Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Fährte ist so jung, daß wir ihn einholen können, bevor es Abend geworden ist. Nun mögen meine Brüder wählen, was wir tun sollen. Wollen wir dem Mann mit dem Wasser folgen, um ihm beizustehen, oder wollen wir nach der Murding-Bowl, um die Geier dort festzunehmen, daß sie ihm nichts anhaben können? Im ersteren Falle werden sie von ihm ablassen, wenn sie uns bei ihm sehen, und uns also vielleicht entgehen. Im letzteren Fall aber ergreifen wir sie wahrscheinlich, und dann steht es uns immer noch frei, ihm nachzureiten und mit ihm zu den weißen Männern zu kommen, welche er aufsuchen will.“
    Er hatte ihnen mit diesen Worten die Angelegenheit so klargemacht, daß eine lange Auseinandersetzung gar nicht notwendig war. Die Comanchen verhielten sich überhaupt schweigend und abwartend, ihr Anführer ausgenommen. Dieser besprach sich ganz kurz mit den sechs Weißen und erklärte dann dem Apachen:
    „Wir werden nach der Murding-Bowl reiten und also der Fährte der beiden Mexikaner folgen. Ist das meinem roten Bruder recht?“
    Winnetou nickte zustimmend und lenkte in die nach Osten führende Fährte ein. Hätte er sein Pferd und mit demselben diejenigen seiner Gefährten angestrengt, so wäre es ihm wohl gelungen, die Mexikaner schnell einzuholen; doch lag dies keineswegs in seiner Absicht. Je eher er die beiden erreichte, desto weniger durfte er hoffen, zu erfahren, wo sich die Murding-Bowl befand. Es lag ihm sehr viel daran, diesen Ort zu sehen; darum behielt er einstweilen nur diejenige Schnelligkeit bei, welche, wie aus den Spuren zu ersehen war, die beiden Verfolger eingehalten hatten. – – –
    Etwas mehr als einen vollen Tagesritt nordöstlich von dem Passiflorenhäuschen entfernt bewegte sich eine lange Schlange, nicht in Windungen, sondern als gerade Linie durch den dort sehr tiefen Sand des Estacado. Das Wort Schlange ist hier bildlich gemeint, denn die langgestreckte Linie bestand aus wohl an die zwanzig Ochsenwagen, welche in gewissen Abständen hintereinander fuhren und von bewaffneten Reitern begleitet wurden.
    Die Wagen waren stark gebaut und jeder mit sechs oder acht Ochsen bespannt, welche die schweren Lasten nur langsam vorwärts schleppten. Die Tiere waren müde und außerordentlich erschöpft. Auch den Pferden, auf welchen die Reiter saßen, sah man es an, daß sie die letzteren kaum noch zu tragen vermochten. Die Zungen hingen ihnen aus den Mäulern; ihre Weichen schlugen und ihre Beine zitterten im Vorwärtsschreiten.
    Auch die Wagenführer gingen ermattet neben den stolpernden Stieren her. Sie senkten die Köpfe und schienen kaum die Kraft zu besitzen, ihre riesigen Peitschen schwingen zu können, um die Zugtiere zu einer letzten Anstrengung anzutreiben. Menschen und Tiere machten den Eindruck einer Karawane, welche dem Verschmachten nahe ist.
    Nur das Pferd des voranreitenden Führers zeigte eine Frische der Bewegungen, welche auf keine Ermattung schließen ließ. Der Reiter aber saß gerade so schwer nach vorn gebeugt wie die anderen im Sattel, als ob er ebenso wie sie unter dem entsetzlichen Wassermangel zu leiden habe; aber wenn eine der Frauen oder eins der Kinder, welche in den Wagen saßen, einen Klageruf ertönen ließ, so richtete er sich unwillkürlich kräftig auf, und um seinen lippenlosen Mund spielte ein Lächeln teuflischer Befriedigung.
    Dieser Mann trug nach Indianerart lange Haare, auf dem Körper ein rotbraunes enganliegendes Trikot, mit dunklen Streifen besetzt, das ihm von ferne ganz das Aussehen eines Indianerhäuptlings verlieh. Auf dem Kopf hatte er ein paar lange Adlerfedern befestigt, die diesen Eindruck vervollständigten; auch das Gesicht und der Nacken waren rötlich gebräunt. Es war kein anderer als Tobias Preisegott Burton, der fromme Missionar der Mormonen. Er hatte sich der Karawane als Führer angeboten, war von den Leuten als solcher angenommen worden, um die ihm Anvertrauten jetzt dem sicheren Verderben entgegenzuführen.
    Jetzt gab der vorderste Reiter seinem Pferd die Sporen, daß es ihn durch eine außerordentliche Anstrengung an Burtons Seite brachte.
    „Es kann“, sagte er zu demselben, „nicht länger so fortgehen! Wir Menschen haben seit vorgestern keinen einzigen Schluck bekommen, weil wir das letzte Wasser für unsere Tiere aufheben mußten. Und das ist seit gestern früh zu Ende, da die letzten beiden Fässer ganz unbegreiflicherweise ausgelaufen sind.“
    „Das macht die Hitze“, erklärte Burton. „Die Faßdauben schlossen nicht

Weitere Kostenlose Bücher