13 alte Esel
wahr — is nich wahr !« heulte Änne, und die ganze Bande grölte im Chor: »Is nich wahr — is nich wahr — is nich wahr!«
Die Heimkinder knäuelten sich um das Wiesenheck, während Ulrike und Gerda fünf Meter weiter am Zaun standen, die Räder hinter sich ins Gebüsch gelehnt, und Ferdi etwas verloren an einem Pfosten herumspielte.
»Pöh, und überhaupt: Mit unseren Eseln können wir machen, was wir wollen. Das geht euch ‘nen Dreck an, ‘nen feuchten Kehricht !« warf Leo faul ein.
»Sind sowieso keinen falschen Fuffziger mehr wert .« Hubert, der rittlings auf dem Eichenheck gesessen hatte, sprang auf die Wiese und lief auf die Eselgruppe zu. »Mit denen spiel’ ich doch Kegeln. Die leg’ ich glatt um, wenn’s mir paßt !«
»Angeber«, sagte Gerda.
»Bitte, bitte nicht !« bat Ulrike. »Ich glaub’s ja, aber tu’s doch bitte nicht .« Ihr standen schon jetzt Tränen in den Augen. Ferdi nickte ihr dankbar zu. Er mochte diese Brüllerei nicht. Zu Hause war er mit Gerda allein und tat, was sie wollte. Mit Straßenjungen hatte er nie spielen dürfen, und wenn Jungen so waren, wollte er auch nicht mit ihnen spielen.
Hubert warf sich in die Brust. »Ihr habt ja ‘nen Vogel«, erklärte er großmächtig. »Wenn ich ‘nen Frosch aufblas’, um zu sehen, wie er platzt, dann heult ihr los, aber wenn dein Alter ‘nem Frosch den Bauch aufschneidet, um mit dem Vergrößerungsglas zu sehen, wie er von innen aussieht, dann ist das Forschen. Mich für doof verkaufen, he? Is nich. Und die Esel hier, die sind reif für den Hundezwinger. Prima Mastfutter. Gibt solche Polizeihunde !« Er winkelte den Arm an und ließ die Muskeln spielen.
»Red nicht, Mensch, druff !« ermunterte Leo.
Zustimmendes Johlen. Sogar die Kletten schrien mit, obwohl sie keine Ahnung hatten, worum es ging. Bis Bubi plötzlich begriff. »Paß auf, der tut dem was«, flüsterte er Bernd aufgeregt zu.
Hubert hatte sich dem nächsten Esel auf Armlänge genähert. Er streckte die Hand aus, griff nach dem Schwanz und zog mit aller Kraft daran. Der Esel schlug aus, Hubert gegen das Schienbein. Ober das sommersprossige Jungengesicht lief ein kurzes Zucken; der bockige Zug um Mund und Nase vertiefte sich. Schnell und gewandt bückte er sich, griff eines der mageren Eselsbeine, drehte es über den Arm und legte das Tier mit dem Hinterteil auf den Boden, worauf das Vorderteil von selber nachsackte.
»Bitte«, sagte er mit weiter Geste, sich wie ein Dompteur verbeugend. »Nummer eins. Noch einer gefällig?«
Ulrike weinte jetzt wirklich. »Laß doch, laß sie in Ruhe! Der kommt ja kaum wieder hoch. Ach, bitte !«
Gerda schubste sie in die Seite: »Misch dich doch nicht ein! Ich denk’, das ist wie Stierkampf. Da bleiben die Tiere sogar richtig tot. Und die werden ja doch geschlachtet. Daß die anderen hinterher von der alten Krapp ihre Strafe kriegen, dafür sorg’ ich schon.« Ulrike sah sie fassungslos an und rückte ein Stück von ihr ab. Ihre Mutter wollte, daß sie mit Gerda spielte, aber sie mochte nicht sehr gern. Gerda erzählte immer so dumme Sachen aus der Stadt und wollte sich nie schmutzig machen und zog über die Leute aus dem Dorf her. Immerhin war das für die kurze Zeit noch auszuhalten, wenn Mutter es gern sah, aber Tierquälerei — nein, das ging nicht.
»Los, Mensch, los! Die sind nächste Woche sowieso in der Wurst !« Herausforderndes Hetzen. Ännes Augen funkelten: Hubert war ein Kerl! Leo schob sich träge übers Heck und ging mit wiegenden Schritten, wie Schmuggel-Willy und sein Alter früher, Hände in den Hosentaschen vergraben, auf Hubert und die Esel zu. »Mach mal Platz«, brummte er kurz, »laß mal ‘nen Mann ran !«
Die Esel schoben sich angstvoll durcheinander, immer enger in die Ecke drängend. Leo griff nach dem nächsten Schwanz. Sowie er zerrte, hob der Esel den Kopf, spreizte die Beine und schrie gellend und durchdringend. Es kam so jäh, daß Änne rücklings vom Heck fiel vor Schreck, Andreas mit dem Kopf gegen den Bauch bumsend. Er trat ihr in die Seite. Änne schrie: »Hubert, der tritt mich !« , und einen Augenblick später wälzten sich Andreas und Hubert am Boden, einander mit den Fäusten bearbeitend. Derweilen griff Leo immer wieder nach dem Eselsschwanz, ihn wie einen Pumpenschwengel auf und ab bewegend. Und immer wieder schrie der Esel zum Erbarmen. Allmählich hielten sich die Kinder den Bauch vor Lachen; selbst die Raufbolde hörten auf zu boxen und suchten sich statt dessen auch
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