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13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan

Titel: 13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die ich anwandte, um seine Augen und auch diejenigen der Umsitzenden in dem entscheidenden Moment von den Gefangenen abzulenken; aber sie war gelungen. Er fuhr herum.
    „Ihnen nach!“ rief er und sprang zu seinem Pferd. Es war ein kurdischer Falbenhengst von ausgezeichneter Bauart. Mit diesem Tier wären die Flüchtlinge sehr bald eingeholt gewesen. Ich mußte das verhindern, sprang ihm nach und zog den Dolch. Eben wollte er zum Zügel greifen, als ich das Tier in den hinteren Oberschenkel stach und ihm einen derben Schlag versetzte. Es schlug wiehernd mit allen vieren aus und sprang davon.
    „Verräter!“ rief der Melek und drang auf mich ein.
    Ich schleuderte ihn zurück, war mit einigen Sprüngen bei meinem Rappen, schwang mich hinauf und sauste davon.
    Die Flüchtlinge wußten, daß aufwärts im Tal ein Vortrupp stand, und hatten sich deshalb nach rechts abwärts gewandt. Ich eilte an den vordersten der Verfolger vorüber, bis ein Zwischenraum zwischen mir und ihnen lag; dann hielt ich an und legte das Gewehr an den Backen.
    „Haltet an! Ich schieße!“
    Sie hörten nicht; ich drückte also zweimal ab und schoß die beiden ersten Pferde nieder. Die andern Reiter stutzten und blieben halten; aber die hinteren drängten, und so gab ich noch drei Schüsse ab. Der dadurch verursachte Aufenthalt hatte aber doch den Flüchtlingen Zeit gegeben, uns aus dem Gesicht zu kommen. Jetzt erschien der Melek auf seinem Falben, den er sich wieder eingefangen hatte. Er überblickte die Szene und riß seine Pistole heraus.
    „Schießt ihn nieder!“ rief er zornig und ritt auf mich ein.
    Jetzt wandte ich mein Pferd und floh. Es kam alles auf die Schnelligkeit des Rappen an. Ich legte ihm die Hand zwischen die Ohren.
    „Rih –!“
    Da bog er sich lang und flog dahin, als sei er von einer Sehne geschnellt. Seine lange Mähne wehte mir wie eine Fahne um das Knie. In einer Minute konnte mich der Melek mit keinem Gewehr mehr erreichen. Jetzt am hellen Tag war es noch ein ganz anderes Jagen als damals in dunkler Nacht vom Tal der Stufen nach dem Lager der Haddedihn zurück. Ich erreichte die erste Krümmung des Tales, als eben die Meinigen hinter der zweiten verschwanden. Da kam mir ein Gedanke. Ich machte mich so leicht wie möglich im Sattel, und der Hengst schoß dahin, daß sogar der Windhund weit dahinter blieb. In drei Minuten hatte ich die Gefährten erreicht, die ihre Pferde auf das möglichste anstrengten.
    „Reitet schneller!“ rief ich. „Nur kurze Zeit noch schneller. Ich werde den Melek irre führen.“
    „Wieso?“ fragte der Bey.
    „Das kümmert euch nicht. Habe keine Zeit, es zu erklären. Aber heut abend treffen wir uns in Gumri.“
    Ich hielt mein Pferd an, während sie fortgaloppierten. Bald waren sie hinter einer neuen Krümmung verschwunden. Ich ritt zur vorigen zurück und sah die Verfolger weit oben, den Melek ihnen allen voran. Ich rechnete mir den Augenblick, in welchem sie meinen jetzigen Standort erreichen mußten, aufs ungefähre aus und kehrte langsam wieder um, setzte mein Pferd in Trab und dann abermals in Galopp. Der Windhund erreichte mich wieder, und bald erschienen auch die Verfolger, welche mich erblickten und natürlich glaubten, daß ich die Gefährten noch gar nicht erreicht habe, aber genau den Weg einschlagen werde, auf dem sie fortgeritten waren.
    Wieder kam ein kleines Wasser aus einem Seitental hervor, und ich bog in dieses Tal ein. Es war sehr steinig und hatte sehr wenig Pflanzenwuchs. Ich mußte hier langsamer reiten und sah sehr bald, daß der Melek mir folgte. Jedenfalls ritten auch die Seinen ihm nach, und die Kurden waren gerettet.
    Nun aber mußte ich sehr bald eine Bemerkung machen, die mir nicht angenehm sein konnte. Der Falbe des Melek war nämlich ein besserer Bergsteiger noch als mein Rappe. Diesen mußte ich immer mehr anstrengen, und dennoch verkleinerte sich die Distanz zwischen mir und dem Verfolger. Am beschwerlichsten war der obere Teil der Schlucht, wo es eine ziemliche Steigung zu überwinden gab, die aus losem Gestein bestand, welches unter den Hufen des Pferdes nachgab. Ich streichelte und liebkoste das Tier; es stöhnte und schnaufte und tat sein möglichstes – endlich waren wir oben.
    Da aber krachte hinter mir auch schon der Schuß des Melek; glücklicherweise traf er nicht.
    Nun galt es vor allen Dingen, das Terrain zu überblicken. Ich sah nichts als unbewaldete, kahle Höhen, zwischen denen es keinen Pfad zu geben schien. Am gangbarsten hielt ich

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