1227 - Vampir-Drama
gemalt die blonde Stella und den hinter ihr stehenden Ari Gorman, der seinen Mund weit geöffnet hatte und so die beiden spitzen Vampirzähne zeigte, die auf der Zeichnung überlang zu sehen waren.
»Ah ja, so meinst du das…«
»Genau.«
In Stella regte sich schwacher Widerstand. »Aber wir drehen doch jetzt nicht mehr.«
»Na und?«
»Wie?«
»Lass es gut sein.«
Stella nickte. Sie war froh, nicht mehr angesprochen zu werden. Sie war überhaupt froh gewesen, sich setzen zu können, und da war ihr der breite Stuhl, der schon mehr einem Sessel glich, sehr zupass gekommen. Sie hätte nie gedacht, dass sie ein recht kurzer Dreh so anstrengen konnte, auch wenn er entscheidend für den gesamten Film gewesen war, denn der Blutsauger hatte sie in sein Verlies geführt und dort zum ersten Mal gebissen. Klassisch gebissen, denn er hatte die Zähne in ihre linke Halsseite gestoßen.
Genau darüber musste sie auch nachdenken. Das war so echt gewesen, denn sie hatte tatsächlich den Schmerz beim Eindringen der Zähne gespürt, als hätte er wirklich zugebissen.
Sie hatte geblutet, und das war vom Drehbuch her auch so vorgesehen, aber es war ihr echtes Blut gewesen und nicht das Kunstblut. Das wusste sie genau, und Ari musste es mit Vergnügen getrunken haben, noch jetzt klang ihr sein Schmatzen in den Ohren nach.
Das war schon komisch. Für eine Weile hatte sie auch das Gefühl gehabt, weggetreten zu sein, und sie war froh gewesen, die Garderobe betreten zu können, um sich dort auszuruhen, denn die Beine waren plötzlich schwer wie Eisenstangen geworden und Mattheit hatte sich in ihrem Körper ausgebreitet.
Es war auch nicht normal, dass Ari Gorman sie in die Garderobe begleitet hatte. Normalerweise hatte er einen kleinen Raum nebenan, in dem er immer allein sein wollte. Sogar das Schminken hatte er übernommen. Er wollte keine fremde Person an seine Haut heranlassen, und das hatte Jeff Wilson auch akzeptiert, denn mit den Schminkkünsten des Schauspielers war er hoch zufrieden gewesen.
Eigentlich hätte sie ja in das Drehbuch schauen sollen, denn sie wollte zumindest ungefähr wissen, was sie in den nächsten Szenen zu sagen hatte, aber es fehlte Stella einfach die Kraft.
Sie saß auf dem bequemen Stuhl, ließ sich treiben und versuchte darüber nachzudenken, weshalb sie von dieser Müdigkeit überfallen worden war.
Es war nicht normal. Stella führte im Gegensatz zu vielen anderen ihrer Kollegen und Kolleginnen ein recht normales Leben. Fernab von Drogen und Alkohol. Okay, es gab immer Gelegenheiten, wo sie mal ein Glas über den Durst trank, denn manchen Partys konnte man einfach nicht entwischen, doch in der Regel brauchte sie das Zeug nicht, um dann, wenn Abstürze kamen, sich wieder aufzuputschen.
Konnte man die Müdigkeit überhaupt mit einem Absturz vergleichen? Stella dachte darüber nach und kam zu dem Ergebnis, dass dies sehr wohl der Fall sein konnte. So musste sich jemand fühlen, der dringend etwas aus der Pharmafabrik brauchte, um wieder in Form zu kommen.
An ihrer linken Halsseite zuckte es immer wieder. Genau an den Stellen, an denen sie der Biss der beiden spitzen Vampirzähne erwischt hatte. Auch das Blut klebte dort als roter krustiger Rest, und Stella hatte den Eindruck, als würde sich Ari Gorman einzig und allein darauf konzentrieren und nicht auf ihren übrigen Körper.
Sie schaute ihn direkt an. Dabei musste sie den Kopf etwas anheben, und sie sah, dass sich seine Lippen zu einem Lächeln gekräuselt hatten. Er besaß sinnliche Lippen, nicht die schmalen eines Mannes, seine erinnerten mehr an die einer Frau.
Dieser Mund war geschwungen, besaß zugleich jedoch eine Form, die irgendwie immer Verachtung ausdrückte, ob er nun lächelte oder nicht.
Das war auch jetzt der Fall. Ein eisiger Gegenstand auf dünnen Beinen rann den Rücken der Schauspielerin entlang.
Stella hatte plötzlich das Gefühl, sich vor Ari fürchten zu müssen. Das war ihr niemals zuvor passiert.
Okay, sie kannte Ari Gorman noch nicht lange. Auch in der Szene war er keine Größe. Wenn sie es genau nahm, dann war er wie Phönix aus der Asche erschienen oder Jeff Wilson hatte ihn aus irgendeinem Hut hervorgezaubert.
Stella Martin musste zugeben, dass er dabei tatsächlich das Händchen gehabt hatte. Dieser Nobody war für die ihm zugedachte Rolle perfekt, das hatte Stella schon bei den ersten Szenen erlebt, die sie gemeinsam gedreht hatten. Und sie gab dies auch offen zu, da war sie ehrlich genug. Bei einer
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