Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
109 - Die Atemdiebin

109 - Die Atemdiebin

Titel: 109 - Die Atemdiebin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
Vom Netzwerk:
Oberflächenkeimen schützten. Ihre luftdichten Anzügen wirkten dagegen wie barbarische Kleidung.
    »Bonjour«, grüßte der vorderste von ihnen, ein wohlbeleibter Mann Mitte vierzig mit vor Aufregung geröteten Wangen und einem flachen, leicht kantigen Schädel. Dass der Franzose einen »Guten Tag« wünschte, war das Einzige, was Matt ohne Translator verstand. Danach war er auf die Übersetzung angewiesen, die direkt in seinen Knopfhörer übertragen wurde. Eine kleine Weiterentwicklung, die sie davor bewahrte, dass vier Lautsprecher gleichzeitig durcheinander quakten.
    »Mein Name ist Christian Dufaux«, stellte sich der Leiter ihres Empfangskomitees vor. »Ich bin Colonel der Internen Sicherheit von St. Genis Laval. Links von mir sehen sie Madame Buchet, Mitglied des Wissenschaftlichen Rates, und zu meiner Rechten Didier Morvan, Handelsbevollmächtigter für interkulturelle Kontakte.«
    Matt hatte sich also nicht getäuscht. Die Männer und Frauen bei den Hütten, die weiterhin neugierig herüber sahen, waren tatsächlich Barbaren, die mit der Bunkergemeinschaft kooperierten. Morvan, der offensichtlich Tauschhandel mit ihnen betrieb, kniff die Augen zusammen, während er Matt und Aruula musterte. Entweder hatte er seine Kontaktlinsen verloren oder war zu eitel, um seine Weitsicht durch einen Eingriff korrigieren zu lassen.
    Während Selina McDuncan die britische Abordnung vorstellte, unterzog Matt die Franzosen einer eingehenden Begutachtung. Ihren Funktionen nach gehörten sie bestenfalls zur zweiten bis dritten Garde des Bunkers, aber auch das fiel unter die üblichen Vorsichtsmaßnahmen. Gemeinhin galt es nicht als sonderlich klug, die eigene Führungsspitze den Gefahren eines ersten Kontakts auszusetzen. Unter Umständen konnte das nämlich den Verlust der politischen Führung bedeuten. Nicht umsonst residierte Josephine Warrington, die Prime,
    weiter in London und überließ sämtliche Unterhandlungen ihren EWAT-Besatzungen.
    Die zu schmalen Schlitzen verengten Augen reichten Didier Morvan inzwischen nicht mehr, nun beugte er auch noch den Oberkörper vor, um Matt von oben bis unten mit seinen Blicken zu vermessen. Ein recht unangenehmes Verhalten, auch wenn es zu neuen Erkenntnissen führte. Matt stellte fest, dass die Schutzanzüge der Franzosen aus wesentlich flexiblerem Material bestanden, als die überflüssig gewordenen Modelle der Briten und Russen. Dunkelbraun gefärbt und mit einer Maserung versehen, die an Leder erinnerte, schmiegte sich das Material an wie eine normale Hose oder ein gewöhnliches Hemd. Auf diese Weise brauchten die Franzosen nur noch eine Fellweste überwerfen, um den Barbaren zu ähneln und so ihr Vertrauen zu gewinnen.
    »Entschuldigen Sie bitte, wenn ich Sie anstarre«, nutzte Morvan eine eintretende Gesprächspause. »Täusche ich mich, oder…«, rasch warf er einen Blick in das Innere der Explorer und starrte dann Matt direkt in die Augen, »… benötigen sie tatsächlich keine Schutzkleidung? Uns wurde nämlich mitgeteilt, sie wären die Abordnung einer anderen Bunkergemeinschaft!«
    »Wir verfügen über ein Serum, das uns gegen Oberflächenkeime immun macht«, erklärte Captain McDuncan strahlend, als ob sie nur auf diese Frage gewartet hätte. Ihr Translator übersetzte mit wenigen Sekunden Verzögerung.
    »Das ist einer der Gründe für unseren Besuch. Der andere betrifft Vorkommnisse am Einschlagpunkt von ›Christopher-Floyd‹, doch die zu erklären ist etwas komplizierter, deshalb haben wir Material für einen kleinen Vortrag zusammen gestellt. Zuvor würde ich sie aber gerne zu einer Besichtigung an Bord der Explorer einladen. Dort können sie sich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass von uns keine Gefahr droht. Danach wüsste ich es sehr zu schätzen, wenn die gepanzerten Fahrzeuge Ihrer Gemeinschaft aus dem Wald vorfahren, damit wir alle mit offenen Karten spielen.«
    Colonel Dufaux' Wangen, die schon zu verblassen drohten, standen mit einem Schlag wieder in Flammen. »Oh, die«, gab er sich peinlich berührt. »Die dienen doch nur der Vorsicht, das müssen Sie verstehen.«
    »Aber natürlich.« Selina ließ ein charmantes Lächeln aufblitzen. »Gerade deshalb möchte ich Ihnen ja zeigen, dass wir nichts zu verbergen haben. Glauben Sie mir, wenn ich Ihnen erst von den Daa'muren erzählt habe, werden Sie verstehen, dass wir keine Zeit für Misstrauen haben.«
    »Daa'muren?« Das Interesse des Colonels war geweckt, auch wenn er angesichts des Namens eher an

Weitere Kostenlose Bücher