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1174 - Blut für Ludmilla

1174 - Blut für Ludmilla

Titel: 1174 - Blut für Ludmilla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Noch war es nicht so weit. Aber es würde auch nicht mehr lange dauern, das Loch war bereits recht tief. Bevor die Männer mit dem Graben angefangen hatten, war es wichtig gewesen, das trockene Buschwerk zur Seite zu schaffen, das die alte Grabstätte umwuchert hatte. Um diese letzte Ruhestätte hatte sich niemand gekümmert. Keiner hatte Blumen auf das Grab gestellt. Niemand war gekommen, um zu beten. Hätte er es getan, dann wäre er womöglich von einem gewaltigen Blitzschlag aus der Hölle getroffen worden.
    So sagten es zumindest einige aus dem Ort. Aber sie waren in der Minderzahl. Die meisten Bewohner waren der Ansicht, dass die Tote mehr war als ein Mensch.
    Sie sahen sie als Heilige an - die heilige Ludmilla!
    Sie tauchte als Heilige nirgendwo in den Annalen auf, aber in dieser Umgebung glaubte man fest an sie.
    Vier Männer schaufelten im Schein der Kerzen. Es waren diejenigen, die sich nicht fürchteten und endlich Bescheid wissen wollten. Auf der alten und nahen Steinmauer standen Laternen, die zusätzliches Licht über das Grab warfen. Die Kerzen waren in einem größeren Umkreis aufgestellt worden. Sie dienten mehr dem Wohlgefühl der Zuschauer, die in respektabler Entfernung ihren Platz eingenommen hatten. Männer, Frauen, und sogar Kinder befanden sich darunter. Sie klammerten sich ängstlich an den Händen ihrer Eltern fest.
    Es war eine Nacht, wie sie auch der Winter hätte bringen können, so dunkel, beinahe schon schwarz, als hätten unheimliche Geister Fässer mit Tinte ausgekippt. Manchmal meldete sich der Wind. Dann rauschte er heran und brachte den trockenen und staubigen Geruch mit. Es fehlte der Regen. Dieser Sommer war hart. Hitze, Staub, eine sengende Sonne, die in die schmalen Täler hineinschien. Es lag auch kein Schnee mehr auf den höchsten Kuppen der Berge. Alles war getaut, und selbst die ins Tal fließenden Bäche waren zu schmalen Rinnsalen geworden.
    Die vier Männer schaufelten ohne Unterlass. Immer wieder flog die Erde hoch, um die Hügel zu vergrößern. Die Erde war sehr trocken, und ein Teil davon löste sich unterwegs in Staubfahnen auf.
    Im Licht der Laternen schimmerten die Gesichter der Männer wie mit Öl eingerieben. Ihre nur mit Unterhemden bedeckten Oberkörper dampften, aber sie gaben nicht auf und legten auch keine Pausen ein.
    Die Leiche lag schon einige Jahre unter der Erde. Sie hätte längst verwest sein müssen. Ein Skelett, ohne Haut, ohne Fleisch. Das wäre der natürliche Weg gewesen, aber die alten Schriften sahen es anders. Und wenn es stimmte, was da geschrieben worden war, dann hatte der kleine Ort in den Karpaten eine Sensation, die ihn möglicherweise weltbekannt machte.
    Vermodert und verwest. Wie auch der schlichte Sarg. Und genau der war unter dem Druck der Erde nicht zusammengebrochen. Alle hörten, wie die Schaufeln gegen ein Hindernis stießen und dabei einen dumpfen Klang abgaben.
    »Wir haben ihn!«, rief einer der Arbeiter halblaut. Er war der Anführer, hielt einen Moment inne und hob seine Schaufel an. Dabei drehte er sich den anderen zu. »Habt ihr es gehört? Habt ihr den Klang gehört?« Er lachte. »Es stimmt. Wir haben das Ziel fast erreicht. Wer den Sarg sehen will, der kann näher kommen. Los, schaut ihn euch an. Es gibt ihn noch. Er ist nicht zusammengebrochen…«
    Ivo Lasic lachte. »Was ist? Scheut ihr euch?«
    Die Menschen schwiegen. Sie hatten ja vieles wissen wollen, und sie waren nahe dran, die Bestätigung zu bekommen. Nun aber, wo es fast so weit war, hatte niemand so richtig den Mut, und Ivo musste sie noch zweimal auffordern, ehe sich ein Mutiger in Bewegung setzte und bis zum Rand des Grabes ging.
    Er schaute nach unten.
    Selbst im schwachen Schein der Laternen war zu erkennen, wie sehr er sich erschreckte. Er schaute noch mal hin, nickte und drehte sich um. »Es ist wahr«, sprach er gegen die Gesichter der Neugierigen. »Es ist tatsächlich wahr. Der Sarg ist nicht eingefallen. Er hat all die Jahre gehalten.« Aus seinem Mund drang ein unsicher klingendes Lachen. »Ich kann es euch auch nicht sagen, das ist schon der erste Teil des Wunders. Wir werden bald den zweiten sehen, davon bin ich überzeugt. Und dann… dann wird die Welt wissen, was hier geschehen ist. Da erlebt sie das Wunder vom Balkan.«
    Keiner gab ihm auf seine Worte eine Antwort. Aber die Zuhörer hatten ihn verstanden, und sie nickten in seine Richtung, wobei das Staunen nicht aus ihren Gesichtern wich. Innerhalb der Kulisse wirkten sie wie Statisten in

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