1174 - Blut für Ludmilla
Pfahl lag. Es stimmte. Ich gab ihn ab und überreichte ihm auch wieder das Vampirpendel.
»Hast du mit dem Popen gesprochen?«
»Wir sind gut zurechtgekommen.«
»Wo sollen wir denn hin?«
»Lass dich überraschen!«
Er sagte nichts mehr. Seine nackten Füße steckte er in ein Paar alte Pantoffeln, die man ihm auch zur Verfügung gestellt hatte. Ich übernahm die Führung. Keiner der anderen Patienten war erwacht oder hatte sich eingemischt.
Ich öffnete wieder sehr leise die Tür und schaute in den Flur. Die Luft war rein, und so nickte ich Marek zu, der den Kopf schüttelte. »Das ist ja wie eine Entführung.«
»Wieso wie?«
Er schlich neben mir her. Ich fragte ihn nach einem Lift.
»Da gibt es einen für Notfälle.«
»Sind wir einer?«
»Ich fühle mich nicht so.«
Wir nahmen also die Treppen. Allerdings die des Notausgangs. Marek hielt seinen Pfahl fest. So kannte ich ihn schon seit Jahren. Allerdings nicht in diesem Outfit. Das war auch für mich ein Novum. So hätte er in einer Vampir-Groteske auftreten können, aber hier lief keine Comedy ab, die Sache war verdammt ernst.
Im Treppenhaus war es kalt. Da roch nur der Beton. Das Licht brannte nur vereinzelt, aber es reichte aus. Durch einen Seiteneingang konnten wir das Krankenhaus ungesehen verlassen.
Marek blieb stehen und atmete die kühle Luft ein. »Das tut richtig gut nach dem Gestank im Zimmer. Ich denke, ich gehe nicht mehr zurück.«
»Und wenn ich dich tragen muss, du gehst.«
»Das traue ich dir zu«, sagte er grinsend. »Ach ja, wo steht denn dein Wagen?«
»Da - bei den Bäumen.«
Wir gingen los. Schatten gab es genug. Es trieben sich auch keine finsteren Gestalten in der Nähe des Krankenhauses herum, die uns gefährlich werden konnten.
Ich hatte den Ford an einem recht einsamen Platz abgestellt. Nicht nur das breite Geäst eines Baumes schützte ihn, von der Seite her erhielt er noch Deckung von einer Buschgruppe.
Marek ging zur Tür, um einzusteigen, aber ich schüttelte den Kopf. »Nein, der Platz ist hinten.«
»Im Fond?«
»Kofferraum.«
Ich hatte ihm bisher nicht gesagt, was ich darin transportierte. Auch jetzt gab ich keine Erklärung ab. Ich ließ den Schlüssel in das Schloss gleiten, drehte ihn herum, und einen Moment später schwang die Klappe nach oben.
»Da liegt sie, Frantisek«, sagte ich mit leiser Stimme. »Deine Ahnin Ludmilla…«
***
Ich bezweifelte, dass der Pfähler damit gerechnet hatte. Er starrte nach unten. Er war nicht in der Lage, auch nur ein Wort zu sagen. Ich sah, wie sein Körper zitterte und er auch einen starken Schweißausbruch erlebte.
Ludmilla existierte noch. Es hätte auch sein können, dass sie während der Fahrt gegen das Kreuz gerutscht wäre, das war glücklicherweise nicht passiert. So lag sie gefesselt und unbeschädigt vor uns. Den Kopf so gedreht, dass sie in die Höhe blicken konnte. Im Licht der Kofferraum-Beleuchtung sahen wir den Hass in ihren Augen funkeln. Vielleicht war es auch die Gier nach Blut, so genau wusste ich es nicht.
Mit dem Handrücken seiner nicht verletzten Hand wischte Marek sich den Schweiß von der Stirn.
Ich konnte mir vorstellen, was jetzt in seinem Kopf ablief. Ausgerechnet er, der Vampirjäger, der Pfähler, hatte eine Blutsaugerin als Ahnin, die in all den langen Jahren nicht verwest war. Das musste er begreifen und auch damit fertig werden.
»Du hast sie mir bewusst überlassen, nicht wahr?«
»Genau.«
Er verzog seinen Mund, als er fragte: »Kannst du dir vorstellen, wie man sich fühlt, wenn man kurz davor steht, seine eigene Ahnin umzubringen?«
»Nein, Frantisek, aber ich kann es mir denken.«
Ich bückte mich und nahm das Kreuz wieder an mich. Kaum hielt ich es in der Hand, als sich Ludmilla bewegte. Trotz der Fesselung schob sie ihren Körper in die Höhe, um den Kofferraum zu verlassen. Sie wollte sich über den Rand rollen. Sie riss dabei ihren Mund auf, wir sahen die spitzen Blutzähne, aber sie schaffte es nicht, obwohl sie sich mit der freien Hand am Rand festklammerte, denn ich brachte das Kreuz wieder in ihre Nähe. Da zog sie die Hand schnell wieder zurück und jaulte auf wie eine gequälte Ratte.
»Wenn du willst, Frantisek, lasse ich dich allein und gehe weg. Dann kannst du es beenden.«
»Nein, John, ich möchte, dass du bleibst. Ich bin dir auch irgendwie dankbar, dass du mir die Chance gegeben hast. Ich verspreche dir, ich werde sie nutzen. Ich weiß, dass sie nicht weiter existieren darf. Hat sie schon Blut
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