1252 - Start der Vironauten
Verbindung zu ihnen aufgenommen und sie bekniet, ihm das Erziehungsrecht über ihre Sprößlinge zu überlassen. In den meisten Fällen hatte er Erfolg gehabt, weil die Kinder bei ihm und Anne bleiben wollten - und jetzt erst recht, wo es LEO’S KINDERGARTEN mit Sternenantrieb gab - und die Eltern uninteressiert waren. Von einigen Zöglingen hatten sich Anne und Leo aber schließlich doch trennen müssen.
Nun war es aber überstanden. Der letzte Apparatschik hatte sich aus LEO’S KINDERGARTEN verzogen. Die ovale 100 Meter lange und 80 Meter breite Plattform mit den bungalowähnlichen Aufbauten und dem Xenoforming-Park dazwischen war startbereit. Noch ein paarmal kräftig durchatmen, Erdenluft raus aus den Lungen, Virenatmosphäre rein. Ein bißchen Nostalgie kosten, mit Wehmut an die schönen Stunden auf Terra denken, denn ein bißchen wird sie einem ja vermutlich schon fehlen, die gute alte Mutter Erde. Aber irgendwann müssen die Kinder ja die Nabelschnur durchtrennen. Das hat sogar ES eingesehen.
Anne fiel ihm vor Erleichterung in die Arme. „Geschafft!" seufzte sie. Er spürte ihr Herz an seiner Brust klopfen. Er küßte sie auf die Nasenspitze, sie revanchierte sich mit einem kameradschaftlichen Biß in die Unterlippe. „Jetzt kann uns nichts mehr halten."
„Wohin soll es gehen?" erkundigte sich das Virenschiff.
Anne und Leox sahen einander an. Beiden schossen tausend verlockende Ziele gleichzeitig durch die Köpfe, sie wären am liebsten zu allen geflogen. Aber wohin zuerst? „Fliegen wir erst einmal los." Leo machte eine vage Handbewegung. „Einfach so. Einfach ins Blaue.
Erst einmal weg von Terra. Hinaus aus dem Solsystem, und dann der Nase nach."
„Soll ich das wörtlich nehmen?" erkundigte sich das Virenschiff. „Nach wessen Nase soll ich mich richten, die euren weisen aufeinander."
„Starten wir!" befahl Leo. „Wir finden schon noch ein lohnendes Ziel."
LEO’S KINDERGARTEN erhob sich vom Boden, schwebte ein paar Meter in die Höhe. „Ich werde mich um die Formalitäten mit der Raumbehörde kümmern", bot das Virenschiff an. „Denkt einstweilen über ein gemeinsames Wunschziel nach. Oder wollt ihr die Kinder abstimmen lassen?"
„Um Himmels willen, nein!" sagten Anne und Leo wie aus einem Mund.
LEO’S KINDERGARTEN stieg höher und höher, erreichte bald die obersten Atmosphäreschichten.
Die Kinder standen entlang des Plattformrands und blickten gebannt auf die kleiner werdende Topographie Asiens. Die Kontinente schrumpften, versanken unter weißen Wolkenmustern, hoben sich wieder daraus hervor. Der Horizont bog sich immer mehr, bis er sich zur Kugel schloß.
LEO’S KINDERGARTEN hatte die Erdatmosphäre durchbrochen und trieb schwerelos im Weltraum. „Wir sollten uns allmählich entschließen", drängte Anne. „Wie wäre es zuerst einmal mit einer Rundreise durch die Milchstraße und dem Besuch einiger Stationen der Endlosen Armada?"
„Mal überlegen", murmelte Leo in Gedanken versunken. „Habt ihr jetzt schon Heimweh?" erkundigte sich das Virenschiff. Die Energiekuppel über der Bungalowsiedlung mit dem Xenoforming-Park erstrahlte wie der Erdhimmel azurblau. „Stört euch der Himmel?"
Leo schwieg. Anne sagte: „Es ist nicht Heimweh, das uns gepackt hat ... Ich weiß selbst nicht, welcherart dieses Gefühl ist."
Sie sah Leo an. „Aber ich glaube, uns fehlt beiden irgend etwas. Als hätten wir etwas ganz Wichtiges zu tun vergessen. Oder als hätten wir etwas Wertvolles zurückgelassen. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll."
„Darf ich mich als Gedankenleserin betätigen und euer Gefühl deuten?" bot sich das Virenimperium an. Ohne eine Antwort abzuwarten, fügte es hinzu: „Ich bin auf Freundschaftskurs gegangen. Blickt in die Flugrichtung."
Anne und Leo begaben sich Hand in Hand zum Bug und blickten in den Räum hinaus. Zuerst bot sich ihnen nur der gewohnte Anblick des Erdorbits mit verstreut geparkten Raumschiffen, Raumstationen auf ihrer Bahn und ankommenden und abfliegenden Raumfähren.
Dann sahen sie den winzigen Punkt, der auf LEO’S KINDERGARTEN zukam und rasch größer wurde, so daß er bald als Gestalt in einem Raumanzug zu erkennen war. Die Gestalt winkte mit beiden Armen, trieb auf den Plattformwulst zu und tastete sich daran entlang bis zu einer Schleuse.
Wenige Minuten später tauchte Srimavo im Park auf. Sie lief auf die beiden zu und fiel ihnen in die Arme. „Du bist doch noch gekommen", sagte Anne glücklich. „Ich habe es doch
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