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1265 - Die heilende Gottin

Titel: 1265 - Die heilende Gottin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sollen? Sicher, auch er würde sterben - wie alle anderen auch -, jedoch irgendwann in ferner Zukunft. „Ich verstehe nicht", fügte er hinzu. „In diesem Buch steht, daß die Bewohner von Thaema-Thahar im Durchschnitt neunzig Jahre alt wurden", eröffnete Bhou-Bou ihm. „Und weißt du, wie hoch das durchschnittliche Alter heute ist?"
    „Möglicherweise ist es durch verschiedene Umstände etwas geringer", entgegnete der Hohepriester vorsichtig.
    Ksoundoksä, der Kidowhtar-Darhan, hielt es für besser, nachzugeben. Er wußte nur zu gut, daß die meisten Bewohner von Thaema-Thahar tatsächlich so wenig zu essen hatten, daß sie eigentlich längst verhungert sein müßten. Sie wurden so schlecht entlohnt, daß sie sich so gut wie nichts davon kaufen konnten. Dennoch kämpften sie in einem unerbittlichen Wettbewerb um jeden Arbeitsplatz, da sie ohne Arbeit überhaupt keine Möglichkeit zu überleben hatten. „Ich werde mit ihm reden", versprach er. „Noch heute werde ich Thaema-Thahar verlassen, um ihm näher zu sein. Ich werde ihn um Hilfe für euch bitten. Ihr könnt euch auf mich verlassen."
    Die Menge begann zu jubeln. Bhou-Bou wollte noch etwas sagen, aber die Männer, Frauen und Kinder drängten sich an ihm vorbei, warfen sich vor Ksoundoksä auf den Boden und versuchten, ihn mit den Händen zu berühren. Bhou-Bou ließ resignierend die Arme sinken. Er hatte noch mehr sagen, noch mehr fordern wollen, aber er sah ein, daß es dafür zu spät war.
    Ksoundoksä sprach einige weihevolle Formeln, dann wiederholte er sein Versprechen, winkte der Menge gelassen zu und stieg wieder in seinen Wagen. Bhou-Bou gab den Weg frei, und das knatternde Auto fuhr weiter.
    Ksoundoksä erinnerte sich wieder an das Traumbild, das jäh in ihm entstanden war, als er im Hause des Industriellen Ghrou-Thar gewesen war.
    Das trifft sich gut, dachte er. Jetzt habe ich einen Grund mehr, Thaema-Thahar zu verlassen, und alle werden glauben, daß ich lediglich gehe, um für die Bewohner von Thaema-Thahar um mehr Gesundheit zu bitten. Undankbares Gesindel!
    Der Tempel stand auf einer kleinen Insel, zu der eine Brücke hinüberführte. Dutzende von Gläubigen kauerten auf den Planken der Brükke, die Fäuste zum Zeichen Maghala-Kidos geballt. Alle trugen die leuchtend rote Kappe der demütig Bittenden, ohne die es sinnlos gewesen wäre, an den Hohenpriester heranzutreten. Sie wandten sich Ksoundoksä, dem Kidowhtar-Darhan, zu, als er die Brücke zu Fuß überquerte, und einige von ihnen sprachen ihn bittend an. Er blieb stehen, hörte sie geduldig an und versprach zu helfen, wo immer es ihm möglich war.
    Als er den Tempel betrat, ein prunkvoll eingerichtetes Gebäude, das auf einem einzigen, mächtigen Pfeiler errichtet worden war, trat ihm einer der untergeordneten Priester entgegen. Ehrfurchtsvoll verneigte er sich vor ihm. „Was gibt es?" fragte Ksoundoksä, dem auffiel, daß auch der Priester die rote Kappe trug. „Ein heikles Problem, Ksoundoksä, das ich gern in Ruhe mit dir besprechen möchte", erklärte der Priester, der etwa sechzehn Jahre alt war, dessen Kopfschuppen aber bereits deutliche Spuren der Alterung zeigten. „Du möchtest es nicht hier mit mir besprechen? Na schön, gehen wir in die Audienzkammer." Er öffnete die Tür zu einem kleinen, hellen Raum, dessen Decke und Wände mit kostbaren Malereien und mit Edelmetallarbeiten geschmückt waren. Hinter einem wuchtigen Arbeitstisch ließ er sich nieder. „Rede", forderte er den Priester auf, der sich vor ihm auf den Boden sinken ließ. Er war ungeduldig, denn es zog ihn hinaus. Immer wieder mußte er daran denken, daß er einen Wachtraum gehabt hatte, in dem ihm Gefahr für Kido angezeigt worden war. Er mußte Thaema-Thahar möglichst bald verlassen, um nach dem Rechten zu sehen. „Es geht um das Kind der Ghrou", eröffnete ihm der Priester. „Es ist krank."
    Ksoundoksä fuhr ärgerlich auf. Er preßte die Lippen zusammen. Die Reißzähne schoben sich weit vor, und für einen Moment schien es, als wolle er wieder aufstehen und dem Bittenden einen Verweis erteilen. Doch er blieb sitzen. Er fragte sich, warum sich der junge Priester zu einem derartigen Bittdienst mißbrauchen ließ. „Ich weiß, du warst im Hause der Ghrou, hast das Kind gesehen und abgelehnt, es zu heilen."
    „Ich kann es nicht heilen", behauptete Ksoundoksä. „Ich kann Kido lediglich bitten, es zu heilen."
    „Es läuft auf das gleiche hinaus."
    „Die Ghrou kann noch viele Kinder kriegen",

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