1174 - Blut für Ludmilla
ich, und zu den Seiten hin würde sie es nicht wagen.
Ich hatte sie in der Falle, und genau das war mein Plan gewesen. Zumindest der erste Teil.
»Sehr gut«, flüsterte ich, »ausgezeichnet. Alles ist wie für uns beide bestellt.«
Ludmilla gab mir keine Antwort. Aber sie hatte Angst. Es kommt selten vor, dass ein Vampir dieses Gefühl zeigt. Bei ihr war es der Fall. Ich hörte die keuchenden Laute aus ihrem Mund dringen. Es waren keine Atemstöße, denn darauf konnte ein Vampir verzichten. Der Anblick des Kreuzes bereitete ihr körperliche Schmerzen, was mir ebenfalls auffiel, denn sie suchte nach einem Ausweg, nicht mehr auf meinen Talisman schauen zu müssen. Sie drehte den Kopf zur Seite, aber sie schloss die Augen nicht. Es war wie ein Zwang, sie offen halten zu müssen.
»Marek!« rief ich leise.
»Ja, was ist?«
»Komm her!«
»Und dann?«
»Komm schon!«
Ich wusste, dass er sich fürchtete. Alles andere wäre auch unnormal gewesen, doch ich brauchte jetzt dringend seine Hilfe, denn ich war nicht in der Lage, mit der Untoten zu sprechen.
Er blieb nahe bei mir stehen. Aufgeregt und zitternd. Ich beruhigte ihn mit wenigen Worten und kam dann zum Kern meines Anliegens. »Sag ihr, dass sie sich umdrehen soll!«
»Aber…«
»Sag es ihr!«
»Gut.« Er sprach mit leiser Stimme, aber die Untote verstand ihn und sie gehorchte auch. Sie würde alles tun, um dem Anblick des Kreuzes zu entgehen. Das hatte sie jetzt erreicht. Sie schaute es nicht mehr an, sondern starrte gegen die Wand des Hauses und ich sah ihren Rücken. Sie trug ein dunkles Kleid oder ein Gewand, das recht weit um ihren Körper hing.
»Willst du ihr in den Rücken schießen oder…«
»Nein, das habe ich nicht vor.«
»Was dann? Begraben? Wieder in das Loch stecken und…«
»Du wirst etwas tun, Radu. Sage ihr, dass sie ihre Hände nach hinten strecken soll.«
»Ach. Und was…«
»Bitte!«
»Schon gut.«
Endlich reagierte er. Während er sprach, löste ich mit einer Hand mein Handschellen-Paar, das ich fast immer bei mir trug.
Ich sah die nach hinten gereckten Arme und auch die ausgestreckten Hände. Genau in dieser Haltung hatte ich sie haben wollen. Ich übergab dem Popen die Handschellen.
»Klicke sie um das rechte Handgelenk.«
»Ja, und dann…?«
»Bitte, tu es!«
»Schon gut, ja.«
Die Blutsaugerin spürte die Macht des Kreuzes auch jetzt. Sie stand auf der Stelle und bewegte sich nicht, weil sie genau wusste, dass sie dann verloren war.
Schlaff hing der leere Ring der Handschelle nach unten und baumelte wie der Stein des Pendels.
»Bist du zufrieden, John?«
»Nein, nicht ganz. Wirf sie um, Radu. Tritt ihr in die Kniekehle. Ich will sie am Boden haben. Los, schnell!«
Der Pope fragte nicht mehr. Er gehorchte und trat ihr in die Kniekehle. Zugleich zerrte er an der Handschelle und riss das Geschöpf so von den Beinen. Ludmilla fiel schwer auf den Boden. Sie schrie auf, sie wollte wieder hoch, aber dagegen stand mein Kreuz, das über ihr schwebte. Mit ihm hielt ich sie in Schach.
»Nein, so nicht.«
Sie blieb liegen. Ich war zufrieden und wechselte auf die andere, die linke Seite. Die rechte sollte frei bleiben, denn dort musste Radu mir noch einmal helfen. »Pack ihr Bein, winkle es an und verbinde die Fessel mit ihm.«
Er staunte. Aber er gab keinen Kommentar ab. Das Kreuz hielt die Blutsaugerin in Schach, und wenig später hatte ich sie in der Lage, aus der sie sich kaum befreien konnte. Da hätte man ihr schon eine Hand und einen Arm abhacken müssen.
Bein und Arm waren miteinander verbunden. Sie lag auf dem Boden wie eine zurechtgebogene Figur und war völlig wehrlos geworden.
Genauso hatte ich es mir ausgerechnet. Radu war ebenfalls froh. »Jetzt kannst du sie ja töten«, sagte er.
»Das könnte ich…«
Er hatte begriffen. »Willst du es denn nicht tun?«
»Nein, das soll jemand anderer übernehmen.«
»Ich?«
»Auch nicht.«
»Wer dann?«
Ich stellte ihm eine Frage, die ihn überraschte. »Kannst du ein Auto fahren?«
»Klar.«
»Dann fahr meinen Wagen vor das Haus. Ich werde Ludmilla einladen und mit ihr verschwinden.«
Er schaute mich an, als hätte ich etwas völlig Aberwitziges zu ihm gesagt. Aber wieder war ich der Boss. Er nickte und stellte auch keine weitere Frage mehr.
Als ich ihm den Wagenschlüssel gegeben hatte, verschwand er so schnell wie ein Spuk.
Zurück in der Dunkelheit blieben die Blutsaugerin, Ivo Lasic und ich. Lasic hatte von allem nichts mitbekommen. Er war zu sehr
Weitere Kostenlose Bücher