144 - Mr. Silvers böses Ich
Glauben Sie wirklich nicht, daß er uns hier findet?«
»Er kennt dieses Versteck nicht.«
»Hat er denn keine Möglichkeit, unsere Spur zu finden. Wenn er sich den Piloten vornimmt, oder Mr. Peckinpah…«
»Loxagon weiß ja nicht, daß Tucker Peckinpah ein Versteck für uns aufgetrieben hat«, sagte Mr. Silver. »Wie sollte er da auf die Spur des Piloten kommen? Sie können wirklich ganz beruhigt sein, Virginia. In diesem Versteck sind Sie so sicher wie in Abrahams Schoß.«
Die Frau seufzte. »Ich wollte, ich wäre davon nur halb so überzeugt wie Sie.«
***
»Ha-a-a-n-k!« schrie Ida Orbison.
Bruce O’Hara stürzte sich auf den durchgedrehten Mann und stieß den Flintenlauf nach oben. Die Waffe wummerte, und das Schrot prasselte gegen die Decke.
Putz rieselte auf uns alle herab. Bruce kämpfte mit dem bedauernswerten Vater um die Schrotflinte.
»Ich bring’ Sie um, Ballard!« brüllte der Mann. »Ich erschieße Sie wie einen tollwütigen Hund! Auge um Auge, Zahn um Zahn! Sie haben meinen Jungen umgebracht!«
Bruce O’Hara schlug mit der Faust zu. Hank Orbison trennte sich trotzdem nicht von seiner Waffe.
»Ich mach’ Sie kalt, Ballard!« brüllte Hank Orbison.
Ein weiterer Faustschlag traf den Mann, und diesmal mußte er die Waffe loslassen. Bruce knickte den Lauf und nahm die Munition heraus. Dann lehnte er die Schrotflinte neben sich an die Wand.
»Gebt mir meinen Jungen wieder!« brüllte der Kaufmann verzweifelt.
»Warum? Warum habt ihr mir meinen einzigen Sohn genommen?«
»Bitte beruhigen Sie sich, Mr. Orbison«, sagte Bruce O’Hara und streckte die Hand nach dem Mann aus.
Hank Orbison zuckte zurück. »Nicht anfassen. Sie sind nicht besser als Ballard! Mörder seid ihr, alle beide!«
»Mr. Orbison«, sagte Bruce eindringlich. »Alan war schon verloren, bevor ihn die geweihte Silberkugel traf.«
»Das ist nicht wahr!« schrie der Kaufmann.
»Ihr Sohn war ein Werwolf, ein Ungeheuer. Er hat grausam gemordet.«
»Lügen!« brüllte Hank Orbison. »Alles Lügen. Er hat meiner Frau und mir kein Leid zugefügt.«
»Irgendwann wäre er auch über Sie beide hergefallen.«
»Wir waren seine Eltern.«
»Darauf hätte Alan keine Rücksicht genommen. Sein Mordtrieb war stärker als die familiären Bande.«
»Sie durften ihn nicht töten. Sie hatten nicht das Recht dazu.«
»Es war sogar unsere Pflicht«, schaltete ich mich ernst ein. »Nur so war zu verhindern, daß er weitere Morde verübte. Es tut mir leid, Mr. Orbison, aber das ist die bittere Wahrheit.«
Seine Frau sank gegen ihn, er schlang die Arme um sie, und dann weinten sie beide. Ich hatte auf einmal einen verdammt dicken Kloß im Hals.
»Mr. Orbison, Mrs. Orbison…« begann ich dumpf.
»Gehen Sie!« ächzte der Mann. »Bitte gehen Sie! Lassen Sie uns allein!«
»Komm, Bruce«, sagte ich. Und zu dem unglücklichen Ehepaar: »Es tut mir aufrichtig leid.«
***
Ross Wyman hatte sein Haus buchstäblich aus dem Boden gestampft. Da, wo vor ein paar Monaten weit und breit noch nichts zu sehen gewesen war - nur Natur -, stand jetzt ein Haus der Superlative, groß und protzig, ein Palast, unübersehbar.
Wenn man nach Harkerville wollte, kam man daran Vorbei. Das Land ringsherum blieb im Urzustand, weil Ross Wyman das so wollte. Es gab einen Innen- und einen Außenpool, unzählige Zimmer, einen Fitneßraum, einen Billard-, Tischtennis- und einen Squashraum.
Das Wohnzimmer hatte die Größe einer Bahnhofshalle, den Möbeln sah man an, daß sie teuer gewesen waren. Die allererste Designer-Garnitur war hierbei am Werk gewesen, hatte Leder, Samt und Seide verwendet, und überall blinkte und blitzte Nickel und Messing.
Wyman besaß eine Supermarktkette, die nicht soviel Gewinn erzielt hätte, wenn er sich nicht ständig darum gekümmert hätte. Ross, der Neureiche, ruhte sich nicht auf seinen Lorbeeren aus.
Er war sehr viel auf Reisen, verließ sich nicht auf seine Geschäftsführer, sah überall auch selbst nach dem Rechten. Seine Angestellten konnten nie sicher sein, daß er nicht in der nächsten Minute zur Tür hereingeschneit kam.
Wenn er gestern dagewesen war, konnten sie sich nicht darauf verlassen, daß er heute nicht wiederkam. Mit diesem Unsicherheitsroulette zwang Ross Wyman seine Leute, stets so zu arbeiten, als würde er ihnen permanent über die Schulter gucken.
Daran war seine Ehe zerbrochen. Seine Frau wurde damit nicht fertig, daß sie sich zwar alles kaufen konnte, aber ihren Ehemann selten zu Gesicht bekam.
Er
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