1289 - Sterntagebuch
kann bereits dreiundvierzig verschiedene Sprachen unterscheiden. Aber es gibt ein Idiom, das alle verstehen. Sie nennen diese Sprache Sothalk."
Fünf der würfelförmigen Bungalows waren raumtauglich und hatten neben einem autarken Überlebenssystem auch einen Gravo-Antrieb. Sie waren als Beiboote für den Notfall gedacht. Ich hatte gute Lust, mit einem dieser Würfel in den Reigen der Module hineinzufliegen und die gigantische Flotte aus der Nähe zu erkunden. Aber Vi riet davon ab.
„Es ist eine Kriegsflotte, zumindest steht ihr ein Anführer vor, der sich Ewiger Krieger Nastjor nennt", warnte Vi. „Ich kann dir auch aus der Distanz alle gewünschten Informationen liefern. Übrigens habe ich die ersten Daten über die Planetenoberfläche bekommen. Es läßt sich dort unten gut überleben, wenn man sich an die etwas dünne Luft auch gewöhnen muß. Es gibt an diesem Ort auch Reste einer zivilisatorischen Einrichtung. Die Zerstörung dieser Anlage kann noch nicht länger als einen Monat Normzeit zurückliegen. Da der Planet keine Intelligenzwesen hervorgebracht hat, muß es sich um einen Stützpunkt von Außerplanetariern handeln."
„Kann es sich um einen Stützpunkt der Kriegerflotte handeln?" fragte ich.
„Das ist unwahrscheinlich", sagte Vi sanft. „Es kann nur so sein, daß die Kriegsflotte die technische Anlage zerstört hat. Leider ist die Zerstörung so gründlich, daß ich keine Rekonstruktion anfertigen kann... Ich bekomme immer mehr Informationen, so daß sich das Bild abrundet. Willst du einen Zwischenbericht, Sri?"
Ich wollte lieber warten, bis Vi die Sprache Sothalk perfekt beherrschte und mich in allen Details informieren konnte. Ich bat das Virenschiff, Leo und Anne vorerst über die Hintergründe nicht zu informieren.
„Wie du meinst, Mentorin", sagte Vi „Aber willst du ihnen auch verbieten, auf dem Planeten zu landen?"
Das konnte ich schlecht tun. Wenn ich dennoch zögerte, dann nur, weil ich die Befürchtung hatte, daß Leos Kindergarten seßhaft werden könnte. Leo hatte keine Vironautenmentalität. Sein Fernweh reichte von Terra bis zur nächsten Sauerstoffwelt, die halbwegs erträgliche Bedingungen auf wies...
„Ich gebe dich zur Landung frei, Vi", sagte ich dennoch. „Gleich danach erwarte ich einen ersten umfassenden Bericht über die Kriegsflotte und über Sinn und Zweck der Module."
Kaum war LEOS KINDERGARTEN auf einer Wiese aus übermannshohen Farnen gelandet, fiel mir Leo um den Hals und küßte mich innig.
„Ich kann unser Glück nicht fassen!" rief er überschwänglich. „Ein eigener Planet für uns ganz allein."
Ich hatte es gewußt! Trotzdem - von diesem Augenblick an war ich in ihn verliebt.
„Wie wollen wir unsere neue Heimat taufen?" rief Leo in die Runde und drehte sich mit ausgebreiteten Armen im Kreise.
„Gorikjak!" schlug Vi vor.
„Was ist denn das für ein Name für so eine paradiesische Welt?" rief Leo angewidert.
„So heißt der Planet in Sothalk", erklärte Vi sanft. „Übersetzt bedeutet der Name in etwa ,Grab der Gorims’."
„Laß die Scherze", herrschte ich das Virenschiff an. „Ich unterhalte mich später mit dir."
*
„Sri, meine Vertraute, kann ich dir nun die Informationen geben?" drängte das Virenschiff.
Ich war allein in der Kommandozentrale. Leo und Anne saßen draußen um ein Lagerfeuer und brieten irgendwelche Wurzeln am Spieß, die Vi als nahrhaft klassifiziert hatte.
Sie feierten die erste Nacht auf dem neuen Planeten.
„Warum hast du es so eilig?" erkundigte ich mich, obwohl ich natürlich darauf brannte, alles über die Flotte jenseits der tanzenden Module zu erfahren. Die Module veranstalteten immer noch einen turbulenten Reigen; ihrem Sirenengesang aber verschlossen wir uns, indem wir die Funkempfänger einfach abgeschaltet ließen. Es blieb Vi überlassen, die Frequenzen abzuhören.
„Der Krieger Nastjor ist nicht mehr bei seinem Troß", antwortete das Virenschiff. „Er ist in seinem Raumschiff mit unbekanntem Ziel abgereist. Der Troß wird aber noch eine Weile bleiben. Es wurde sogar darüber beraten, den Planeten Gorikjak für Zielübungen zu verwenden. Aber davon rieten die Elfahder ab. Ihnen genügt es, daß Gorikjak von Gorims gesäubert wurde."
„Kannst du mir vielleicht auch die Zusammenhänge erklären?" sagte ich ungehalten.
„Entschuldige, ich ging von falschen Voraussetzungen aus." Die Vishna-Stimme klang leicht beleidigt. „Ich will der Reihe nach beginnen. Aber da muß ich weiter
Weitere Kostenlose Bücher