1075 - Horror auf Mallorca
beschränkt. Es fand plötzlich seinen Weg an den beiden Seiten der Gestalt entlang.
Das Skelett glühte, leuchtete. Etwas schob sich aus dem Unsichtbaren näher. Diesmal nicht mehr so abstrakt, denn es glitt direkt über das Knochengesicht hinweg.
Ein anderes Gesicht, eine Fratze - Baphomet!
Der Abbé duckte sich zusammen. Sein Gesicht nahm einen schmerzlichen Ausdruck an. Er hatte den Mund geöffnet und stöhnte vor sich hin.
Hinter seiner Stirn pochte es. Der Abbé wußte sehr genau, daß die Nachricht für ihn bestimmt war und daß sie nicht die einzige bleiben würde. Plötzlich war alles anders geworden. Das Zimmer war erfüllt von einer sonderbaren und nicht erklärbaren Kraft, die dem Abbé nicht gefallen konnte.
Er wollte den Sessel behalten. Auf keinen Fall sollte er in den Einflußbereich des Baphomet gelangen. Er haßte so etwas, es widerte ihn einfach an.
Die Fratze blieb. Sie war ein Schatten. Ein Hologramm, das vor dem Knochenschädel schwebte.
Boshaft und widerlich, aber auch voller dämonischer Freude.
Zwei Welten hatten sich an der Stelle getroffen, die der Sessel als Schnittpunkt markierte.
Bloch wußte nicht, wie er sich verhalten sollte. Einerseits trieb es ihn hin zum Sessel, andererseits wußte er, wie gefährlich es sein konnte, wenn sich ein Mensch darauf setzte. Er wurde dann voll von der Kraft des Sessels übernommen und praktisch zu seinem Spielball. Und Baphomet wollte, daß Bloch kam. Er wartete auf ihn. Er lud ihn auf seine perfide Art und Weise ein.
Bloch stand auf. Er hatte sich entschlossen. Er wäre sich vorgekommen wie ein Feigling, wenn er hinter dem Schreibtisch geblieben wäre. Was jetzt passierte, war einzig und allein seine Sache. Er würde auch niemand seiner Templer-Brüder zu Hilfe holen. Es gab nur ihn. Es war einzig und allein seine Aufgabe, die Dinge zu richten und herauszufinden, was passiert war und weshalb sich der Sessel so verhielt.
Bloch ging auf ihn zu. Er spürte den Haß des anderen, und er spürte auch seinen eigenen. Er haßte das Böse. Er haßte Baphomet, der es geschafft hatte, zahlreiche Templer auf den falschen Weg zu bringen. Damals und auch heute noch.
Die Fratze vor dem Knochenkopf schimmerte blau. Mal sah sie aus, als wollte sie verschwinden, dann wieder trat sie deutlicher zum Vorschein. Es war dabei ein ständiges Wechselspiel entstanden, von dem sich der Abbé nicht beirren ließ.
In diesem Moment und auch in der nahen Zukunft vertraute er auf sich und auf seinen Würfel. Ihn hatte er mitgenommen. Er hielt ihn zwischen seinen Handflächen eingeklemmt.
Der letzte Schritt.
Bloch flüsterte der schattenhaften Fratze des Baphomet Worte entgegen, von denen er nicht wußte, ob sie zu einem Gebet oder zu einem Fluch gehörten. Er erlebte keine Reaktion, spürte dann die erste Berührung der harten Knochen an seinem Schienbein, drehte sich und drückte sich vorsichtig auf die knöcherne Sitzfläche.
Er saß.
Er lehnte sich zurück.
Er umklammerte den Würfel.
Sein Hinterkopf befand sich jetzt in Höhe des Knochengesichts. Bloch wußte auch, wie gefährlich, sogar tödlich der Sessel sein konnte. Er war nicht bereit, jeden anzunehmen. Johns Freund Suko hatte da schon einen fürchterlichen Horror erlebt und war in Lebensgefahr geraten. Dieses Risiko ging Bloch ein.
An seinem Hinterkopf spürte er den Widerstand. Sehr hart. Die Aura des Bösen war da, doch Bloch versuchte, sie zu ignorieren.
Von den Knochen ging eine gewaltige Kraft aus. Sie war wie ein Strom, der den gesamten Körper des Templers erfaßte. Der Abbé fühlte sich angehoben, wie in die Höhe gezerrt, doch er wußte, daß dies nicht der Fall war.
Bilder strömten auf ihn ein. Er umklammerte den Würfel wie einen letzten Rettungsanker - und sah plötzlich etwas, das sich woanders abspielte, aber so nah war, als würde es im Zimmer passieren.
Sein Gesicht verlor alle Farbe. Innerhalb eines Augenblicks kam ihm der Gedanke, Godwin de Salier in den Tod geschickt zu haben…
***
Die großen, grellfarbigen Werbetafeln lagen hinter uns. Ebenso wie die gewaltige Parkfläche, die sich um diese Zeit in einen regelrechten Busbahnhof verwandelt hatte. Aus allen Teilen der Insel waren die Touristen angekarrt worden, um die Drachenhöhle besichtigen zu können. Sie wollten die Tiefe und auch den Schauer erleben, der sich dort unten gehalten hatte, wie die Werbezettel versprachen.
Wir hatten dieses unruhige Zentrum umfahren und zugesehen, daß wir direkt an der Küste parkten.
Auf
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