1075 - Horror auf Mallorca
hat man es nicht gemerkt? Warum ist den Menschen nichts aufgefallen?«
»Ich habe dafür gesorgt. Ich habe Zeit, und ich habe gewartet, bis die Zeit reif ist.«
»Ist sie das jetzt?«
»Sicher.«
»Warum? Was ist passiert?«
Baphomet deutete auf seine Skelette. »Schau sie dir an. Ich habe ihnen das Fleisch genommen, aber nicht das Leben. Ich habe sie gebraucht. Sie sind mir damals in die Falle gelaufen. Es sind diejenigen gewesen, die den Schatz der Templer finden wollten und nie mehr aus den Drachenhöhlen zurückkehrten.«
»Haben sie ihn gefunden?«
»Ja, aber sie werden nichts verraten, denn sie stehen auf meiner Seite.«
»Wie auch die im Turm?«
»Sie ebenfalls. Aber sie sind anders. Es sind welche aus der neuen Zeit gewesen. Templer, die sich als solche nicht zu erkennen geben und nur darauf warten, zum Einsatz zu kommen. Ich habe sie geschickt, weil ich die Zeit für gekommen hielt. Sie sind in meinem Namen gestorben, und du bist daran nicht unschuldig. Aber das wird bald vorbei sein, denn du wirst diese Höhle nicht mehr verlassen. Ich sorge dafür, daß sie zu deinem Grab wird.«
Mit diesen Worten hatte Godwin de Salier zwar gerechnet, doch er hatte sich bis jetzt innerlich dagegen gewehrt. Er wollte sie einfach nicht wahrhaben und mußte nun umdenken. Es stand für Baphomet fest, daß er vernichtet werden sollte, und einer wie dieser Dämon hatte sein Versprechen noch immer gehalten.
Plötzlich schimmerte das alte Kreuz in seiner Hand auf. Nichts Silbernes war mehr daran zu sehen.
Es war plötzlich dunkel geworden. Blau und schwarz mit einer Aura.
Der Corpus zuckte. Er schüttelte den Kopf und auch seine Beine. Aber waren das noch Kopf und Beine?
Godwin wußte es nicht mehr. Dieser Gegenstand, auch wenn er ihn nicht genau sah, ließ Ekel in ihm hochsteigen. Er stand so sehr in krassem Gegensatz zu den Gesetzen, denen er die Treue geschworen hatte.
Auch die Skelette bewegten sich.
Sie machten Front gegen Godwin, doch über allem schwebte noch die Gestalt des Baphomet.
Aus seinem Maul drang ein dröhnendes Lachen, dem Worte folgten, die der Templer nicht richtig begriff. Die Folgen allerdings hatte er zu tragen. »Hier, Templer, das ist dein Kreuz!«
Zugleich mit dem Schrei folgte die Bewegung der Hand. Das Kreuz löste sich und fiel in einem Halbbogen Godwin de Salier entgegen. Ein Reflex, das Zupacken, dann hielt er es in seiner rechten Hand, spürte etwas Weiches und Glitschiges an seiner Fläche entlanglaufen und starrte plötzlich auf den kleinen flachen Kopf der Schlange…
***
Ein heißer Tag. Nicht nur auf der Insel Mallorca, auch in Südfrankreich, in Alet-les-Bains, wo der Abbé zusammen mit seinen Templern eine neue Heimat gefunden hatte. An Tagen wie diesen zog sich Bloch gern in die Kühle hinter den dicken Mauern des Klosters zurück, um die weitaus angenehmeren Temperaturen genießen zu können.
Das hatte er auch an diesem Tag getan oder zumindest vorgehabt, doch glücklich hatte er darüber nicht werden können. Er fand einfach nicht die innere Ruhe. Seine Gedanken glitten immer wieder ab, aber sie drängten dabei allein in eine bestimmte Richtung. Hin zu Godwin de Salier, auf die Insel Mallorca, auf der er seinen Auftrag hätte durchführen müssen. So etwas wie eine Feuerprobe war es für den jungen »alten« Templer, und Bloch stellte sich allmählich die Frage, ob er Godwin nicht zuviel zugemutet hatte. Er hätte selbst etwas unternehmen können, den Kampf gegen das Monster Baphomet aufnehmen oder zumindest Verstärkung schicken können.
Er selbst wußte nicht, was auf der Insel ablief. Ihm war nur klar, daß etwas passierte, denn seine Unruhe steigerte sich permanent. Er war zuerst durch die Zimmer und Gänge geschlichen und hatte sich mit seinen Brüdern unterhalten. Hatte wissen wollen, ob etwas passiert war, ob es ihnen gelungen war, Spuren aufzunehmen, doch sie hatten nur verwundert geschaut und die Köpfe geschüttelt, denn so kannten sie ihren Anführer nicht. Niemand konnte sich dessen Unruhe erklären, denn es war ja nichts passiert. Es hatte auch keine Nachrichten gegeben. Weder über Internet noch brieflich oder telefonisch. Überhaupt gab es keinen Grund für den Templer, einzugreifen.
Schließlich zog sich der Abbé zurück in sein Arbeitszimmer. Er wollte einfach nur allein sein und die anderen nicht durch seine Unruhe stören. Vielleicht machte er sich die falschen Gedanken.
Godwin hatte ihn einmal angerufen und ihm erklärt, welchen Weg er gehen
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