13 Tante Dimity und die Jagd nach dem Vampir (Aunt Dimity: Vampire Hunter
seiner Haut vertragen konnte, weil er lebte , als wäre er ein Vampir .Es war die einzige vernünftige Erklärung.
Hinter der vierten Tür führte eine Holztreppe nach oben. In Häusern wie Aldercot führten solche Treppen meist zu abseits gelegenen Räumen, die eher für das Personal als für Gäste gedacht waren.
»Die Mansarde«, hauchte ich, und die Kälte, die mein Herz umwehte, kam nicht von dem unbeheizten Flur. Plötzlich sah ich Wills Zeichnung vor mir, und wenn ich die Augen geschlossen hätte, hätte ich die dunkelroten Spitzen von Rendors bösartigen Fängen so deutlich vor mir erblickt, als hielte ich das Blatt in der Hand. Aber ich wagte es nicht, die Augen zu schließen.
Das Gefühl der Furcht, das mich ergriffen hatte, wurde so übermächtig, dass ich drauf und dran war, den vermissten Herren allein anzugehen. Aber dann fiel mir Kits scherzhaft gemeinter Plan ein, Henrietta mit meinen Slippern abzuwehren. Sogleich legte ich einen Schuh auf den Boden und ergriff den anderen wie einen Hammer, den Absatz nach außen gewandt. Ich war ziemlich sicher, dass es noch niemand gewagt hatte, Dracula mit einer Kette aus getrockneten Beeren und einem mit Federn besetzten Hausschuh entgegenzutreten, aber ich hatte keine anderen Waffen, und ich würde sie einsetzen.
Ermutigt lüpfte ich den Saum des Kimonos und stieg die Holzstufen hinauf. Hier brannte kein Licht, aber ich hatte mich so an die Dunkelheit gewöhnt, dass ich schnell die Umrisse einer Tür am Ende der Treppe erkannte.
Mit angehaltenem Atem schlich ich hinauf. Schon das leiseste Geräusch konnte mich verraten. Hätte eine Stufe geknarrt, ich hätte laut genug geschrien, um Tote und Untote aufzuwecken, aber zum Glück erwies sich die Treppe als äußerst solide.
Mit jedem Schritt wuchs meine Furcht. Ich hatte das Gefühl, als bewegte ich mich auf das Zentrum einer gewaltigen Explosion zu. Aber es gab kein Zurück. Als ich schließlich den Treppenabsatz erreicht hatte, musste ich all meinen Mut zusammennehmen, um den Kimono loszulassen und meine kalte zitternde Hand auf den Türknauf zu legen. Ich erhob den Federschuh, bereit zum Schlag, packte den Knauf – und stellte fest, dass er sich nicht drehen ließ.
Ich versuchte es in die andere Richtung, mit dem gleichen Ergebnis. Schließlich legte ich den Slipper auf die oberste Stufe und packte den Knauf mit beiden Händen, aber egal, wie sehr ich zog und zerrte, er rührte sich nicht. Wütend griff ich nach meinem Slipper und wollte schon auf den widerspenstigen Türgriff einschlagen, als ich ein Geräusch hörte, das mir die Haare zu Berge stehen ließ.
Auf der anderen Seite der Tür hatte ein Dielenbrett geknarrt. Jemand war auf dem Dachboden.
Wie gelähmt vor Schrecken stand ich da, erwartete jede Sekunde, dass der böse Bruder die Tür aufriss und mich in seine Lasterhöhle zog, aber nichts dergleichen geschah. Die Tür öffnete sich nicht, der Bruder erschien nicht, und ich wurde auch nirgendwo hingezogen.
Langsam und mit unendlicher Vorsicht legte ich das Ohr an die Tür, aber so sehr ich mich anstrengte, ich vernahm nichts mehr. Ich dachte schon, ich hätte mir das Knarren des Dielenbretts nur eingebildet, als mir die Erkenntnis kam, die mir das Blut in den Adern gefrieren ließ: Auch der Bruder hatte sein Ohr an die Tür gepresst. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt. Wenn ich meine Nase an das Schlüsselloch hielt, konnte ich wahrscheinlich seinen ranzigen Atem riechen.
Mein Mut verflüchtigte sich. Ich packte den Saum meines Kimonos und ergriff die Flucht. Ich lief die Holztreppe hinunter, hob den anderen Schuh vom Boden auf und rannte, bis ich die Tür zum Musikzimmer erreicht hatte. Dort schob ich die Vogelbeerenkette wieder unter den Kimono und schlüpfte in die Slipper. Es dauerte eine Zeit lang, bis mir das Herz nicht mehr bis zum Hals schlug, aber schließlich hatte ich mich so weit beruhigt, dass ich Charlotte und Kit mit einigermaßen gelassener Miene gegenübertreten konnte.
Meine Gelassenheit war jedoch nur von kurzer Dauer, und mein Herz schlug mir augenblicklich wieder bis zum Hals, als ich das Musikzimmer betrat. Kit wischte sich eine blutrote Flüssigkeit von den Lippen, und auch Charlotte schien Blut an den Händen zu haben.
»Was macht ihr da?«, stieß ich entsetzt hervor.
»Hallo, Lori«, sagte Charlotte. »Eine Leckerei aus meiner Kindergartenzeit.« Sie hielt einen Teller hoch, auf dem Plätzchen lagen, die aussahen wie fliegende Untertassen
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