Kampf auf Leben und Tod, das wußte der Dämonenkiller. Keinem geringen Dämon oder keiner kleinen Macht stand er da gegenüber. Dorian Hunter war der Erbe des Hermes Trismegistos, des Begründers der Weißen Magie. Er mußte der dämonischen Gefahr die Stirn bieten. Die extreme Situation rechtfertigte sogar den Einsatz des Ys-Spiegels. Sie forderte ihn, sonst würde der spitzohrige Januskopf die Oberhand gewinnen, erkannte Dorian.
Er zog den Ys-Spiegel aus der Tasche seiner Kleidung, die wie die von Coco und Unga zerrissen war. Dorian hielt den magischen Spiegel mit der
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