1300 - Die Gänger des Netzes
waren persönlich anwesend, um dem Arkoniden zuzuhören. Fünf weitere Gänger des Netzes nahmen ebenfalls an der Lagebesprechung teil. Auf den ersten Blick hätte man meinen können, auch sie seien körperlich zugegen. Aber wenn man genauer hinsah, erkannte man, dass ihre Füße den Boden nicht berührten, und ihr Gewicht erzeugte keinen Abdruck im Flaum des Teppichs. Sie waren Projektionen. „Es sind Augenblicke wie dieser", fuhr der Arkonide fort, „in denen mir zu Bewusstsein kommt, wie hilflos Wir wirklich sind. Wir wissen, dass ein bedeutendes, womöglich katastrophales Ereignis unmittelbar bevorsteht. Anders lässt sich DORIFERS Verhalten nicht erklären. Aber wir können nichts dagegen unternehmen. Wir müssen warten, bis das Ereignis eintritt." Atlans Beobachtungen wurden von den Anwesenden kurz diskutiert. Die Gänger des Netzes machten keine unnötigen Worte. Sie schlossen sich der Diagnose des Arkoniden an. DORIFERS Verhalten war im Augenblick nicht deutbar. Selbst Obeah, der Älteste und Erfahrenste, wusste keine Deutung. Man einigte sich auf eine Reihe von Sofortmaßnahmen, wie sie in einer Lage dieser Art angebracht erschienen: Verstärkung der Besatzung auf DORIFER-Station, die Postierung von fünf Netzschiffen in unmittelbarer Nähe des Tores. Das Innere DORIFERS wurde zum Sperrgebiet erklärt. Solange man nicht wusste, was da im Gang war, durfte kein Gänger des Netzes das Innere des Nukleotids betreten. Das Risiko eines Unfalls war zu groß.
Als die Besprechung beendet war, wartete ich, bis Gesil und Atlan gegangen und die Projektionen erloschen waren. Perry bemerkte mich zunächst nicht. Er war tief in Gedanken. Erst als ich an seinen großen Tisch trat, sah er auf. „Oh, du", sagte er. „Ich wusste nicht, dass du noch da bist."
„Ich habe eine Bitte", erklärte ich. Er lächelte. „Diesmal kann ich sie mir ohne Sorgen anhören. DORIFER ist gesperrt. Dorthin kannst du also nicht wollen. „ „Nein. Aber ich möchte in der Nähe sein. DORIFER-Station ist ein sicherer Ansprungpunkt. Ich könnte mich dort nützlich machen und zur gleichen Zeit einiges lernen: Soweit ich weiß, kommen diese... diese Verstimmungen DORIFERS nicht häufig vor. Wer weiß, wie lange ich warten müsste, bis sich zum zweitenmal eine solche Gelegenheit ergäbe."
Er dachte nach. „Ich halte das für eine gute Idee", sagte er nach ein paar Sekunden. „Fühlst du dich kräftig genug?"
„Kräftig und ausgeruht. Die Medi - ker bescheinigen mir volle Einsatzbereitschaft."
„Gut, dann tu's", entschied er. „Danke. „ Ich wandte mich zum Gehen. Als ich unter der Tür war, rief er mich noch einmal an. „Ich möchte nicht wie dein Aufpasser erscheinen", sagte er, wie um sich zu entschuldigen. „Aber wir wissen nicht, was vorgeht. Wir alle sind aufgeregt, und ein bisschen Angst haben wir auch. Also - melde dich ab und zu. Lass uns wissen, wie's dir geht. Und vor allen Dingen: Bleib nicht zu lange."
Er klang besorgter, als ich ihn seit langer Zeit gehört hatte. Später fragte ich mich, ob er wohl in diesem Augenblick schon geahnt haben mochte, was uns bevorstand. „Mach dir keine Sorge", antwortete ich. „Ich pass' auf mich auf. Schließlich ist es ja für eine erfahrene Netzgängerin wie mich nur ein Spaziergang." Ich hörte ihn lachen, als ich hinaus auf den Gang trat.
Es fällt leicht, als Routine zu betrachten, was einem schon fünf- oder sechsmal gelungen ist. Diesmal machte ich mir nicht einmal die Mühe, mich in den hintersten Winkel des Gartens zu verziehen. Ich ging an meinen Lieblingsplatz: einen kleinen Hain, der rings um eine sprudelnde Quelle wuchs.
Die Bäume waren noch jung, keiner älter als fünfzehneinhalb Jahre. Sie waren aus Keimen gezüchtet, die die ZUGVOGEL von der Erde gebracht hatte. Auf dem kleinen Platz rings um die Quelle standen zwei hölzerne Bänke. Das war meine Ersatzeinsamkeit, der Ort, an den ich mich zurückzog, wenn ich aus irgendeinem Grund nicht nach Panahan fliegen konnte oder wollte. Hier auf dieser Lichtung hatte ich oft den Eltern zugehört, wenn sie mir von den Gängern des Netzes, vom Moralischen Kode und von den Ewigen Kriegern erzählten. Hier, inmitten der Bäume seiner Heimat, hatte ich auch Perry davon sprechen hören, welch herrliche Welt Terra sei.
Ich setzte mich auf eine der beiden Bänke und schloss die Augen. Mit knappen Worten teilte ich dem Syntron das Ziel meiner Reise mit. Unmittelbar öffnete sich vor mir die bunte. Pracht des Psiraums. Ich spürte,
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