Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Mein Vater erzählt - Gutkin, P: Stell Dir vor Du bist Kind - und es ist Krieg Me
Mit dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen beginnt am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg.
Zu diesem Zeitpunkt war ich ein unbeschwertes achtjähriges Kind, das zweite von später insgesamt sechs Geschwistern.
Zum Ende des Schuljahres wurde mir ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt, das ich stolz meinen Eltern präsentierte.
Die Versetzung in die höhere Klasse brachte einen Schulwechsel mit sich. Wurde ich im April 1938 in die Schule an der Sonnenstraße eingeschult, so besuchte ich von nun an die Schule an der Helmholtzstraße.
Als ich an einem heißen Spätsommertag nach Hause kam, traf ich meine Onkel Lambert und Willi zu Hause an.
Mein Zuhause, war in Düsseldorf, im Stadtteil Oberbilk. Einem Arbeiterviertel, in dem die stahlverarbeitende Industrie, und somit auch die Rüstungsindustrie, angesiedelt waren. Mit meinen Eltern, und meinen Geschwistern, bewohnte ich eine Dreizimmer-Parterrewohnung eines Mietshauses, auf der Dreieckstraße elf, nicht weit vom Hauptbahnhof entfernt.
Meine Mutter war ebenfalls in einer kinderreichen Familie aufgewachsen. Sie hatte sechs Brüder und eine Schwester. Die beiden Brüder meiner Mutter, die ich nun zu Hause antraf, waren die jüngsten. Sie wollten sich verabschieden. Sie waren dem Reichsarbeitsdienst verpflichtet und mussten von nun an in einer weit entfernten Kaserne Hilfsarbeiten leisten, in der sie auch wohnen und verpflegt würden.
Seit 1935 musste jeder junge Mann zwischen achtzehn und vierundzwanzig Jahren eine sechsmonatige Arbeitspflicht im Rahmen des sogenannten Reichsarbeitsdienstes leisten.
Während des Krieges mussten Jugendliche sogar ab dem sechzehnten Lebensjahr, und länger als sechs Monate, den Reichsarbeitsdienst leisten. Die jungen Männer wurden gegen Ende des Krieges auch als Flaksoldaten eingesetzt. Also als Soldaten, die eine Fliegerabwehrkanone gegen angreifende Flugzeuge abfeuern mussten.
Ins Leben gerufen wurde der Reichsarbeitsdienst von der NSDAP, der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, deren Parteivorsitzender von 1921 bis 1945 Adolf Hitler war. Eine politische Bewegung, die unter anderem gegen die jüdische Religion, gegen die Demokratie und gegen den Kommunismus war. Die Nationalsozialisten wurden kurz „Nazis“ genannt.
Volksempfänger
Einige Tage später verabschiedeten sich meine Onkel Franz, August, Theo und Karl, alles Brüder meiner Mutter, ebenfalls von uns. Auf meine Frage, wo sie denn hingingen antworteten sie mir, dass sie als Soldaten in den Krieg ziehen müssten.
Ich sollte meinen Onkel Theo und Karl nie mehr wiedersehen, ebenso noch zwei weitere Brüder meiner Mutter.
Ich hatte im sogenannten Volksempfänger, einem Radiogerät, manchmal die Sondernachrichten gehört, auf die zuvor mit einer bestimmten Melodie aufmerksam gemacht wurde.
Einen Volksempfänger hatte fast jeder zu Hause. Damit wurden Unterhaltungsmusik und politische Reden übertragen.
Er wurde Anfang der dreißiger Jahre zu Werbezwecken für die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, also der NSDAP, in großer Stückzahl serienmäßig hergestellt und billig verkauft. Somitsollte jede Familie von den Zielen der Partei überzeugt werden. Wir besaßen ein batteriebetriebenes Gerät.
© Bundesarchiv - Plakat 003-022-025 - Grafiker Leonid
Später gab es eine Verordnung, die bei Androhung von härtesten Strafen, bis hin zur Todesstrafe, das Hören von anderen Sendern, also von Feindsendern, verbot.
Berichte über Erfolge, die die deutschen Soldaten errungen haben, waren glaubwürdig. Bis Mai 1940 war keine einzige Bombe auf Düsseldorf gefallen.
Ab 1940 wurde auch im Kino in der Deutschen Wochenschau, die vor jedem Hauptfilm gezeigt wurde, über die Eroberungen der deutschen Soldaten berichtet. Als Kinder fanden wir es toll, dass die Soldaten so mächtig dargestellt wurden und dass sie so siegreich für uns alle kämpften.
Genau das beabsichtigte die NSDAP.
Mein Vater wurde nicht eingezogen, weil er bei Kämpfen im ersten Weltkrieg schwer verwundet wurde und noch immer unter den Folgen litt.
Mein Onkel Peter, der Kommunist
Mein Onkel Peter musste ebenfalls weg. Doch nicht als Soldat an die Front, sondern wegen seiner kommunistischen Einstellung als Politischer Gegner in ein KZ. KZ ist die Abkürzung für Konzentrationslager, einer Art Gefangenenlager, in dem nicht erwünschte Volksgruppen, sowie auch politische Gegner, gefangen gehalten und misshandelt wurden.
Mein Onkel Peter gehörte zu den wenigen Leuten, die der
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