1174 - Blut für Ludmilla
schwang leicht hin und her, wenn auch die Augen im Gesicht der Zigeunerin noch nicht glühte.
Von der Seite her schielte mich der Pope an. »Sie… sie… ist in der Nähe, John. Ich tue nichts. Es ist das Pendel.« In seiner Stimme klang deutlich die Nervosität mit.
»Das hat auch so sein sollen«, erklärte ich.
»Was machen wir jetzt?«
»Wo müssen wir hin?«
»Es ist das übernächste Haus.«
»Okay, diesmal gehe ich vor.«
»Soll ich das Pendel weiterhin…«
»Nein, Radu. Gib es mir. Du bleibst zurück. Das ist jetzt mein Job. Aber du kommst, wenn ich dich rufe.«
»Ja, mach ich.«
Ich steckte das Pendel ein. Der Stein hatte sich etwas erwärmt, dachte ich zumindest. Ich ging davon aus, dass sich die Blutsaugerin nicht im Haus, sondern draußen aufhielt. Und das konnte auch der Garten sein. Anschleichen wollte ich mich nicht. Es hätte auch viel Zeit gekostet. So ging ich mit schnellen Schritten, auch wenn ich sehr auf der Hut war. Nur nicht in eine Falle laufen.
Das Kreuz hing längst nicht mehr vor meiner Brust. Ich hatte es in die Tasche gesteckt, wo es griffbereit war. Einen Garten musste ich noch durchqueren. Das war ein Stück flaches und nicht umzäuntes Gelände. Also kein Problem.
Plötzlich hörte ich die Geräusche. Sie waren noch undefinierbar. Eine Mischung aus Lachen, Flüstern, auch Stöhnen. Ich ahnte, dass sie von Ludmilla stammte.
Im Haus der Familie Lasic brannte Licht. Aber nur ein Fenster an der Rückseite war erhellt. Trotzdem sah ich nicht, was sich innerhalb des Gartens abspielte.
Dicht an der Hauswand ging ich weiter. Es waren nur wenige Schritte, und die Geräusche hörte ich jetzt deutlicher.
Ich musste um die Ecke gehen.
Einen Schritt noch, dann hatte ich es geschafft - und sah trotz der Dunkelheit, was passiert war.
Man konnte die Szene als nahezu klassisch ansehen. Da war es dem Monster gelungen, einen Menschen zu überfallen und ihn zu Boden zu werfen.
Lasic lag auf dem Rücken. Ludmilla kniete über ihm. Sie war dunkel gekleidet. Ich sah ihr helles Gesicht und auch den Schmück an ihren Armen. Sie hatte mich bemerkt und richtete sich leicht aus ihrer knienden Haltung auf. Dabei hob sie mehr den Kopf, um mich anschauen zu können.
Lasic bewegte sich nicht. Ich wusste nicht, ob er bereits gebissen worden war, hoffte aber für ihn auf das Gegenteil. Jedenfalls schienen mir die Lippen der Ludmilla Marek nicht blutig zu sein.
Es war schon ein seltsames Gefühl, die noch existierende Ahnherrin eines Freundes von mir zu sehen. Ich glaubte auch nicht, dass Frantisek Marek sich in diesem Punkt geirrt hatte.
Ludmilla sah mich, aber sie sah nicht nur mich, sondern auch das Kreuz, das ich ihr entgegenhielt.
Es war die Waffe gegen Vampire. Besonders dann, wenn es sich um ein Kreuz handelte wie das meinige, das eine große Vergangenheit hatte.
Ich griff sie nicht an, ich wartete, denn ich wollte auf etwas Bestimmtes hinaus.
»Lass ihn los!«
Es war fraglich, ob sie mich verstand, aber die Geste musste eigentlich reichen.
Als ich andeutete, noch einen Schritt weiter zu gehen, da reagierte Ludmilla. Sie löste ihre Hände tatsächlich vom Körper des Liegenden, und ich sah dabei das dünne Band, das durch ihre Finger glitt und dessen Ende um Ivos Kehle geschlungen war.
Damit hatte sie ihn überrascht. Da ich Ivos Atem nicht hörte, befürchtete ich das Schlimmste. Zum Glück traf Radu in diesem Moment ein. Auch er sah, was geschehen war, und ich ließ ihn erst gar nicht dazu kommen, einen Kommentar abzugeben.
»Kümmere dich um Ivo. Er hat eine Schlinge um den Hals. Keine Sorge, ich halte Ludmilla in Schach.«
Es war nicht nur ein Versprechen, ich setzte es auch in die Tat um. Sie fürchtete das Kreuz und wich, als ich mich voranbewegte, zurück. Ihr Mund stand offen. Ich sah das Schimmern der beiden Vampirzähne dicht unter der Oberlippe und würde dafür sorgen, dass sie diesmal nicht zum Biss kam.
Der Pope hatte sich neben Ivo gekniet. Er bemühte sich, die Schlinge von seinem Hals zu zerren und schaffte es auch. Als ich das Keuchen hörte, wusste ich, dass Ivo Lasic noch lebte.
»Bleib in meiner Nähe, Radu!«
»Ja, ist gut.«
Ich trieb Ludmilla zur Seite. Es reichte der Anblick meines leicht schimmernden Kreuzes, und ich merkte auch, dass es sich erwärmt hatte. Sie drehte sich, weil sie einer bestimmten Bewegung von mir folgen musste - und spürte dann in ihrem Rücken die Hauswand.
Jetzt kam sie nicht weg.
Nicht nach hinten, nicht nach vorn, da stand
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