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126 - Hinter der Grenze

126 - Hinter der Grenze

Titel: 126 - Hinter der Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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aus.
    ***
    »Corporal Lansdale an Doktor Stuart. Bitte kommen.«
    Die Stimme drang an sein Bewusstsein, zwang Jed, über ihre Bedeutung nachzudenken. Er kannte sie, verstand die Worte, die sie sprach.
    Aruula.
    Mit einem Ruck setzte er sich auf. Schmerz explodierte in seinem Kopf und die Welt begann sich zu drehen.
    Jed stützte sich mit einer Hand am Boden ab. Mit der anderen tastete er nach seiner Schläfe. Seine Fingerspitzen berührten verkrustetes Blut und feuchte Haare.
    »Corporal Lansdale an Doktor Stuart. Bitte kommen.«
    Die Welt drehte sich langsamer. Jed erkannte, dass er unter einem Baum lag. Schleifspuren führten vom Seeufer bis dorthin. Jemand musste ihn aus dem Wasser gezogen haben.
    Seine Finger zitterten vor Kälte. Mühsam zog er das Funkgerät aus dem Gürtel und aktivierte es.
    »Stuart an Drax.« Seine Stimme klang heiser. Er hustete.
    »Jed, wir sind wieder im Dorf. Wo seid ihr?«
    »Ich, äh, weiß nicht, wo ich bin. Irgendwo am See. Es, hm…«
    Er blinzelte und blickte auf den See hinaus. Auf diese Entfernung waren die Boote, die am Felsenturm lagen, kaum zu erkennen.
    »Aruula ist auf der, hm, Insel«, sagte er. »Du musst sie da rausholen.«
    »Verstanden.« Matt machte eine Pause. »Bist du okay?«
    Jed lehnte sich erschöpft gegen den Baum. »Ja, aber wartet nicht auf mich. Ich finde euch schon.«
    »Wie du meinst«, antwortete Matt. »Ich melde mich, sobald –«
    Ein Schrei. Die Verbindung brach ab.
    »Matt?« Rauschen antwortete Jed. Er wechselte die Frequenz. »Matthew?!«
    Stille und Rauschen, sonst hörte er nichts. Einen Augenblick blieb er unentschlossen sitzen, dann zog er sich an einem Ast hoch, bis er aufrecht stand. Er hatte Matts Schrei gehört, da war er sich ziemlich sicher.
    Schwerfällig ging er die ersten Schritte in Richtung Dorf, doch dann fiel ihm etwas ein und er drehte sich um.
    »Wer auch immer mich gerettet hat!«, rief er. »Wenn du das hörst, ich danke dir!« Er wandte sich ab und setzte seinen Weg fort.
    Die Heilige Frau trat aus den Schatten. Das Seewasser hatte Dreck und Fett von ihrem Körper gespült. Sie fror, aber sie wagte sich nicht in das Dorf zurück. Die Feinde waren gekommen. Wenn sie zu den Kämpfen ging, würde man sie zwingen, sich alles zu merken – wer wen erschlagen hatte und wessen Heldenmut der größere war.
    Ihr Kopf war voll von Tod. Sie sträubte sich dagegen, suchte nach Leben inmitten des Sterbens. In den Jahrhunderten ihrer Besiedlung hatten sie den See leer gefischt und die Wälder leer gejagt. Die Alten, die Kinder, die nie erwachsen wurden: In der Not hatten sie alle denen weichen müssen, die kämpfen konnten. Wer Schönheit sah, jagte und erlegte sie. Menschen und Tiere, alles wurde vernichtet, um den Hunger zu besiegen.
    Und den Feind, der am anderen Ufer lauerte. Die Fremden hatte man noch nicht vernichtet.
    Sie war zweien von ihnen gefolgt, als sie sich auf den Weg zum Felsenturm des Hüters machten. Wenn es möglich gewesen wäre, hätte sie beide gerettet. So hatte sie einen befreien können, doch die andere würde schon bald in ihren Liedern auftauchen: als Unsterbliche, die ihr Leben verwirkt hatte.
    So wie sie alle seit diesem längst vergangenen Tag im Herbst.
    ***
    Herbst 2214
    Lichtreflexe tanzten auf dem großen See im schottischen Grenzgebiet, dessen Flanken von grünem Schimmer überzogen waren. Gras und Kräuter hatten sich im fruchtbaren Uferschlamm angesiedelt, und der Wind trug sogar etwas Laub heran.
    Zwei Jahrhunderte waren vergangen seit dem Einschlag von
    »Christopher-Floyd«, der so vieles vernichtet hatte und die Welt einer lebensfeindlichen Regentschaft von Kälte und Dunkelheit überließ. Nun aber kehrte allmählich das Licht zurück, und die Natur erholte sich, wenn auch zaghaft.
    Snapper war inzwischen zweihundertacht Jahre alt und buchstäblich tausend Tode gestorben. Er hauste noch immer auf seinem Felsenturm in der Mitte des Sees, obwohl es dort für ihn etwas eng geworden war. Seit den Tagen des Eluu hatte er noch einmal zugelegt; sein Körper und die Flügel trugen wehrhafte Dornen, und er erreichte eine Höhe von gut drei Metern.
    Sein früheres Leben war vergessen. Snapper turnte längst nicht mehr die Felsen herunter, sondern strich mit elegantem Flügelschlag dahin. Wenn er Nahrung suchte, stand Großwild auf dem Speiseplan. Früchte und Ameisen ließ er unbeachtet.
    Letztere kamen ohnehin nicht mehr in Frage – sie hatten sich von dem Winzling auf seinem Finger über die Riesenameisen

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