118 - Der Unersättliche
kam.
„Wonach schaust du aus?" fragte Rachel.
Ribera konnte keine Antwort mehr geben. Die Jacht wurde heftig erschüttert. Der heftige Stoß riß Ribera und Rachel von den Beinen.
„Wir sind aufgelaufen!" rief ein Mann von der Kommandobrücke. „Das verstehe ich nicht. Hier müßte das Meer gut zehn Faden tief sein…"
Die Jacht schlingerte und wurde hin und her geworfen, als bewege sich das Hindernis, auf dein sie aufgefahren war, Nach und nach wurden alle Passagiere geweckt. Alle schrien durcheinander. „Mario!"
Ribera hörte erst jetzt Rachels Hilferufe. Sie war ins Wasser gefallen und schien um ihr Leben zu kämpfen. Plötzlich schien sie von etwas gepackt und unter Wasser gezogen zu werden. Sie verschwand.
Die Jacht bekam Schlagseite. Plötzlich stieß etwas durch das Wasser nach oben. Ribera sah einen riesigen zottigen Rücken. Wieder ging ein Stoß durch die Jacht - und sie kippte zur Seite. Ribera verlor den Halt und ging über Bord.
Als er wieder auftauchte, türmte sich vor ihm ein haushoher Schatten. Etwas Riesiges sauste durch die Luft, packte ihn und zerquetschte ihn. Das letzte, was Ribera hörte, waren die Todesschreie seiner Freunde.
„Mit der Jacht muß irgend etwas passiert sein."
„Vielleicht aufgelaufen… "
„Ist auch ein totaler Irrsinn, ohne Licht so nahe an das Uf er zu fahren."
„Wir müssen hin. Vielleicht können wir helfen."
Die sechs Strandwanderer - drei Pärchen - liefen zu ihrem Buggy. Gleich darauf heulte der Motor auf, und das Fahrzeug setzte sich mit durchdrehenden Antriebsrädern in Bewegung.
„Scheinwerfer einschalten!" befahl einer der Männer dem Fahrer. Zwei Lichtkegel leuchteten auf und griffen dem Wagen voraus.
Plötzlich kam ein dunkler Fleck auf dem sonst so makellosen Sandstrand in Sicht.
„Achtung!"
Der Fahrer war beschwipst und reagierte langsam. Bevor er den Wagen herumreißen konnte, fuhr der Buggy in die klebrige Masse und blieb darin stecken. Der Fahrer gab Vollgas, erreichte aber damit nur, daß die Räder durchdrehten und sich in den Sand fraßen.
Der Motor erstarb.
„Seht nur die vielen Fußspuren! Sie führen von dieser Masse fort. Zum Wald."
„Was hat das zu bedeuten?" fragte einer der Männer und sprang vom Wagen. Er versank sofort bis über die Knöchel in der breiigen ekelerregenden Masse. „Woher kommt das Zeug?"
„Das Meer wird es an Land gespült haben…"
„Da!"
Ein Mädchen begann zu schreien. Sie deutete auf zwei violett glühende Punkte, die durch das Dickicht leuchteten. Das Unterholz krachte, als wälzte ein schwerer Körper hindurch. Ein Baum neigte sich zur Seite und wurde wie ein Streichholz geknickt.
Ein Schatten tauchte auf. Hoch wie ein mehrstöckiges Haus. Er hatte die Umrisse eines zottigen Tieres, erinnerte an einen Affen. In dem Schädel glühten zwei violette Punkte. Das mußten die Augen sein.
Die Strandwanderer sprangen aus dem Wagen und wichen zurück. Das furchterregende Ding schien sie noch nicht bemerkt zu haben. Es beugte sich über die schleimige Masse und begann sie mit breiter Zunge aufzulecken. Dabei schmatzte es laut.
„Heilige Mutter!" rief einer der Männer. „Was - was ist das?"
Der Riesenaffe, oder was immer das Monster war, ruckte hoch. Der Blick der glühenden Punkte schien sich auf die sechs winzigen Menschen zu richten. Er zog seine gewaltige Zunge ein und wandte sich den Strandwanderern zu.
„Nichts wie weg!"
Die drei Männer und Mädchen begannen um ihr Leben zu laufen. Den Abschluß bildete der Fahrer des Buggies. Er war nicht mehr ganz sicher auf den Beinen.
Plötzlich schlug etwas Klebriges gegen seinen Rücken, und er fühlte sich hochgehoben. Als die anderen seine Entsetzensschreie hörten und sich nach ihm umwandten, sahen sie, daß er in einem riesigen Maul verschwand …
Der Boden erbebte wie unter den Schritten eines Riesen. Keller sah immer wieder zur Seite. Er vernahm das Krachen und Splittern von Holz, das sich anhörte, als walze ein riesiger Tank den Wald nieder. Die Geräusche entfernten sich schnell - und zwar in der Richtung, in der er mit Lonrival da Silva lief.
„Was geht hier vor sich, Lonrival?" rief Keller.
„Kether wurde geboren", antwortete der Curandeiro.
Keller schauderte. War Kether mehr als nur ein fiktiver Götze? War er tatsächlich zum Leben erwacht?
Sie erreichten die Bucht von Farradurinha, die von Baumhütten umsäumt wurde. Keller stockte der Atem, als er sah, daß alle Baumhütten beschädigt waren, als hätte ein Hurrikan
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