11 - Die Helden des Westens
Winnetou:
„Die weißen Männer dürfen keine Sorge haben. Hier ist Winnetou, der Häuptling der Apachen, welcher ihnen Hilfe, Fleisch und Wasser bringt.“
Seine sonore Stimme war deutlich zu hören. Kaum war das letzte Wort verklungen, so hörte man in dem Innern der Wagenburg den Hobble-Frank freudig ausrufen:
„Winnetou? Da sei Viktoria getrommelt und gepfiffen; denn wo der Apache ist, da muß ooch der Bärenjäger und sein kleener Martin sein! Laßt mich 'naus; ich muß sie alle beede angtukah umärmeln! Nee, so eene Weihnachten! Hier mitten in der Sahara und bei fast stockdunkler Nacht mit meinen besten Freunden zusammenzurennen, da is doch die Freude gar zu groß!“
Er kam über einen Wagen geklettert und von demselben herabgesprungen, blieb aber erstaunt stehen, als er die Schar der Comanchen erblickte.
„Alle Wetter, was is denn das?“ fragte er. „Da hält ja een ganzes Bataillon Kavallerie vor unserer Tür! Das kommt mir merschtenteels verdächtig vor. Kommen Sie mal 'raus, Herr Old Shatterhand, und sehen Sie sich mal die Geister an, die allhier zu Pferde nachtwandeln.“
Aber schon hing Martin Baumann an seinem Hals, und zugleich schlang auch der Bärenjäger die Arme um ihn. Das gab ein herzliches Frohlocken. Auch Winnetou begrüßte den alten Bekannten erfreut und sagte dann:
„So muß mein Bruder Shatterhand hier sein. Hat er meine Stimme nicht gehört?“
„O doch! Hier bin ich!“ rief der Genannte, welcher mit Hilfe einiger anderer schnell zwei Wagen auseinander geschoben hatte und nun heraustrat, um den roten Freund an seine Brust zu drücken. Die anderen folgten nach, Jemmy, Davy, der Juggle-Fred, Jim und Tim; die ersteren, um die Freunde zu begrüßen, die letzteren, um so schnell wie möglich Winnetou zu sehen. Das gab ein reges Fragen und Antworten, ein Drücken und Schütteln der Hände, aber ohne allen Lärm, wie es die Lage mit sich brachte.
Aber ernst und traurig stand der junge ‚Eisenherz‘ bei seinen Comanchen, welche erstaunt waren, ihn hier zu finden, und er erzählte ihnen von der Ermordung ihres Häuptlings, seines Vaters. Sie hörten ihn schweigend an und sagten kein Wort dazu; aber in ihrem Innern war den ‚Geiern‘ der Tod geschworen.
Nachdem die Begrüßung vorüber war, entwickelte sich ein zwar stilles, aber höchst geschäftiges Treiben in der Wagenburg und um dieselbe. Sie wurde erweitert, damit auch die Comanchen im Innern Platz finden könnten. Die Geier sollten nicht bereits von weitem sehen, daß sie es jetzt mit einer solchen Zahl von Gegnern zu tun hätten. Auch die Pferde wurden hineingeschafft. Die Comanchen verteilten ihr Fleisch und auch das Wasser, welches sie in ausgehöhlten Flaschenkürbissen mit sich führten, unter die Auswanderer, denn Old Shatterhand versprach, daß man bald größeren Vorrat haben werde. Dennoch reichte es nicht aus, den Durst dieser armen Leute völlig zu stillen.
Es gab noch einzelne interessante und ganz unerwartete Szenen, wie zum Beispiel diejenige, als Ben New-Moon den Juggle-Fred erkannte, welcher ihn damals aus der Mörderhand des Stealing-Fox errettet hatte. Bald jedoch herrschte tiefe Stille um die Wagenburg. Zwar schlief keiner, aber diejenigen, welche einander so viel zu erzählen hatten, sprachen nur im Flüsterton, so daß außerhalb der Wagenburg kein Laut zu hören war.
Old Shatterhand hatte das Kommando übernommen. Er saß neben Bloody-Fox, um sich den Lebenslauf desselben und dann vor allen Dingen auch die Gegend, in welcher sie sich jetzt befanden, auf das genaueste beschreiben zu lassen. Es sollte womöglich keiner der ‚Geier‘ entkommen, damit dem Treiben derselben ein für allemal ein Ende gemacht werde.
Ganz besonders interessierte es ihn zu hören, daß neben der großen südlichen Kaktusstrecke ostwärts noch eine zweite liege, welche zwar weit schmaler, aber noch viel länger als die erstere sei. Fox sagte, daß sich zwischen beiden ein ziemlich schmaler Sandstreifen südwärts ziehe, auf welchem man nach seinem ‚Geisternest‘ gelangen könne.
„Gut!“ sagte Old Shatterhand. „So kann kein einziger dieser Halunken entkommen. Sollten sie unsere Überzahl ja zu früh bemerken, oder sollten sie nach dem ersten Angriff fliehen, so jagen wir sie zwischen diese beiden Kaktusstrecken hinein und brennen dieselben an. Dadurch erhalten wir zugleich Wasser für die Zugtiere, welche nicht verschmachten dürfen.“
„Aber da werden die ‚Geier‘ meinen See erreichen und von da aus
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