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Aufgebügelt: Roman (German Edition)

Aufgebügelt: Roman (German Edition)

Titel: Aufgebügelt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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    »Moin, Andrea! Hör ma, des is mer jetzt irschendwie peinlich, aber isch muss dich ema was frage«, begrüßt mich Rudi in meiner Küche.
    Seit Christoph ausgezogen ist, gehört das tägliche gemeinsame Frühstück zu unseren festen Ritualen. Kaum sind die Kinder aus dem Haus, setzen wir uns noch mal hin und versuchen, so einigermaßen entspannt in den Alltag zu starten.
    »Du weißt doch, du kannst mich fragen, was immer du willst!«, antworte ich und schmiere mir eine hauchdünne Schicht Nutella aufs Brot.
    Ich liebe Nutella und vor allem Nutella mit Butter drunter. Das ist der Nachteil an unserem morgendlichen Meeting. Früher habe ich ganz aufs Frühstück verzichtet und so wenigstens die Kalorien am Morgen eingespart.
    »Also des is, wie schon gesacht, also irschendwie unangenehm, aber isch weiß net, wen isch sonst frache könnt!«, startet mein Schwiegervater einen erneuten Anlauf. Das ist typisch für Rudi, er macht gerne ein riesiges Bohei um jedes Thema.
    »Frag halt!«, sage ich und schmiere mir schon die nächste Scheibe Toast.
    Wer um alles in der Welt hat bloß das Toastbrot erfunden? Man isst und isst und isst und hat trotzdem das Gefühl, gar nichts gegessen zu haben.
    »Rudi, ab morgen essen wir Vollkornbrot oder Müsli mit Obst«, entscheide ich, denn wenn das so weitergeht, hat mein Körper bald auch die Konsistenz eines Toastbrots, weiß und wabbelig, und sollte ich ihn tatsächlich doch noch mal zum Einsatz bringen – ein sehr heikles Thema, nebenbei bemerkt –, wäre mir das extrem unangenehm.
    »Eier mit Speck wärn mir liebä, aber von mir aus auch Müsli. Körner solle ja gut sein. Isch muss misch ja fit halte! Grad jetzt. Aber zurück zu dem annern Thema. Also, Andrea, es geht dadrum … Ach, isch sachs jetzt einfach emal grad heraus: Hast du schon ema was mit Handschelle gemacht?«
    Habe ich das jetzt richtig verstanden? Handschellen? Mein Schwiegervater, der Vater meines Ex, fragt mich nach Handschellen?
    »Rudi, hast du gerade Handschellen gesagt?«, frage ich zur Sicherheit noch mal nach und habe so auch einen kleinen Moment, um meine Fassung wiederzuerlangen.
    Mein Schwiegervater hat einen knallroten Kopf, kann mir nicht in die Augen schauen, aber er nickt eindeutig.
    »Ja hab isch! Handschelle!«, platzt es aus ihm heraus.
    Ich ahne, was er meint, will es aber doch noch mal genau wissen: »Das hat aber jetzt nichts mit Polizei, Verhaftung oder Ähnlichem zu tun, oder?«, stammle ich, um ein wenig Zeit zu gewinnen. Natürlich ist mir völlig klar, dass Rudi keineswegs irgendwas in dieser Richtung meint. Wir kennen uns ja schon ein bisschen länger, und wenn ich eine kriminelle Ader hätte und schon mal verhaftet worden wäre, wüsste er das längst.
    »Nee. Handschellen und … Na ja, also beim Sex halt!«, erklärt er mir.
    Mittlerweile ist Rudis Kopf so knallrot, dass ich schon Angst um seinen Blutdruck bekomme. Nicht dass der mir hier beim Frühstück einen Schlaganfall kriegt! In meinem Kopf beginnen sich unangenehme Bilder zu tummeln: Mein Schwiegervater an die Heizung gekettet und bis auf die Handschellen splitterfasernackt. Oder an die Bettpfosten. Eventuell auch Hände auf dem Rücken. Ich versuche, sofort diese scheußlichen Gedanken zu verdrängen.
    Rudi interpretiert mein Schweigen anders: »Isch hab’s dir doch gesacht, es is peinlisch, aber wen soll isch dann sonst frage?«
    Ja, es ist peinlich, aber es ist noch mehr als das. Mein Schwiegervater in den Siebzigern fragt mich nach Handschellen, und ich im besten Endvierziger-Alter habe seit Jahren weder mit noch ohne Handschellen irgendwas getrieben, was im weitesten Sinne mit Sex zu tun hat. Um ganz ehrlich zu sein, in den letzten vier Jahren meiner Beziehung lief auch nicht viel. Ich bin also fast fünf Jahre raus aus dem aktiven Geschehen – jedenfalls in dieser Hinsicht.
    »Bist du jetzt sauer, Andrea?«, unterbricht Rudi meine Gedanken und macht sein Hau-mich-nicht-ich-habe-es-doch-nicht-so-gemeint-Gesicht.
    Natürlich bin ich nicht sauer. Wieso auch? Eher maßlos erstaunt. Wie kommt Rudi bloß auf eine solche Idee? Gehört das etwa mittlerweile zum Sex-Basisprogramm? Kann sich in ein paar Jahren so viel verändert haben? Gab’s so was früher nicht doch eher nur in ganz bestimmten Kreisen? Abteilung Sadomaso? Fetisch und Co?
    »Was willst du denn mit Handschellen? Man kommt doch auch ohne im Bett ganz gut zurecht!«, frage ich vorsichtig.
    »Ach, isch bin gar net heiß auf Handschellen und so ’nen Kram,

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