1310 - Unternehmen Götterschrein
neben mich.
„Du bist gestern erst angekommen, Shad-Anwärterin?" fragte er, während er die Bildschirme auf meiner Seite ansah.
„Ja, Panish", antwortete ich und fragte mich, worauf er hinaus wollte.
Er lächelte plötzlich, dann erklärte er: „Wir beide sind zur Zeit die einzigen Oxtorner in der Tschomolungma. Da sollten wir zusammenhalten.
Nicht wahr, Shad-Anwärterin Tinta Raegh?"
„Ja, Panish", erwiderte ich.
Da er förmlich geblieben war, hütete ich mich davor, ihn vertraulicher anzureden. Ich hatte Nessa Cludos Ermahnungen nicht vergessen.
„Sehr gut", lobte er mich, dann zog er eine Plastikhülle aus einer Außentasche seines Shants, öffnete sie und nahm zwei gelblich schimmernde Folien heraus.
„Weißt du, was ich hier habe?" fragte er mich.
„Nein, Panish", log ich.
Selbstverständlich kannte ich diese Folien, die nach nichts aussahen, in Wirklichkeit aber wahre Wunderwerke der Genotronik darstellten, jener Kombinationsdisziplin, die Biogenetik und Biopositronik vereinte. Die Folien waren sogenannte Penetrations-Wafer, semibiologische Vielschichten-Aggregate, die erst dann aktiv wurden, wenn sie Anschluß an einen positronisch gesteuerten Energiekreislauf fanden - was schon gegeben war, sobald sie auf die Helmschiene eines Shants oder SERUNS aufgelegt wurden. Dann konnten sie Objekte sichtbar machen, die sonst dem Auge und allen Ortungsimpulsen verborgen blieben, weil sie hinter einem Anti-Ortik-Schirm lagen, das heißt, hinter einem Schirm, der zugleich vor Ortung und vor optischer Beobachtung schützte.
„Dann wird es Zeit, daß du die Pi-Wis kennen lernst", meinte Teilier und drückte mir eine Folie in die Hand.
Ich griff zu, spielte dann aber die Ratlose, denn ich vermutete, daß ich einem Test mit vielen Fallen unterzogen wurde. Penetrations-Wafer waren Geheimentwicklungen aus den GOI-Labors. Eigentlich durften die Ewigen Krieger sie nicht einmal kennen, geschweige denn besitzen. Anscheinend hatten sie sehr tüchtige Spione in unsere Organisation eingeschleust.
Eine Zivilistin konnte also auf gar keinen Fall etwas von diesen Vielschichten-Aggregaten wissen und natürlich auch nicht, daß sie von Gois - und, wie ich eben festgestellt" hatte, auch von unseren Gegnern - abgekürzt PiWis genannt wurden.
„Vorsicht, nicht knicken!" warnte Teilier.
Schon wieder eine Falle! PiWis ließen sich nicht knicken!
„Was soll ich damit?" erkundigte ich mich hilflos und ohne jeden Skrupel, denn wenn jemand mich hereinlegen wollte, dann kannte ich auch keine Hemmungen mehr. „Ist das eine Art Gelatine?"
Ich lachte innerlich über sein verblüfftes Gesicht, denn es war wirklich eine Art Gelatine, wenn auch viel komplizierter aufgebaut und eben mit ganz anderer Wirkung. Indem ich dieses Wort gebrauchte, hoffte ich, Teilier von meiner „Unschuld" überzeugen zu können, denn da er logisch dachte, mußte er sich sagen, daß ich niemals von Gelatine gesprochen hätte, falls ich eine GOI-Agentin wäre (denn daraufhin hatte er mich bestimmt prüfen wollen).
Plötzlich verzog er das Gesicht zu einem breiten Lächeln.
Prüfung bestanden!
„Paß auf, ich zeige dir, wie du damit umgehen mußt!" sagte er, ließ den im Kragenwulst zusammengerollten Druckhelm sich entfalten und schloß ihn.
Danach legte er seinen PiWi auf die Vorderseite seines Kugelhelms und strich ihn sanft glatt. Mit einer Handbewegung bedeutete er mir, es ihm nachzutun.
Ich stellte mich noch ein bißchen ungeschickt an, aber nicht allzu sehr. Als die Folie fest auf meinem Helm auflag und die Kontrollen des Shants mir verrieten, daß sie sich an den positronisch gesteuerten Energiekreislauf der Kombination angeschlossen hatte, fragte ich mich, was jetzt kommen würde. Mir fiel plötzlich ein, daß wir um den, Makalu herumflogen und daß sich irgendwo an seiner Südflanke der SOTHOM befinden mußte, über den die GOI so gut wie keine Informationen besaß.
Vielleicht deshalb, weil er hinter einem Anti-Ortik-Schirm verborgen war?
Wollte Teilier de Roque mit Hilfe der Folie den SOTHOM für mich sichtbar machen?
„Ich sehe, du weißt nicht, was du von der ganzen Sache halten sollst", erklärte er. „Wie gesagt, Oxtorner müssen zusammenhalten. Ich zeige dir jetzt etwas, das sonst nur Panisha sehen dürfen. Du darfst allerdings zu niemandem darüber reden."
„Selbstverständlich nicht", versicherte ich.
Allerdings fragte ich mich, warum er plötzlich so vertrauensselig war. Doch dann fiel mir ein, daß ich ja schon am Tage
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