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1455 - Kundschafter für Halut

Titel: 1455 - Kundschafter für Halut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Spur des Nichtessers. „Tötet ihn!" stieß Rachch hervor, ein Hominide vom Ertrus-Typ mit Federschopf, Vogelschnabel und Krallenfüßen.
    Er hielt ein drei Meter langes Brecheisen mit spitzem Ende in den Händen und deutete mit ihm eine zustoßende Bewegung an. „Er scheint wehrlos zu sein", wandte Wouq mit seiner Flüsterstimme ein, ein spinnenbeiniger Hominide mit Katzengesicht, der die Psifähigkeit der Materiewandlung besaß, wenn auch nur in stark begrenztem Umfang. „Um so besser!" grollte Rachch und ging einen Schritt weiter auf den Metamorphen zu. „Wenn er sich wehren könnte, würde ich mich längst verflüchtigt haben."
    Von der Mörderbestie kamen raschelnde und glucksende Geräusche. Rachch ließ sein Brecheisen fallen und verschwand.
    Das hieß, er verschwand nicht wirklich, nur löste sich sein Körper in eine blasse Wolke von Atomen auf, die sich so weit voneinander entfernten, daß der Biont faktisch unsichtbar wurde. „Feigling!" kommentierte Wouq das Verhalten des Autodesintegrators. „Sei still!" wies Anubi ihn zurecht. „Weißt du denn, was er als Verfemter und Gejagter auf Planeten mit dichter Population alles durchlitten hat!"
    Wouq schien zusammenzuschrumpfen.
    Anscheinend erinnerte er sich an die Verfolgungen und Folterungen, denen er ausgesetzt gewesen war, bevor er von den Droiden in die Hölle verbannt worden war, wie die Bionten ihren Lebensraum unter der Oberfläche eines toten Planeten manchmal nannten.
    Auch Anubi hatte solche Erinnerungen an Schrecken und Qualen, die traumatisierend auf ihre Psyche eingewirkt hatten. Diese Erinnerungen waren allerdings getrübt, als lägen sie hinter einem Nebelvorhang verborgen. Im Schlaf und in Wachträumen schienen sie daraus hervorzukommen und wirkten dann so grauenvoll, als erlebte sie sie zum zweitenmal in der Realität. Manchmal allerdings zweifelte sie daran, daß das die echten Erinnerungen waren, und hielt sie für Phantasieprodukte ihrer verstümmelten Psyche.
    Zitternd lehnte Anubi sich an die Felswand. Sie kämpfte gegen ihre traumatischen Erinnerungen an und versuchte sie zu verdrängen. Irgendwann mußte sie es schaffen, das alles zu vergessen. Nur dann würde sie die Gnade würdigen können, in der Hölle leben zu dürfen, in der kein Biont einem anderen das Leben zur Hölle machte - abgesehen von den Mörderbestien, die aber im Grunde so unschuldig waren wie neugeborene Kinder, denn sie wurden nur von ihren Instinkten regiert und besaßen keinen freien Willen. „Es ist gut", flüsterte Wouq tröstend und strich mit den Fingern zart über ihr Gesicht. „Du mußte vergessen."
    Anubi seufzte tief.
    Soeben hatte sie überlegt, wie sie auf den Vergleich mit „neugeborenen Kindern" gekommen war. Sie konnte sich nicht daran erinnern, jemals ein neugeborenes Kind gesehen zu haben. Lediglich aus mehr oder weniger verworrenen Erzählungen anderer Bionten wußte sie, daß es Welten gab, auf denen Kinder von Müttern geboren wurden und nicht als Endprodukte eines gentechnisches Prozesses aus einem Komplex von Apparaturen kamen.
    Aber wußte sie das mit den Kindern biologischer Mütter tatsächlich oder bildete sie es sich nur ein? Es war furchtbar, keine Gewißheit darüber erhalten zu können. In der Hölle selbst hatte es niemals Kinder gegeben, die von Müttern geboren wurden. Die genetischen Unterschiede zwischen allen Bionten waren unüberwindliche Barrieren für die biologische Fortpflanzung. Alle Gen-Krüppel der Hölle waren unfruchtbar untereinander.
    Die Quita, wie die Imagines hießen, waren genau genommen keine Ausnahme, denn sie reproduzierten sich durch Parthogenese, einer Form der eingeschlechtigen Fortpflanzung.
    Immerhin aber waren sie dadurch, soweit es Anubi bekannt war, die einzigen Bionten in der Hölle, die sich überhaupt vermehren konnten.
    Die Späherin wurde aus diesen Überlegungen durch ein herzzerreißendes Wimmern geholt.
    Als sie sich umsah, bemerkte sie, daß Rachch in seinen Normalzustand zurückgekehrt war. Ansprechbar war er deswegen noch nicht wieder, denn er wiegte unablässig seinen Vogelkopf hin und her - und aus seinem weit geöffneten riesigen Schnabel klang das Wimmern.
    Es war, als hätte er in seinem desintegrierten Zustand etwas Entsetzliches erlebt.
    Wouq schien von ihm angesteckt zu werden, denn er sank plötzlich zu Boden und bedeckte sein katzenhaftes Gesicht mit allen vier Händen. „Nimm dich zusammen!" rief Anubi ihm zu und versuchte, ihm die Hände vom Gesicht zu ziehen. „Da

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