1180 - Der Drachenschatz
gelungen, sich wieder schnell zurückzuziehen.
Noah Flynn traute sich wieder näher an ihn heran und schüttelte den Kopf. Er wollte etwas sagen, schaffte es jedoch nicht. Ich sah das Tränenwasser in seinen Augen schimmern, und wenn er atmete, dann immer nur scharf durch die Nase.
»Lass mich, Noah.«
»Ja, gut.«
Ich beugte mich zu Russell hinunter. Er war noch nicht tot. Aber ich hatte schon einige Menschen in seiner Situation erlebt und wusste deshalb, dass sein Lebensfaden sehr, sehr dünn war.
»Burt…?«
Er hatte mich nicht gehört. Ich hatte wahrscheinlich zu leise gesprochen. Deshalb brachte ich bei meiner nächsten Frage die Lippen dichter an sein Ohr.
»Kannst du mich hören, Burt?« Seine Antwort war ein Stöhnen. »Versuche es bitte. Wir brauchen dich. Wir wollen wissen, wer dir das angetan hat.«
Jetzt hatte er mich gehört. Ich sah es an seinem Blick. »Hinterhalt«, würgte er flüsternd hervor.
»Hinterhalt. Säbel oder so. In meinen Rücken.«
»Hast du keinen gesehen?«
»Nein.«
»Kein Messer?«
»Es war so lang…«
Ich wollte noch etwas fragen, aber es hatte keinen Sinn mehr. Der Mund des Mannes zuckte noch kurz auf. Ein schreckliches Würgen drang an unsere Ohren, das letzte Lebenszeichen, dann war es mit Burt Russell vorbei.
Noah Flynn konnte es noch immer nicht glauben. Er wischte einige Tränen ab.
»Ist er tot?«
»Ja.« Ich schloss ihm die Augen.
Noah ging zurück. Er blieb an der Wand stehen und schüttelte den Kopf. »Einfach so«, flüsterte er.
»Burt ist einfach so gestorben. Das… das kann ich nicht fassen.«
»Es ist aber so. Und er ist keines natürlichen Todes gestorben. Ich denke, wir beide haben die Gefahr unterschätzt. Man hat ihn eiskalt umgebracht. Der oder die Mörder sind näher hier am Haus, als wir gedacht haben.«
Noah hatte meine Worte vernommen, allein ihm fehlte der Glaube. Er war geschockt, er fuhr über sein Haar und schüttelte den Kopf. »Aber warum, John? Warum hat man Burt Russell getötet?«
»Weil er ein Hindernis auf dem Weg zu uns gewesen ist. Deshalb musste er sterben.«
»Ich hasse diese Logik.«
»Ich auch«, sagte ich, ging zur Tür und warf einen Blick in den Flur. Es war nichts zu hören und auch nichts zu sehen. Irgendwie glaubte ich auch nicht, dass sich der oder die Mörder noch innerhalb des Hauses aufhielten. Sie hatten ihren verfluchten Job erledigt und waren verschwunden.
Burt Russell hatte nur wenig gesagt. Das Wenige allerdings hatte mich nachdenklich werden lassen, und darüber dachte ich nach. Aber Noah störte mich mit seiner Frage.
»Wir müssen die Polizei holen, oder? Die Leiche muss hier weg. Ich kann sie nicht liegen lassen…«
»Das ist schon wahr, Noah, aber später. Außerdem bin ich Polizist. Wir lassen Burt zunächst hier. Wir legen ihn auf den Boden und verschwinden selbst.«
»Willst du jetzt zu meiner Hütte?«
»Ja, je eher, umso besser. Ich werde den Eindruck nicht los, dass sich die Dinge allmählich verdichten. Ich möchte nichts versäumen und mir später Vorwürfe machen.«
»Was treibt dich denn so?«
»Wenn ich dir sage, dass es mein Gefühl ist, stimmt das auch. Aber es ist nicht alles. Ich möchte von dir wissen, ob du Russells letzte Worte verstanden hast.«
»Ja, ich denke schon.«
»Kannst du sie wiederholen?«
»Nein.« Er ging von mir weg. »Ich war einfach zu geschockt. Ich habe sie nicht behalten.«
»Aber genau um seine Worte geht es, Noah. Er hat von seinem Mörder gesprochen und hat auch die Waffe erwähnt, die tief in seinen Körper gefahren ist. Sie trat an der Brust nicht wieder hervor, aber man kann auch einen Säbel schräg halten und in einem bestimmten Winkel in den Körper stoßen.«
»Sagtest du Säbel?«
»Sicher.«
Noah Flynn war durcheinander. Er schaute mich an, dann wechselte sein Blick zu dem Toten hin.
»Aber wer läuft denn schon mit einem Säbel durch die Gegend und bringt Menschen um? Kannst du mir das erklären?«
»Kann ich leider nicht.«
»Burt hat sich bestimmt geirrt. Ich lebe hier, aber ich habe noch nie jemand mit einer derartigen Waffe gesehen.«
»Es ist ein Fremder, Noah.«
Er breitete die Arme aus. »Und woher soll der Fremde gekommen sein?«
»Woher kamen die Münzen?«
Noahs Mund klappte zu. Er brauchte einige Zeit, um etwas erwidern zu können. »Was haben die denn mit dem Mörder zu tun?«
Ich winkte ab. Sagte nichts von einem Zeitloch und meinte nur: »Lassen wir das.«
Noah hatte viele Fragen, das wusste ich. Er stellte
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